Happy End in Lindholm: Mittsommerträume (German Edition)
bekommen.”
“Ich muss zu ihr”, sagte Gunnar entschlossen und wollte aufstehen.
Irma hielt ihn zurück. “Sag mir: Was empfindest du für Louisa?”
Er zögerte. “Ich weiß es nicht genau. Ich kann nur sagen, dass ich mich in ihrer Nähe so wohlfühle wie schon lange nicht mehr.”
Die ältere Schwedin nickte. Auch das hatte sie sich bereits gedacht. Und zu ihrem eigenen Erstaunen war ihr der Gedanke, dass Gunnar sich in eine andere Frau als Sonja verliebt haben könnte, gar nicht so fremd. Er war Mitte dreißig und damit viel zu jung, den Rest seines Lebens allein zu verbringen. Und außerdem war sie sicher, dass ihre Tochter mit seiner Wahl mehr als einverstanden gewesen wäre.
“Wenn dir etwas an Louisa liegt, dann solltest du dich besser beeilen. Ich habe vorhin mit ihr gesprochen, und es klang ganz so, als habe sie vor, für längere Zeit zu verreisen.”
“Verreisen? Aber …” Gunnar sprang auf. “Ich muss jetzt gehen. Aber …” Er hielt inne. “Was ist mit Ann-Sofie?”
Irma lächelte. “Keine Sorge! Lennart und ich kümmern uns gern um sie.”
Gunnar nickte dankbar und machte sich auf den Weg.
Mit einem Seufzer lehnte Irma sich zurück. Sie wusste, dass es in seiner Ehe mit Sonja immer wieder zu Unstimmigkeiten gekommen war, dennoch hielt sie ihn für einen guten Mann, der stets versuchte, das Richtige zu tun. Sie wünschte ihm von Herzen, dass er sein Glück fand – schon allein für Ann-Sofie. Denn das Mädchen hatte es verdient, eine glückliche Kindheit zu verleben.
Gunnar fuhr so schnell, wie es die schlechten Straßenverhältnisse zuließen. Immer wieder ging ein heftiger Ruck durch die tief liegende Karosserie seines Leihwagens, wenn er über ein Schlagloch raste, doch er achtete nicht darauf. Seine Gedanken kreisten einzig und allein um Louisa.
Jetzt, wo er kurz davor stand, sie zu verlieren, wurde ihm eines plötzlich ganz klar: Allein die Vorstellung, sie womöglich niemals wieder zu sehen, raubte ihm fast den Verstand. War es doch so, wie es die leise, aber beharrliche Stimme in seinem Kopf die ganze Zeit über behauptet hatte? Liebte er Louisa? Eine Frau, die das Landleben dem in der Stadt vorzog und zudem mit seiner verstorbenen Frau befreundet gewesen war?
Gunnar trat auf die Bremse, als plötzlich ein Ochsenkarren den schmalen Weg kreuzte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten, bis der Bauer mit dem Wagen die Straße passiert hatte.
Unruhig rutschte er auf seinem Sitz hin und her, und als er endlich weiterfahren konnte, gab er mit quietschenden Reifen Gas.
Dann endlich tauchten die Umrisse von Louisas Haus am Horizont auf, und schon von Weitem sah er, dass ihr Wagen nicht neben dem Wohngebäude stand. “Sei noch nicht fort”, murmelte er beschwörend. “Sei bitte noch nicht fort.”
Er parkte den BMW vor der Praxis und stieg aus. Die Fahrertür ließ er achtlos offen stehen. Es stand kaum zu befürchten, dass hier draußen Autodiebe ihr Unwesen trieben, und selbst dieses Risiko wäre er im Augenblick eingegangen, um Louisa an der Abreise zu hindern.
Als er das “Vorübergehend geschlossen"-Schild an der Praxistür entdeckte, wusste er, dass er zu spät gekommen war.
Dennoch eilte er, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Verandatreppe zu ihrem Wohnhaus hinauf und klopfte an. Vielleicht war sie ja doch noch nicht abgereist …
Atemlos lauschte er auf Geräusche aus dem Inneren des Hauses, doch da war nichts, kein einziger Laut, und es öffnete auch niemand die Tür.
“Louisa? Bist du zu Hause? Bitte mach auf, ich muss mit dir reden!”
Die Erkenntnis traf Gunnar wie ein Schlag in die Magengrube. Mit schleppenden Schritten kehrte er zu seinem Wagen zurück und setzte sich hinters Steuer. Minutenlang blieb er so sitzen, ehe er den Motor startete und dann langsam in Richtung Lindholm Gård zurückfuhr.
Vor dem Haus seiner Schwiegereltern wartete ein Taxi mit laufendem Motor, und als er seinen Wagen abstellte, trat gerade Britt mit gepackten Koffern auf die Veranda hinaus. So wütend Gunnar auch auf sie war, er konnte nicht einfach zusehen, wie sie sich mit dem schweren Gepäck abmühte. Aber als er Anstalten machte, ihr zu helfen, wehrte seine ehemalige Sekretärin ihn ärgerlich ab.
“Lass das! Und merk dir eines: Ich komme auch ohne dich zurecht. Ob es sich umgekehrt ebenso verhält, wird sich noch zeigen.”
Gunnar lächelte kühl. “Leb wohl, Britt. Vielleicht begreifst du eines Tages, dass der Zweck nicht immer die Mittel heiligt. Trotz
Weitere Kostenlose Bücher