Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
Interesse daran, Sie für eine Modenschau in Hongkong zu buchen. Was soll ich tun? Sie hereinbitten?«
Ich grinse und rufe: »Hongkong Helau! Helau! Helau!«
Alle im Raum kichern. Petzold ist verunsichert. »Ich bin nicht sicher, ob das als Witz gemeint war.« Er verschwindet und kommt nach einer Weile wieder.
»Also, die Dame scheint jetzt sauer zu werden und sagt, sie geht jetzt. Wollen Sie sich nicht wenigstens einmal anhören, was sie zu sagen hat?«
Ich seufze. »In Gottes Namen, dann holen Sie sie herein.«
Eine Minute später steht eine sehr schicke, unkostümierte Dame vor mir und stellt sich als Mitglied der Geschäftsführung der Messe Frankfurt-Hongkong vor. Sie sei verantwortlich für die Interstoff Asia, die größte Stoffmesse im asiatisch-pazifischen Raum. Dann sagt sie: »Herr Glööckler, genauso jemand wie Sie fehlt uns noch zum zehnjährigen Jubiläum der Messe in Hongkong.«
Im tiefsten Herzen bin ich davon überzeugt, dass nahezu unglaubliche Verkettungen von glücklichen Zufällen die Belohnung des Kosmos für jeden sind, der entschlossen eine Vision verfolgt – natürlich nur, wenn er Gutes im Schilde führt. Im Buddhismus spricht man von Dharma – das ist die Berufung und besondere Aufgabe, die jeder Mensch auf der Welt hat und die viele Menschen jedoch sträflich vernachlässigen. Das Dharma steht immer in Übereinstimmung mit den besonderen Talenten jedes Einzelnen und soll dazu genutzt werden, einen Beitrag zu einer besseren und schöneren Welt zu leisten. Mein Beitrag war, alle Frauen zu Prinzessinnen machen zu wollen, und dazu wurde mir nun der Weg geebnet.
Hätte uns nicht die Angst vor unserem geplanten Gesangsauftritt geplagt, wäre ich doch nie im Leben auf die Idee mit der Modenschau auf dem Faschingsball gekommen. Vor Jecken exklusive Haute Couture vorzuführen, wäre mir im wahrsten Sinne wie eine Schnapsidee erschienen. Aber wegen der Konventionalstrafe hatten wir ja keine Wahl. Zum Glück! Was im Leben zunächst wie eine Hürde erscheint, ist oft eine große Chance.
Denn sonst hätte uns dort nie die rein zufällig anwesende Messechefin gesehen. Ihre Begeisterung hatte nicht nur meinen Kreationen, sondern vor allem den sorgfältig ausgesuchten Stoffen gegolten, aus denen ich meine Modelle hatte anfertigen lassen. Sie war schließlich eine Kennerin der Materie.
Wir trafen uns also mit der Dame einige Tage später in Frankfurt, und da wurden sehr schnell Nägel mit Köpfen gemacht. Der Deal war eine ziemlich große Sache: Ich sollte nicht nur eine, sondern sage und schreibe sieben Shows ausrichten. Sämtliche Kosten würden von der Messe übernommen werden. Die Interstoff Asia feierte ausgerechnet im Jahr der Rückgabe der Metropole an China ihr zehnjähriges Jubiläum, und aus diesem Grund wollte man doppelt und dreifach in die Vollen gehen. Niemand wusste so genau, was China mit Hongkong vorhatte. Niemand wusste, wie lange man noch solche Messen veranstalten konnte.
Im Frühjahr 1996 flog ich zum ersten Mal zu einem Schnupperbesuch auf die Messe, im Herbst war ich wieder dort, um mir Stoffe für das große Projekt auszusuchen. Ich lief durch die vielen Hallen, befühlte Hunderte von Stoffen, begeisterte mich für leuchtende Farben und außergewöhnliche Muster. In manche Stoffe waren mit Metallfäden in Handarbeit Motive eingewebt worden, andere waren in mühevoller Kleinarbeit bedruckt. Es gab Stoffe, die traditionell auf kunstvolle Weise geknotet und dann in Farbe getaucht wurden, damit sie beim Entknoten ein bestimmtes Muster aufwiesen.
Die Leute behandelten mich wie einen Fürsten. Es war traumhaft, ich brauchte nur hierhin und dorthin zu zeigen. »Diesen Stoff hätte ich gern und den auch noch. Ach ja – und der da hinten ist auch nicht übel.« Fleißige Helfer folgten mir auf Schritt und Tritt und notierten alle meine Wünsche. Ich fühlte mich wie Alice im Wunderland.
Zurück in Deutschland trafen bei uns im Showroom täglich riesige Pakete mit den wunderbarsten und teuersten Textilien aus aller Welt ein. Ich fühlte mich wie im Paradies! Aus diesem großartigen Fundus durfte ich nun eine brandneue märchenhafte Kollektion entstehen lassen. Ich arbeitete mit Feuereifer, mein Gehirn spuckte nonstop neue Ideen aus. Wo ich ging und stand, kritzelte und zeichnete ich kleine Skizzen und machte mir Notizen. Manchmal sprang ich sogar mitten in der Nacht aus dem Bett, weil ich im Traum einen genialen Einfall gehabt hatte. Zwar war es bis zur Interstoff Asia noch
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