Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)
ein paar Mal live. Unser drittes Album,
Disturb the Air
, wurde von Glenn Rehse aus der Band Plasticland produziert. Das klang dann auch wie ein richtiges Album. Der Gesang war größtenteils in der richtigen Tonlage, und ich nahm sogar von bestimmten Songs mehrere Takes auf, damit es auch passte – denn mittlerweile zahlten Midnight Records die Studiorechnungen. Glenn spielte Mellotron, das Keyboard, das die Beatles und The Moody Blues wegen seiner Fähigkeit, ein komplettes Orchester zu imitieren, berühmt gemacht hatten (auch wenn’s sich dabei um ein gespenstisch und leicht verstimmt klingendes Orchester handelt), und mischte eine ordentliche Prise Tropfsteinhöhlenhall in das Ergebnis, was den Sound unserer kleinen Garagenband definitiv
riesig
klingen ließ. Leider waren unsere Verkaufszahlen dann noch nicht mal halb so riesig wie der Sound.
WÄHREND ICH DIESES GANZE ZAZEN MACHTE und mich außerdem abmühte, Dimentia 13 in die Gänge zu kriegen, gärte in meinem Hirn eine weitere merkwürdige Idee. Schon seit ich ein kleines Kind war, übten japanische Monsterfilme einen starken Reiz auf mich aus. Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, woran das lag. Doch in den 70ern waren Filme wie
Godzilla: König der Monster, Gammera der Unbesiegbare, Krieg der Gargantuen
, und
Frankenstein erobert die Welt
(wo ein 20-Meter großes Fran-kenstein-Monster Tokio terrorisiert und sich danach mit einem riesigen Dinosaurier kloppt) der Grundstock des Fernsehens. In Cleveland präsentierte die meisten dieser Filme der Ghoul, der Horrorspezi von Kanal 61 mit seinem angeklebten Ziegenbart und der fetzigen grünen Perücke. Er erschien am Ende der Werbepausen seiner Late-Night-Show am Samstag, laberte Müll über die Filme und jagte Modellbausätze mit Feuerwerkskörpern in die Luft. Ich war von jedem dieser dämlichen Gummidino-Feste wie hypnotisiert.
Doch noch besser als Godzilla & Co. war eine japanische Science-Fiction-Serie namens
Ultraman
, die jeden Montag, Mittwoch und Freitag um 16.30 Uhr auf Kanal 43 lief. (Dienstags und Donnerstags lief eine andere japanische Sci-Fi-Serie namens
Johnny Sokko und sein fliegender Roboter
. 4 ) Anders als die meisten Serien für Kinder war
Ultraman
keine Zeichentrick-Sen-dung. Es war eine Live-Action-Show mit Spezialeffekten wie die ursprüngliche
Star-Trek
Serie. Der Held war ein silberroter Typ mit großen gelben Insektenaugen in einem finsteren, unbeweglichen und total fremdartigen Gesicht, das den Grauen aus
Akte X
um 30 Jahre zuvorkam. Doch was Ultraman wirklich von den amerikanischen Superhelden unterschied, war, dass er 50 Meter groß war. Und er bekämpfte auch nicht langweilige Bankräuber und kriminelle Drahtzieher. Nicht unser Ultraman. Der doch nicht. Er trug es höchstpersönlich mit gigantischen Monstern vom Kaliber eines Godzillas aus.
Warum mich
Ultraman
so tief berührte, kann ich nicht wirklich sagen. Aber ich bekam aus einer Folge dieser Serie meinen allerersten Vorgeschmack auf den Buddhismus. Um genau zu sein, war es Episode 35, die in Japan als
Kaiju Hakaba – Der Friedhof der Monster
bekannt ist. Die Hauptpersonen der Serie waren die
Science Patrol
, eine aus 5 Leuten bestehende super-wissenschaftliche Kampfeinheit, bei der es sich um die einzigen Leute zu handeln schien, die irgendetwas unternehmen konnten, wenn Tokio von einem wild gewordenen Leguan mit Hormonproblemen platt getrampelt wurde. In dieser Folge beschließt die
Science Patrol
, dass sie sich angesichts des Abschlachtens etlicher gigantischer Kreaturen schlecht fühlt, deren einziges Verbrechen darin bestand, zu groß zu sein, um Tokios Boulevards entlang zu spazieren, ohne alles in Schutt und Asche zu legen (worin sie übrigens den meisten amerikanischen Touristen recht ähnlich sind). Also hält die
Science Patrol
für alle Monster, die sie getötet hat, eine traditionelle japanische buddhistische Beerdigungszeremonie ab. Eine Gruppe von Mönchen schlägt eine traditionelle fischförmige Holztrommel, verbrennt Räucherwerk, und stimmt vor den mit schwarzen Bändern geschmückten Fotos der toten Monster Gesänge an. Das war cool.
Ich liebte japanische Monsterfilme, und tief in meinem Herzen wusste ich, dass Japan der Ort war, an dem ich sein wollte. Ich malte mir in meiner Fantasie aus, wie diese Filme wohl gemacht würden. Ich stellte mir einen Raum voller Monsterkostüme aus Gummi vor, die an Haken von der Decke hingen. Ich betete, dass eines Tages etwas Magisches geschehen würde und ich nach Hause
Weitere Kostenlose Bücher