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Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball

Titel: Hardball - Paretsky, S: Hardball - Hardball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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meinem Büro in die Tastatur eintippte.
    »Hallo, Vic, wo sind Sie gewesen? Ich hab Sie ja seit Wochen nicht mehr gesehen! Gut sehen Sie aus.« Er schwenkte die neueste Ausgabe von Streetwise . »Für Sie! Ganz frisch aus der Druckmaschine!«
    »Ich war gerade in Italien«, sagte ich, während ich in meiner Brieftasche in den Dollarscheinen herumwühlte, die mir immer noch etwas komisch vorkamen. »Der erste richtige Urlaub seit fünfzehn Jahren. Ist mir gar nicht leichtgefallen, wieder zurückzukommen.«
    »Ach, Auslandsreisen! Hab ich mir schon mit neunzehn abgewöhnt, als mir Onkel Sam den Trip nach Saigon bezahlt hat.«
    Ich zog einen Fünfer heraus, und Elton kippte plötzlich um. Ich ließ Schlüssel und Papiere fallen und kniete mich neben ihn. Er hatte sich den Kopf aufgeschlagen und blutete heftig, aber er atmete noch, und ich spürte auch seinen federleichten, unregelmäßigen Puls, der wie eine zerbrechliche Ballerina am Takt vorbeitanzte.
    Die nächsten Stunden waren ein einziger Wirbelsturm. Wir fuhren im Krankenwagen zur Notaufnahme des Krankenhauses. Sie wollten eine Menge Einzelheiten wissen, aber ich wusste ja bloß, dass er ein Obdachloser war, der auf meiner Straße in der West Town gearbeitet hatte. Dass ihn seine Frau verlassen hatte, als er immer mehr trank, war das Einzige, was er mir je erzählt hatte. Das mit Vietnam hatte ich bis dahin nicht gewusst. Er war mal Schreiner gewesen und arbeitete auch jetzt noch gelegentlich ein paar Stunden. Was die Krankenversicherung anging, konnte ich der Schwester in der Notaufnahme nicht helfen. Ich wusste auch nicht, was sie in ihr Formular schreiben sollte. Ich hoffte sehr, dass er die grüne Karte von der städtischen Gesundheitsfürsorge hatte.
    Aber vor allem musste ich dringend in mein Büro. Zehn Wochen lang war ich in Europa gewesen, und auf meinem Schreibtisch warteten Berge von Arbeit. Andererseits wollte ich Elton auch nicht allein lassen, solange ich nicht wusste, wie es mit ihm weiterging. Am Ende dauerte es zwei volle Stunden, bis ein gehetzter, völlig überforderter Assistenzarzt hereinkam und sich um Elton kümmerte. Und auch das nur, weil ich der Triage-Schwester immer wieder Druck gemacht hatte. Man solle ihm Sauerstoff geben, man solle sein Herz überwachen oder sonst irgendwas tun. Elton hatte schon auf der Krankentrage das Bewusstsein wiedererlangt, aber seine Haut war eiskalt und sein Puls noch immer sehr schwach.
    Als ich das dritte Mal zum Schalter kam, sprach mich eine junge Frau an. Sie war weiß, Anfang dreißig und hatte einen älteren Schwarzen in ihrer Obhut. »Gar nicht so einfach, was?«, sagte sie mit einem müden Lächeln. »Die haben so viel Personal entlassen, dass sich niemand mehr um die Patienten kümmern kann.«
    Ich nickte. »Ich bin gerade erst aus Europa zurückgekommen. Ich muss mich noch an die Zeitumstellung gewöhnen – und an unsere miese Gesundheitsfürsorge.«
    »Ist das Ihr Bruder?« Sie zeigte auf die Krankentrage.
    »Nein, das ist ein Obdachloser, der vor meinem Büro zusammengebrochen ist.«
    Die Frau presste ihre weichen, rosigen Lippen aufeinander. »Soll ich mich ein bisschen um ihn kümmern, wenn es den Ärzten gelingt, ihn wieder zu stabilisieren? Ich habe ein paar Freunde bei der Obdachlosenhilfe.«
    Ich bedankte mich herzlich. In diesem Moment kam dann der Assistenzarzt, der kaum alt genug für die Highschool aussah, geschweige denn für ein solches Krankenhaus. Er fragte Elton nach seinen Schlafgewohnheiten und nach seinem Alkohol- und Zigarettenkonsum. Er hörte ihn mit dem Stethoskop ab und forderte dann ein EKG , ein EEG und ein Echokardiogramm an. Und Sauerstoff.
    »Er hat eine Herzrhythmusstörung«, sagte er zu mir. »Wie ernst es ist, kann ich noch nicht sagen. Obdachlosigkeit und Alkohol, das hält keiner lange aus.«
    Elton lächelte ein wenig und drückte mir mit nikotinverfärbten Fingern die Hand. »Gehen Sie nur, Vic. Ich komme schon klar. Vielen Dank für – Sie wissen schon. Gott segne Sie, und so weiter.« Er zog eine schmuddelige grüne Karte aus seiner Innentasche, und da wusste ich, dass sie ihn nicht gleich wieder auf die Straße setzen würden. Ich nahm ein Taxi zurück ins Büro. Ich vergaß Elton zwar nicht, aber ich verdrängte den ganzen Vorfall irgendwo in die hinteren Regionen meines Bewusstseins. Ich war sehr erschöpft vom Reisen, aber gleichzeitig war ich zu lange von der Arbeit weg gewesen, um jetzt sofort wieder eine Pause einzuschieben.
    Ich war nicht allein

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