Hard News
wartete. Sie hörte, wie er sich erneut räusperte, dann hustete. »Das ist nicht komisch.«
»Es stimmt, Lee.«
»Ach kommen Sie, Rune. Wieso sollte sie seinen Tod wünschen?«
»Jemand hat alle Unterlagen und Bänder über Randy Boggs aus meinem Schreibtisch genommen. Alles war weg.«
»Wer?«
»Danny Turner, der leitende Elektriker am Set, hat mir gesagt, es sei Piper gewesen.«
Maisel gab keine Antwort.
»Und wissen Sie noch«, sagte Rune, »dass sie von Anfang an nicht wollte, dass ich die Story mache, dass sie versucht hat, mich daran zu hindern? Dass sie mich nach London schicken wollte? Das hat sie gemacht, um mich loszuwerden.«
»Ich habe gefragt, wieso sie den Tod von Lance Hopper hätte wünschen sollen?«, blaffte Maisel.
»Weil er sie rauswerfen wollte. Ich hab mir ihre Personalakte angesehen …«
»Sie haben was? Wie?«
»Ich hab einfach … Egal, wissen Sie, was ich entdeckt habe? Dass Hopper ein Jahr vor seinem Tod versuchte hat, sie rauszuschmeißen. Piper hat zwei Beschwerden wegen Diskriminierung gegen ihn losgelassen. Sie sind beide niedergeschlagen worden, aber es hat ’ne Menge Memos gegeben – das war ein regelrechter Krieg.«
»Rune, für einen Job bringt keiner einen Menschen um.«
»Normalerweise vielleicht nicht – aber Sie kennen doch Piper und ihr Temperament. Sie haben mir erzählt, die Arbeit sei ihr ganzes Leben. Und wie viel verdient sie? Eine Million im Jahr? Das reicht, um jemanden umzubringen.«
»Aber woher sollte sie denn Profikiller bekommen? Das ist einfach zu …«
»Wo war sie überall eingesetzt?«, fuhr sie fort. »In Afrika, in Nicaragua, im Mittleren Osten. Dort könnte sie Söldner kennen gelernt haben. Der Fettsack – Jack –, der sah doch genau aus wie ein Soldat. Und der hat wahrscheinlich Randy angeheuert, um ihm zu helfen.«
Maisel dachte darüber nach. Er war jetzt weniger skeptisch als noch kurz zuvor. »Reden Sie weiter«, sagte er.
Rune kam sich vor wie ein Jongleur. Es war schwer, alle Teile der Story gleichzeitig in der Luft zu halten. »Wissen Sie noch, als Mr. Frost, der neue Zeuge, gestorben ist? Das war alles andere als ein Unfall. Piper kannte seinen Namen. Aus meiner Story. Sie hat den Fettsack beauftragt, ihn umzubringen. Und was passiert dann? Alle Kassetten verschwinden. Und sie hat gewusst, wo ich die Kopie der Kassette von Frost hatte. Und sie hat gewusst, wie man in den Computer kommt und das Masterband klaut.«
Sie konnte das Schweigen am anderen Ende der Leitung spüren – seine Konzentration beim Abwägen ihrer Worte, sein Entsetzen. Aber vielleicht auch die Erregung, die ein Reporter empfinden musste, wenn er die erste Spur zu einer heißen Story riecht. Als er sprach, war es wie zu sich selbst. »Und sie war ganz schön kaltblütig, als sie die Sendung improvisieren musste.«
»Als ob sie die ganze Zeit schon gewusst hätte, dass sie es machen müsste«, sagte Rune.
Lange Pause. »Das ist eine Atombombe, mit der wir da spielen, Rune. Sie haben da eine Menge zusammenspekuliert. Es gibt keinen direkten Beweis, der sie mit dem Mord in Verbindung bringt.«
»Ich weiß, dass sie es war, Lee.«
»So, wie Sie wussten, dass Boggs unschuldig ist?«
Darauf fiel ihr nichts ein. Der Produzent fuhr fort. »Lassen Sie mich Ihnen nur eine Frage stellen. Sie sind verbittert, weil Piper Sie gefeuert und Ihnen die Story vermasselt hat. Wenn das nicht geschehen wäre, wenn Sie eine objektive Reporterin wären, würden Sie dann auch auf Piper setzen?«
»Ja, das würd ich. Es gibt vielleicht keine Augenzeugen, aber es gibt jede Menge Indizien.«
Maisel schwieg einen Augenblick. »Ich muss Dan Semple anrufen. Ich …« Er verstummte. »Semple …«
»Was denken Sie gerade, Lee?«, fragte Rune. Ihr fiel ein, dass Semple Piper in seiner Limousine abgeholt hatte, nachdem sie und Rune in dem französischen Restaurant zu Abend gegessen hatten. »O nein, denken Sie, er ist auch darin verwickelt?«
»Sie hatten eine Affäre, wissen Sie. Piper und er. Etwa zu der Zeit, als Hopper umgebracht wurde.«
»Und nachdem Hopper tot war«, sagte Rune, »hat Semple seine Stelle bekommen …! Was sollen wir machen, Lee?«
»Okay«, sagte Maisel. »Bleiben Sie dran. Ich mache ein paar Anrufe.« Sie hörte, wie er sein Handy benutzte, um mit Jim Eustice zu Hause zu sprechen und ihm von Runes Verdacht zu erzählen. Dann rief er Timothy Krueger an, den Juristen des Senders, der bei Runes Entlassung das Wort geführt hatte. Dann hörte sie eine
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