Harald Glööckler - Glööckler, H: Harald Glööckler
russische Botschaft hätte mit Sicherheit auch selber so etwas auf die Beine gestellt – aber sicher war sicher: Zu Pompöös gehörte Champagner nun mal wie die zwei »ö«.
Nach dem Empfang strömten alle achthundert Gäste in den prunkvollen Ballsaal mit seinen Kronleuchtern, in dem ausnahmsweise kein Laufsteg aufgebaut war. Stattdessen war vor dem Zugang zum Treppenhaus ein einige Meter breiter Korridor mit Kordeln abgesperrt. Die Beleuchtung wurde gedimmt, die Leute drängten sich an die Absperrung und reckten die Hälse, um den Film zu sehen, der oberhalb der Tür zum Treppenhaus projiziert wurde. Im Ausschnitt war der baugleiche Ballsaal des Winterpalasts zu sehen, so entstand ein tollerRaum-im-Raum-Effekt. Die letzte Szene zeigte Katharina die Große als alte Frau, wie sie die Flügeltüren zum Treppenhaus im Winterpalast schließt …
Das Licht geht an, und das Flügelportal zum Treppenhaus springt auf. Musik ertönt, und die junge Katharina die Große schreitet in den Saal – strahlend schön in einer roten prunkvollen Abendrobe mit tiefem Dekolletee und funkelndem Geschmeide. Der stolzen Zarin auf dem Fuße folgt ihr Hofstaat.
Was für ein Knalleffekt! Neben Models hatte ich wieder Prominente mitlaufen lassen. Maja Prinzessin von Hohenzollern machte ihre Rolle als russische Edelfrau sichtlichen Spaß, und auch die anderen Models genossen ihren Job, darunter Gracia Baur und Sängerin Nathalie Kollo, die Tochter von Opernstar René Kollo. Die überraschten Gäste applaudierten spontan.
Für die spezielle Zeitreise hatte ich besonders prunkvolle und vom Zarenhof inspirierte Roben mit großzügigen Ausschnitten entworfen, vorwiegend in Rottönen und in edlen Cremefarben. Dazu trugen die Damen komplizierte Frisuren mit vielen Korkenzieherlöckchen und Schleifen, das Make-up hatte Starvisagist René Koch nach meinen Zeichnungen umgesetzt. Ausnahmsweise stammte der Schmuck nicht von Pompöös, sondern es handelte sich um Leihgaben, die das renommierte Juwelierhaus Brahmfeld & Gutruf besorgt hatte. Echte Smaragde, Rubine, Diamanten und Brillanten, insgesamt im Wert von mehreren Millionen Euro – ein Juwelendieb hätte sich im Paradies gewähnt, und auch ich selbst geriet ins Schwärmen. Wenn es glitzert, bin ich glücklich! Das war nicht Luxus für den kleinen, sondern für den ganz großen Preis.
In den anschließenden Interviews wurde der russische Botschafter von einer Journalistin etwas spitzfindig gefragt, warum er denn keinen russischen Designer beauftragt hatte, sondern mich. Es gebe, so fragte die Dame, doch sicher auch gute russische Designer. Doch Krylow antwortete: »Der Abend sollte ein Zeichen setzen für das Zusammenwachsen der Nationen. Außerdem haben wir in Russland leider keinen Modeschöpfer, der so opulent ist.«
Nur einen Monat später war ich eingeladen, in der Berliner Filiale der Galeries Lafayette eine Schau zu machen. Gastgeber waren Lafayette-Boss Thierry Prévost und Frankreichs Botschafter Claude Martin. Außer mir waren fast nur französische Designer vertreten, die den aktuellen »Pariser Chic« vorführen sollten. Bereits geraume Zeit zuvor war ich einer Einladung der Galeries Lafayette nach Paris gefolgt. Man wurde dort auf mich aufmerksam und fand meinen Stil sensationell »pompöös« .
Ich fühlte mich in meinem Element und präsentierte eine Kollektion, wie sie auch ins Schloss Versailles gepasst hätte: sehr verführerisch mit großen Dekolletees, engen Korsagen, weiten Röcken – als Kontrapunkt verpasste ich einigen Models kurze Hosen. Das Ganze nannte ich dann Vive la maîtresse . Den Namen hatte ich spontan gewählt, aber als ich jetzt meine Models in ihren Kleidern über den Laufsteg flanieren sah, fühlte es sich fast an, als sei der Traum vom Ball im Versailler Schloss, den ich als Junge immer wieder gehabt hatte, plötzlich Wirklichkeit geworden. Übertroffen werden konnte das wohl nur noch dadurch, dass ich eines Tages tatsächlich dort eine Show machte.
Doch erst mal blieb ich in Berlin. Zu Beginn des nächsten Jahres wurde ich für eine Show zur Eröffnung des Fünf-Sterne-Hauses Ritz-Carlton am Potsdamer Platz gebucht. Mit der Fertigstellung des Gebäudes gehörte auch die ewige Baustelle dort offiziell der Vergangenheit an: Das Ritz-Carlton war das letzte Gebäude am Potsdamer Platz, das fertig wurde. Hoteldirektor Junger hatte von meiner, wie er sagte, »legendären Modenschau« in St. Moritz gehört und wünschte sich auch einen
Weitere Kostenlose Bücher