Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
er ist sehr darauf bedacht, seine Identität nicht an die große Glocke zu hängen. Aber mit ihm würde ich euch gern zusammenbringen.«
Natürlich sagten wir zu, uns mit dem mysteriösen Mr. X einmal zusammenzusetzen und uns anzuhören, was genau er vorhatte. Außerdem kam der Vorschlag nicht nur genau zum richtigen Zeitpunkt, sondern auch aus vertrauenswürdiger Quelle – wenn irgendwas nicht in Ordnung wäre, würde Peter das ja sofort merken.
Wir sitzen an einem Konferenztisch in Peters Kanzlei. Unser potenzieller Investor ist ein älterer Herr um Mitte sechzig mit schütterem weißem Haar. Er trägt einen sehr feinen Anzug, darüber einen weißen Schal wie Johannes Heesters – fehlt nur noch der Zylinder. Die kurze Begrüßung ist das Einzige, was wir von ihm zu hören bekommen, danach setzt er sich ans Kopfende des Tisches und sagt kein Wort mehr.
Stattdessen spricht nun der Berater des Investors, ein Herr um die vierzig. Und dieser Kerl nimmt aus heiterem Himmel mich ins Visier: Wie ich es unternehmerisch begründen würde, solche riesigen Modenschauen zu veranstalten? Woher das Geld käme? Ob ich einen vernünftigen Businessplan hätte? Die Fragen prasseln ohne Vorwarnung auf mich ein wie Gewehrsalven. Ich komme mir vor wie im Kreuzverhör. Ich finde das unerhört, und statt zu antworten, stehe ich auf und sage:
»Entschuldigung, ich glaube, Sie verwechseln da etwas: Sie suchen eine Firma, in die Sie investieren können – ich dagegen bin nicht auf der Suche nach Almosen. Wenn Sie bei uns einsteigen wollen, müssen Sie erst einmal uns überzeugen, nicht umgekehrt. Sonst kann ich auch gleich wieder gehen. So!«
Das hat gesessen. Ich will schon gehen, da hält mich der Berater zurück.
»Aber Herr Glööckler, bitte setzen Sie sich doch wieder.«
Ich sehe, wie der ältere Herr am Ende des Tisches diskret in sich hineinlächelt.
Es ist ja immer so im Leben: Man muss nur glaubwürdig vermitteln, dass man etwas nicht nötig hat – und schon bekommt man alles, was man will. Es war natürlich nicht so, dass meine Firma mit Finanzspritzen schneller hätte durchstarten können. Doch tief in mir drin war ich immer davon überzeugt, dass wir es auch allein schaffen könnten. Das würde vielleicht ein bisschen länger dauern, aber es würde klappen.
Mein forsches Auftreten hatte aber dem Berater und dem Investor offenbar so sehr imponiert, dass jeder Widerstand gebrochen war. Plötzlich ging alles ganz einfach. Die beiden wurden handzahm und erklärten, wie sehr sie unsere Arbeit bewunderten und alles, was wir in so kurzer Zeit auf die Beine gestellt hätten.
Mithilfe unseres Rechtsanwalts setzten wir einen Vertrag auf. Daraus ging hervor, dass der ältere Herr, dessen Geld aus einem großen Familienvermögen stammte, als »atypisch stiller Teilhaber« in die Firma einstieg.
Ich geriet ins Schwärmen bei dem Gedanken, welche Möglichkeiten sich nun auftaten. Wir erklärten unserem Gönner, dass wir uns mit seiner Hilfe jetzt richtig nach vorn wagen könnten. Noch größere Shows, eine größere Produktion, ein größerer Showroom, mehr Stars, Pompöös weltweit. Als ich so meine Visionen ausmalte, leuchteten die Augen unseres frischgebackenen Mäzens wie die eines kleinen Jungen, und er sah mich bewundernd an. In dem Moment wurde mir klar, dass er auf seine alten Tage einfach noch einmal eine andere Welt kennenlernen wollte. Er wollte am Glamour schnuppern, den Pompöös verkörperte – und vor allem ich mit meiner Extravaganz. Er wollte ein Leben kosten, in dem alles möglich war.
Es war von Anfang an klar, dass so eine Investition ein Risiko war und dass so eine Sache auch nach hinten losgehen konnte – als atypisch stiller Teilhaber ist man sowohl an den Gewinnen als auch an den Verlusten eines Unternehmens beteiligt. Das legte unser Rechtsanwalt haarklein dar. Aber mit alldem erklärte sich unser neuer, atypisch stiller Teilhaber zu hundert Prozent einverstanden.
Unser Mr. X zeigte sich großzügig. Er besaß etwas außerhalb von Stuttgart in einem Industriegebiet ein großes Gebäude, das komplett leer stand. Darin stellte er uns gratis eine ganze Etage mit fast fünfhundert Quadratmetern zur Verfügung. Zu uns sagte er, wir würden ihm noch einen Dienst erweisen, denn er könne die anderen Etagen wesentlich leichter vermieten, wenn schon mal eine belegt sei.
So hatten wir auf einmal einen neuen Showroom – und was für einen. Es tat uns natürlich in der Seele weh, unseren wunderbaren
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