Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
ein Jahr hin, aber es gab unendlich viel zu tun.
Eines Tages klingelte das Telefon. Es war ein Anruf aus Rom. Das Büro von Helmut Berger – ja genau, diesem Helmut Berger! Filme wie Das Bildnis des Dorian Gray und Ludwig II . machten ihn weltberühmt. Er galt lange als der »schönste«Mann der Welt. Herr Berger würde gerne Herrn Glööckler persönlich kennenlernen, ließ die Dame am anderen Ende vernehmen. Es wäre ihm eine Freude, Herrn Glööckler in Stuttgart zu besuchen. Ich bedankte mich artig, tat meine Freude kund und fragte, wann er seinen Besuch bei mir angedacht hätte. Die Dame sagte, Helmut Berger wolle noch heute am selben Tag mit der Nachmittagsmaschine aus Rom einfliegen. Das überraschte mich – und auch wieder nicht. Der Mann hatte einen Ruf wie ein Donnerhall. Ich sagte zu. Um sechzehn Uhr klingelte es und Helmut Berger und Gefolge standen vor meiner Tür. Er sah mich an, verzog seine Mundwinkel zu diesem schelmisch-sarkastischen Grinsen und sagte: »Ich sage es dir gleich, in neun Monaten bist du schwanger.« Wir lachten.
Das Eis war gebrochen. Es war ein wunderbarer Nachmittag. Helmut Berger war begeistert von mir, meiner Kreativität und vor allem von meinen Roben. Er probierte stundenlang an und kaufte mehrere Outfits. Später modelte er in einer meiner Fashion Shows an der Seite von Amanda Lear, Dunja Raiter und Birgit Schrowange.
Ein Tag nach dieser schönen Überraschung stand schon wieder Besuch vor der Tür – diesmal leider ungebetener.
Herr X kam mit zwei Männern unangemeldet in den Showroom. Sie waren mir sofort unsympathisch. Ich konnte nicht erklären warum, aber da war ein Alarmsignal in mir und auf mein Gefühl konnte ich mich immer schon verlassen.
Herr X stellte die Herren als seine neuen Berater vor. Sie seien ganz groß im Modebusiness und würden nun die Firma unter die Lupe nehmen. Ab sofort würden sie das Kommando übernehmen.
Ich war baff – aber nur für einen Moment. Ich versuchte es erst auf die höfliche Art und sagte, dass dies nicht der Moment sei für solch ein Gespräch und wir doch bitte einen Termin vereinbaren sollten. Daraufhin wurde einer der Herren frech und meinte, ich hätte gar nichts zu sagen. Es war offensichtlich: Unser atypisch stiller Teilhaber war durch seine neuen Berater auf neuen Kurs gebracht worden.
Herr X wurde nun auch laut und begann mich zu beschimpfen, woraufhin ich alle höflichst bat, den Showroom unverzüglich zu verlassen. Dies geschah dann unter lauten Beschimpfungen seitens Herrn X und der Berater. Herr X meinte, das letzte Wort sei nicht gesprochen. Ich würde schon noch sehen, was ich davon hätte.
POMPÖÖS GOES EAST
I m Oktober 1997 war es dann endlich so weit: Wir flogen mit einem Team von über fünfundzwanzig Leuten nach Hongkong – mit zwanzig Models und einer Choreographin. Unser Grüppchen hatte so viele Gepäck-Container dabei, als wären wir mit einem mittelgroßen Zirkus unterwegs. Und ein bisschen stimmte das ja auch.
Die erste und repräsentativste Show fand auf einer großen Gala im wunderschönen Hotel Grand Hyatt statt. Im schönsten Ballsaal Hongkongs präsentierten unsere Models zwischen marmornen Säulen meine Kreationen vor der internationalen Presse und der versammelten Prominenz der Stadt. Am Catwalk saßen chinesische Minister und Mitglieder der scheidenden britischen Administration. Überhaupt hatte sich die ganze High Society von Hongkong eingefunden: reiche Damen und Herren mit Frack und Fliege, die aussahen wie auf einem Gemälde aus der Kolonialzeit.
Neben barocken Kreationen, wie einem Rokoko-Kleid von vier Metern Durchmesser, zeigte ich auch Ausgeflipptes: etwa meine ganz eigene pompööse Interpretation von Dirndl und Lederhosen. Ich schickte männliche Models in indisch inspirierten Anzügen auf den Laufsteg. Dazu trugen sie Mitren und Tiaren – den Papstkopfschmuck, eine kleine Persiflage auf die katholische Kirche. Ich hatte barocke Kleider aus chinesischer Seide im Programm, in denen die Mädchen mit wagenradgroßen Hüten liefen. Dabei hatte ich bei allen Kleidungsstücken darauf geachtet, nicht zu kurz, zu tief ausgeschnitten oder allzu sexy zu werden – das wäre hier in Hongkong ein Fauxpas gewesen.
Der Erfolg war überwältigend, wir wurden mit Standing Ovations gefeiert. Wären wir eine Rockband gewesen, hätten wir noch drei Zugaben geben müssen. Mindestens.
Am nächsten Morgen kam allerdings der Chef der Messe ganz aufregt und schwitzend zu uns. »Herr
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