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Hard Rock Vampir

Hard Rock Vampir

Titel: Hard Rock Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Ferkau
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so gelang mir nur ein leises Krächzen – stapelweise Hamburger lagen.
    Ich konnte einige Gesichter identifizieren und erspare mir eine Aufzählung. Rumsfeld war nicht dabei. Vielleicht erwischte ich jemanden, der das Büro des abwesenden Präsidenten durchwühlte oder eine Stinkbombe unter dessen Tisch drapierte? Oder jemanden, der auf den Teppich pinkelte oder sich auf den Gummibaum einen runterholte? So, wie das heimlich gefilmte Kindermädchen, welches das Kind verprügelte, sobald es sich unbeobachtet fühlte …
    Eva flatterte neben mich und der Blick des Scharfschützen traf uns. Er runzelte die Stirn und konzentrierte sich wieder auf seine Arbeit.
    Ich staunte über die Leichtfertigkeit der Sicherheitskräfte. Was, wenn man einen Schwarm dressierter Brieftauben, gestopft mit Extremsprengstoff auf das Weiße Haus losließ, um sie zur richtigen Zeit detonieren zu lassen? Unvorstellbar? Hoffentlich, oder habe ich jetzt etwas erfunden, auf das noch niemand gekommen ist?
    Wir hopsten über das Dach, zwei Treppen hinunter. Irgendwo musste sich der Eingang zum Gebäude befinden. Nun wäre es mir lieber gewesen, wir hätten uns in Kakerlaken verwandeln können. Unzerstörbar, aber effektiv.
    Man mag sich meine Freude und gleichzeitig meinen Schrecken vorstellen, als unversehens eine Tür geöffnet wurde und ein paar Männer nach draußen strömten. Sie palaverten und gestikulierten.
    Sofort sah ich ihn.
    »Da ist er«, zischte Eva. Sie war schlanker als ich und wirkte geschmeidiger. Ihre Federn glänzten dunkelblau, wohingegen ich schwarz und nichtssagend aussah.
    »Donald Rumsfeld«, klapperte ich zurück.
    Wir verhielten uns ruhig, und als ich wahrnahm, dass sich die Tür hinter den Männern nicht schloss, huschten wir ins Gebäude.
    Es wirkte wie eine Einladung, und erneut befiel mich ein zögerliches Gefühl. Alles ging zu einfach. Zu viel Glück, immerzu Glück. Ich glaube nicht an Glücksfälle, sondern an das Schicksal und daran, dass man es selbst bestimmen kann. Zufälle sind etwas für Märchenerzähler, kommen aber im richtigen Leben nicht vor. Soweit meine Meinung, manch einer wird mir widersprechen.
    Nun wurde es Zeit, unsere Gestalt zu wechseln. Dafür wäre ein separater Raum gut gewesen, denn das ging nicht ohne Geräusche und dauerte fast 30 Sekunden. Kämen die Männer jetzt zurück, würden sie nicht schlecht über zwei Raben staunen, die sich verirrt hatten, über den hellblauen Teppichboden hopsten und alles vollschissen. Am Ende des Ganges gab es eine Treppe, die wir hochflogen. Sie wendelte sich ein Stockwerk höher, wo es still war. Auch nur ein Flur, aber hier schien niemand zu sein.
    Nun ging es ums Ganze. Noch immer hatten wir keine Ahnung, wie wir Rumsfeld alleine erwischen würden, andererseits war die Gefahr, als jemand ertappt zu werden, der sich ungenehmigt im Weißen Haus aufhielt, gering. Wer hier war, hatte seinen Grund und alle Sicherheitskontrollen absolviert.
    Wir verwandelten uns.
    Es gab hellen Nebel und funkelnd irisierende Lichter, eine Menge Magie und Schwingungen, dann standen wir voreinander, in der Kleidung, die wir auch am Leibe trugen, bevor wir zu Raben wurden.
    Im selben Moment wurde hinter uns eine Tür geöffnet und eine Schwarze kam uns entgegen. Sie lächelte freundlich, nickte und ging an uns vorbei.
    Dann blieb sie stehen und ich zuckte innerlich zusammen.
    »Pssst«, machte sie. »Die Enkel unserer Damen und Herren schlafen heute hier. Morgen gibt es ein Frühstück mit der Außenministerin und mit Ronald McDonald und danach einen Rundgang. Das machen wir einmal im Jahr so. Mal die Enkel von dem, dann die Enkel von der … aber das wissen Sie sicherlich. Also bitte leise sein.« Sie blinzelte, schnüffelte und fragte: »Riechen Sie es auch?«
    »Was?«, stellte ich mich dumm.
    Sie zuckte die Achseln. »Ich dachte nur …«
    Es roch nach Verwesung. Oder nach faulem Fleisch. Ein schwacher Hauch nur, ein Überbleibsel unserer Metamorphose. Nicht zum ersten Mal war ich über das dankbar, was man Wahrnehmungsraster nennt. Dinge, die man nicht annimmt, nimmt man zwar wahr, kann sie aber nicht einordnen. Sie fallen durch das Raster, durch ein mentales Sieb sozusagen. Da wir nur offiziell hier sein konnten , da es nicht nach Verwesung riechen konnte , purzelte diese Wahrnehmung bei der Frau durchs Sieb und war sofort vergessen.
    Sie betrat einen anderen Raum und verschwand aus unserem Sichtfeld.
    »Puh, da hatten wir Glück«, sagte ich. »Stell dir vor, eines der

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