Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
zu dick für meine Mode sein. Der Sender war also gezwungen, sich extra für meine Sendung nach Schneidereien in Europa umzuschauen, die problemlos größere Mengen in vielen Konfektionsgrößen herstellen konnten, und veranstaltete dazu eine Art »Schneider-Casting«. Man ließ Schneider kommen, die alle probeweise meine Schnitte und Entwürfe erhielten und zeigen sollten, wassie daraus machten. Die Wahl fiel schließlich auf eine große Schneiderei in der Türkei.
In die erste Show – oder besser gesagt »Stunde«, wie die Sendeeinheiten beim Teleshopping schlicht heißen – brachte ich ganz unterschiedliche Sachen mit: schwarze Kostüme mit Schößchen und Goldknöpfen. Kostüme im Leopardenlook. Verschiedene Hosen, Jacken und Blusen. Außerdem gab es Pompöös-Shirts mit der aufgedruckten Krone unseres Logos. Das alles stellte ich unter das Motto »Luxus zum kleinen Preis«, genau, wie es mir auf der IFA spontan in den Sinn gekommen war.
Von der ersten Minute an liefen die Leitungen heiß. Nach einer halben Stunde hatten wir schon den üblichen Stundenumsatz weit überschritten und die Erwartungen um ein Vielfaches übertroffen. Noch vor Ende der Sendung waren wir komplett ausverkauft. Bei der zweiten und dritten Show das gleiche Spiel. Ich war auf Anhieb der Verkaufsschlager des Senders, es gab Warteschlangen in den Telefonleitungen und die Leute kamen nicht durch. Probezeit bestanden.
Am erstaunlichsten für mich waren die sehr emotionalen Reaktionen der Zuschauerinnen. In einer Sendung rief eine Kundin an und sagte: »Herr Glööckler, Sie hat der Himmel geschickt. Ich wollte mich umbringen, aber Ihre Sachen haben mir Lebensmut zurückgegeben.« Kaum zu glauben, aber sie meinte das absolut ernst, das hörte man. Eine andere bedankte sich live in der Sendung: »Ich habe drei Größen abgenommen, von 52 auf 48, und zunächst hat das keiner gemerkt. Aber mit Ihrer Mode bekomme ich jetzt ständig Komplimente. Gestern hat mein Chef gesagt, wie wunderbar ich aussehe – und mein Chef ist Udo Jürgens.«
Ich mache mir normalerweise wenig Gedanken über so etwas wie »Konkurrenz« oder »Mitbewerber«. Aber nun ging mir mal wieder auf, dass die meiste Kleidung für große Größen, diees in Deutschland preiswert zu kaufen gab, unglaublich herzlos zusammengeschustert war. Oder es handelte sich um das, was allgemein unter dem Begriff »sportlich« zusammengefasst wurde: weite, konturlose T-Shirts und Blusen zu Bundfaltenhosen oder Röcken, mit denen man Fallschirm springen konnte. So was war zwar bestimmt bequem – aber das war es dann auch. Extravaganz und Eleganz konnte man lange suchen. Wenn man nicht das Geld hatte, sich etwas schneidern zu lassen, oder selber etwas entwerfen und nähen konnte, war man dem traurigen Angebot hilflos ausgeliefert. Da ging es dann immer darum, »Pölsterchen« zu »kaschieren« – als seien Rundungen etwas Schlimmes, das man um jeden Preis verstecken muss. Dabei konnte man doch Weiblichkeit und Kurven nutzen und sie selbstbewusst präsentieren.
Es war ein bisschen so, als säßen in den vielen deutschen Wohnzimmern lauter Aschenputtel, und nachdem sie meine Mode bestellt hatten, verwandelten sie sich plötzlich in strahlende Prinzessinnen. Bisher hatte ich nur die Frauen verwandelt, die sich meine Couture leisten konnten. Aber jetzt war auf einmal mein Traum wahr geworden: Ich machte tatsächlich alle zu Prinzessinnen. Nach dem Motto »if you look good, you feel good«.
HAREMSDAMEN, OPULENTE DÜFTE – UND INTRIGEN
I m Spätsommer 2004 sollte in Berlin »Die lange Nacht der Museen« stattfinden. Professor Siebenhaar vom Jüdischen Museums in Berlin hatte mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, im Platanenwald im Garten hinter dem Museum eine Open-Air-Show auszurichten. Das übergreifende Motto für alle Museen lautete »Landschaft, Parks und Gärten«, und darum war man auf die Idee mit dem Garten gekommen. Das Thema wollte man mir überlassen.
Also war ich zum Museum gefahren und hatte mir die Gebäude einmal genauer angesehen. Der Altbau sah aus wie ein kleines Schlösschen, und der ultramoderne Neubau von Daniel Libeskind daneben wirkte wie ein Raumschiff. Eine spannende Kombination.
Ich liebte diesen Ort auf Anhieb. Das Museum ist für mich kein Museum im gewöhnlichen Sinn – dazu ist es zu lebendig. Es ist für mich Mahnmal und Begegnungstätte zugleich. Was ich dort gesehen habe, hat mich sehr bewegt. Es gibt im Museum ein wunderbares Café, in das wir
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