Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)
„Unterrichten“ zu betrachten. Man könnte das sicher als den dümmsten Job der Welt ansehen, doch mir gefiel es.
In einer Buchhandlung sah ich ein Buch namens
Tsuburaya Noboru Urutoraman Wo Kataru
–
Noboru Tsuburaya spricht über Ultraman
– vom Präsidenten und Chief Executive Officer von Tsuburaya Productions, dem Unternehmen, das
Ultraman
produzierte, und Sohn des verstorbenen Eiji Tsuburaya, der den ursprünglichen Godzilla kreiert hatte. Natürlich musste ich das Buch kaufen, trotz der Tatsache, dass es darin absolut keine Bilder von gigantischen, auf den Tokyo Tower eindreschenden Halb-Krabbe/Halb-Alligator-Monstern oder riesigen Astronauten gab, aus deren Fingern Laserstrahlen schossen. Es gab darin tatsächlich überhaupt keine Bilder bis auf eines von Noboru selbst auf der Rückseite (es stellte sich heraus, dass er wie ein Japaner aussieht), und doch war ich entschlossen, dieses Ding zu lesen, ob’s darin nun Bilder gab oder nicht.
Ich las tatsächlich ein Drittel davon. Von dem Drittel verstand ich wahrscheinlich so etwa ein Achtel. Trotzdem war eine Sache sehr klar: Noboru Tsuburaya träumte davon, dass Ultraman eines Tages den US-Markt knacken und in Amerika genauso groß werden würde wie in Japan. Und glaubt mir eines: Ultraman ist
sehr
groß in Japan. Sein ausdrucksloses Gesicht schmückt dort alles von Schlüsselringen über Golfschlägerhüllen bis hin zu Kondomen (die Packungen, nicht die Kondome selbst –
das
wäre dann doch ein wenig schräg). Obwohl er sich außerhalb Asiens praktisch gar nicht verkauft, hat Ultraman in den 80ern genügend Einnahmen über Lizenzvereinbarungen reingeholt, um auf Platz 3 der am meisten verkauften Lizenzfiguren der Welt zu landen, direkt hinter Mickey Mouse™ und Charlie Brown™. Und wer auf Erden wäre wohl besser als ich dazu geeignet, Ultraman an die Amis zu verkaufen? Verdammt noch mal niemand. Glasklar.
Also entschied ich mich, Noboru Tsuburaya einen Brief zu schreiben und ihm das mitzuteilen. Meine Freundin Yuka (die mittlerweile meine Frau ist), war so freundlich, all meine Grammatikfehler zu beseitigen und mir zu zeigen, wie ich den Brief auf dem japanischen Textverarbeitungsprogramm an meiner Schule abtippen konnte. Und ab ging der Brief. Ich wartete und wartete (und wartete) und es kam keine Antwort.
Also entschied ich mich, noch einen zu schreiben.
Warum auch nicht? Briefmarken waren billig und mein Job war ziemlich langweilig. Dies Mal machte ich unmissverständlich klar, dass ich genau die Sorte Typ sei, die er brauche, um seinen Traum, „Ultraman über Amerika zum Fliegen zu bringen“, zu verwirklichen. Nach dem Buch zu urteilen, war der Typ ein wenig egomanisch, also klatschte ich Lobpreisungen mit der Maurerkelle drauf. Ich log allerdings nicht; ich war wirklich aufrichtig von ihm beeindruckt, und ganz besonders von seinem Vater, und ihre Arbeit hatte mich tief berührt und mein Leben vollkommen umgewandelt, mir Sinn gegeben, wo zuvor keiner war. Okay, vielleicht hab ich zum Schluss hin doch ein wenig übertrieben.
Eine Weile später kam ich eines Nachmittags nach Hause, nachdem ich den Tag mit dem Versuch verbracht hatte, das Gequatsche der Kids zu übertönen und sah, dass mein Anrufbeantworter blinkte. Ich drückte den Knopf in der Annahme, es sei eines der Mitglieder von My Niece’s Foot, der aus Ausländern bestehenden Band, der ich mich in Japan angeschlossen hatte, um einen Termin für ’ne Probe oder einen Abstecher in die Kneipe um die Ecke auszumachen. Aber nein: Auf meinem Anrufbeantworter hörte ich die Stimme vom Meister persönlich: Noboru Tsuburaya.
Noboru Tsuburaya!
Auf
meinem
Anrufbeantworter! Ich rappelte mich vom Boden auf und schob meinen offen stehenden Mund zu. Ich spielte die Nachricht noch ungefähr dreißig Mal ab, um sicher zu gehen, dass ich ihn richtig verstanden hatte. Bat er mich tatsächlich, sich mit seiner Sekretärin in Verbindung zu setzen, um einen Termin für ein Bewerbungsgespräch auszumachen?
Ein Bewerbungsgespräch?
Ich ließ Yuka rüberkommen und mithören, um ganz sicher zu gehen. Yep, sagte sie. Genau darum ging es.
Ich fuhr also nach Tokio und führte das Gespräch. Ich wurde rumgeführt. Ich traf sogar Ultraman persönlich (oder immerhin ’nen Typen, der ein frisch repariertes Ultraman-Kostüm anprobierte). Und es war genau so, wie ich es mir immer vorgestellt hatte!
Kurz nachdem ich von dem Gespräch in Tokyo (bei dem ich tatsächlich in dieser Dachkammer voller Monster, die ich
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