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Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Titel: Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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sang, eine Mozart-Arie vielleicht, dann erhob sie sich in eine andere Welt, wo arm und reich, fair oder unfair nicht zählten, sondern nur die Schönheit der Klänge. Was hatte Miss Ella? Und – wenn man es recht überlegte – was hatte ich?
    Ein wuchtiger Schlag an das Wagenfenster brachte mich zurück auf die Racine Avenue. Es war Mr Contreras, mein Nachbar. Mitch, mein großer goldener Labrador sprang auf das Auto, kratzte mit den Pfoten über das Dach und fing an zu bellen. Ich stieg aus und schob ihn von meinem Mustang herunter.
    »He, Puppe, wir dachten schon, dass Sie einen Schlaganfall hätten, so lange, wie Sie im Auto gesessen haben«, sagte er munter. »Sie haben Besuch! Hübsches junges Mädchen. Sagt, sie wäre Ihre Cousine. Ist aber so jung, dass man eher denkt, sie wär vielleicht Ihre Nichte. Aber die Generationen kommen ja heutzutage immer mehr durcheinander, nicht wahr? Ich glaube, sie ist väterlicherseits mit Ihnen verwandt, ihr Name ist nämlich Warshawski. Ich wusste gar nicht, dass Sie noch Verwandte haben …«
    Der Redeschwall des alten Mannes wurde durch das hysterische Bellen von Mitch untermalt. In meiner Abwesenheit hatte ein Hunde-Service sich zweimal täglich um ihn und seine Mutter Peppy gekümmert, aber seit meiner Rückkehr hatten sie förmlich an mir geklebt, um sicherzustellen, dass ich sie nicht wieder verließ. Mitch ignorierte meine Aufforderung, sich zu setzen und mit dem Gebell aufzuhören. Als ich ihn endlich von der Straße weg hatte, keuchte ich heftig. Peppy saß dagegen mit der Gelassenheit einer Heiligen auf dem Bürgersteig. Es ist genau diese Gelassenheit, die andere Hunde dazu veranlasst, alle Golden Retriever zu hassen. Jetzt, wo das Schlimmste vorbei war, drängte sie sich an meine Knie und winselte laut zur Begrüßung.
    »Könnten Sie bitte noch mal von vorn anfangen?«, bat ich meinen Nachbarn, während ich Mitch am Halsband festhielt. »Wer ist diese Cousine? Und vor allem: Wo ist sie genau?«
    Mr Contreras strahlte. Er liebte Familiengeschichten. Vielleicht, weil ihn seine Tochter und seine Enkel so selten besuchten. »Wussten Sie gar nichts davon? Ihre Cousine arbeitet jetzt in Chicago. Sie hat eine Wohnung in Bucktown gemietet.«
    Bucktown war Chicagos neuestes Yuppieville, ungefähr eine Meile südlich von uns. Vor zehn Jahren war es noch ein ruhiges, vor allem von Polen und Mexikanern bewohntes Arbeiterviertel, aber dann war das Unvermeidliche passiert: Junge Künstler, die billige Studios suchten, entdeckten das Viertel. Jetzt werden die Mieten immer teurer, und die Künstler ziehen weiter nach Westen. Die Ureinwohner dagegen sind längst an den Stadtrand verdrängt worden, in die deprimierenden Straßen der South Side.
    Ich holte die Lebensmitteltüten aus dem Kofferraum und ging zu unserem Haus. Wenn das eine Warshawski-Cousine war, dann musste sie eine Tochter von Onkel Peter sein. Er war viel jünger als mein Vater und hatte auch erst spät im Leben geheiratet. Er war schon in jungen Jahren nach Kansas City gezogen, und deshalb kannte ich ihn und seine Familie eigentlich gar nicht. Nur ein paar Geburtsanzeigen waren im Lauf der Jahre gekommen: Petra, Kimberley und dann noch Stephanie, Alison, Jordan oder so ähnlich. Eine Tochter nach der anderen.
    Als wir uns der Haustür näherten, kam eine junge Frau die Treppe heruntergesprungen, fast genauso enthusiastisch wie Mitch. Sie war hochgewachsen und blond. Ihre Bekleidung – eine weit ausgeschnittene Jacke mit einem schmalen Top, Rock, Leggings und hochhackige Stiefel – zeigte deutlich, dass sie zur Millennium-Generation gehörte und jede Mode mitmachen würde, aber ihr breites Lächeln war echt. Sie war so lebendig und sah meinem Vater so ähnlich, dass ich meine Tüten abstellte, um sie zu umarmen.
    »Petra?«, fragte ich vorsichtig.
    »Ja, genau!«, sagte sie und erwiderte meine Umarmung. Sie beugte sich zu meinen einszweiundsiebzig herunter und drückte mich fest. »Tut mir leid, dass ich so unangemeldet über dich herfalle, aber ich bin gerade erst heute Nachmittag eingezogen. Daddy hat mir gesagt, dass du hier in der Nähe wohnst, und weil ich sonst keine Termine hatte, bin ich hergekommen, um dich zu besuchen. Onkel Sal – ist er nicht süß? Er hat mir erlaubt, ihn so zu nennen! – hat mich im Garten mit Tee und Sandwiches gefüttert und mir von all den Fällen erzählt, an denen er mit dir gearbeitet hat. Tori, du bist ja wirklich Furcht einflößend!«
    Tori . Mein Familienspitzname.

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