Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hard News

Hard News

Titel: Hard News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
einer regierenden Königin, und das machte sie rasend – während zur gleichen Zeit ihre beharrliche Weigerung, die Affäre wieder aufzunehmen, ihm ein Stachel war.
    »Wie war Paris?«, fragte sie.
    » Comme ci, comme ça. Wie ist es jedes Mal? Das Gleiche. Paris ändert sich nie.«
    Der Kaffee kam. Die Vizepräsidenten hatten eine eigene Kantine, die ihre Speisen- oder Getränkewünsche auf Porzellan von Villeroy & Boch servierte, welches auf mit dem Logo der Muttergesellschaft geschmückten Tabletts gebracht wurde. Semple schenkte sich eine Tasse ein und trank.
    »Erzähl mir von dieser Story.«
    Sutton tat es, rasch, sachlich.
    »Ihr Name ist Rune? Vor- oder Nachname?«
    »So eine Art Künstlernamensquatsch. Sie ist Kameramann bei O&O hier in Manhattan.«
    »Was meint Lee dazu?«, fragte Semple.
    »Er ist ein bisschen stärker dafür, die Story zu machen, als ich. Aber nicht viel.«
    »Und wieso machen wir sie dann?«, fragte er kühl. Semples dunkle Augen streiften über Suttons Bluse. Sie war froh, dass sie die Kostümjacke über der weißen Seide trug. Aber nur ein Teil seines Blicks war auf ihren Körper gerichtet. Womit der andere Teil beschäftigt war und was in dem Gehirn hinter diesen Augen geschah, war ihr ein völliges Rätsel. Das war eine seiner anziehendsten Eigenschaften – dass sie nicht in der Lage war, ihn zu durchschauen. Und eine seiner unheimlichsten.
    »Letztlich sagte die Kleine, dass, wenn wir die Story nicht für Current Events produzieren, sie selbst sie fertig stellt und anderweitig verkauft«, antwortete sie.
    »Erpressung«, knurrte er.
    »Eher jugendlicher Überschwang.«
    »Das gefällt mir nicht«, sagte Semple. »Die Story lohnt nicht.« Er nahm noch einen Schluck Kaffee. Sutton erinnerte sich daran, dass er morgens gern nackt im Bett saß, mit einem Tablett auf dem Schoß und Tasse und Untertasse direkt über seinem Penis. Ob er die Wärme mochte, hatte sie sich immer gefragt.
    »Was hat sie bisher?«, fragte er. »Irgendwas?«
    »Nee. Nichts von Belang. Jede Menge Hintergrundmaterial. Mehr nicht.«
    »Du meinst also, dass die Chance besteht, dass es einfach im Sande verläuft.«
    Sutton wich seinem Blick aus. »Sie ist jung. Ich habe ein scharfes Auge auf sie. Ich hoffe, sie wird die ganze Sache einfach leid.«
    Semple besaß die Macht, diese Story für immer verschwinden zu lassen, so dass weniger davon übrig blieb als ein paar Pixel auf einem Fernsehmonitor. Er blickte Sutton an. »Halt mich auf dem Laufenden, was sie herausfindet.«
    »Okay.«
    »Ich meine täglich.« Semple schaute einen Augenblick lang aus dem Fenster. »Ich habe in einem wunderbaren Restaurant gegessen. In der Nähe von St. Germain.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich wünschte, du wärst bei mir gewesen.«
    »Hört sich nett an.«
    »Die von Michelin haben sich geirrt. Ich muss ihnen schreiben und darauf drängen, dass sie ihm noch einen Stern verleihen.« Und er schraubte die Kappe seines Füllhalters ab und machte sich eine Notiz in seinen Kalender, die ihn daran erinnern sollte.

13
    Rune schlafwandelte. So zumindest empfand sie es.
    Sieben Stunden lang hatte sie in der gleichen verkrümmten Haltung an ihrem Schreibtisch gesessen und Bänder gesichtet. Die dichte Atmosphäre des Studios war mit einem Summen wie von einem Dutzend Wespen erfüllt, das, wie sie glaubte, von dem Videomonitor kam, der vor ihr stand. Erst als sie ihn ausschaltete, merkte sie, dass das Summen andauerte; das Geräusch kam von irgendwo in ihrem Kopf.
    Genug ist genug.
    Sie stand auf und streckte sich; das Summen machte vorübergehend einem wiederholten Knacken ihrer Gelenke Platz. Sie überließ es Bradford, die neuen Bänder, die sie aufgenommen hatte, einzugeben, und verließ den Raum. Rune lief durch das komplizierte Netz von Fluren hinaus in den Frühlingsabend. Sie nahm das Chromhalsband mit ihrer Erkennungsmarke vom Hals und steckte es in ihre Leopardenfelltasche.
    Draußen stand eine gehetzte Mitarbeiterin des Senders auf dem Gehsteig. Ihr Mann – ein junger Angestellter – trat zu ihr, ihre beiden kleinen Kinder im Schlepptau. Offensichtlich war er heute Abend an der Reihe gewesen, die Kleinen abzuholen.
    Die Mutter umarmte sie flüchtig und fing dann an, mit ihrem Mann Pläne fürs Wochenende zu schmieden. Ihre Tochter, ein Rotschopf etwa in Courtneys Alter, zog an dem Norma-Kamali-Hemd ihrer Mutter. »Mami …«
    »Einen Moment«, sagte die Frau. »Ich rede mit deinem Vater.« Das kleine Mädchen wandte sich schmollend

Weitere Kostenlose Bücher