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Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)

Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition)

Titel: Hardcore Zen: Punk Rock, Monsterfilme & die Wahrheit über alles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Warner
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Spock

Schweißbäche stürzen meine Stirn hinunter, mein Hirn verflüssigt sich unter der Hitze riesiger Bogenlampen. Ich reiße mir die schwere Monstermaske aus Fiberglas und Latex vom Kopf und gehe in die Knie.
Der hautenge Taucheranzug, den die Kostümabteilung von Tsuburaya Productions in einen silber-schwarz gestreiften Monsterkörper verwandelt hat, droht auf extrem peinliche Weise aufzureißen. „Schnitt!“ schreit der Regisseur, längst nicht mehr darum bemüht, Abscheu und Wut darüber zu verbergen, dass der als transdimensionale Alienbedrohung Dada verkleidete Ausländer, einer der furchtbarsten Feinde Ultramans, eine weitere Aufnahme ruiniert hat. Ich gehe als nutzloses Häufchen Elend zu Boden, während sich der Rest der Monster für den nächsten Take in Position bringt.
Die Eröffnungssequenz von
Let’s Learn English with Ultraman!
zeigt sechs von Ultramans größten Monsterfeinden, die hinter einer 10-jährigen halbjapanischen, halb amerikanischen Sängerin namens Nadia tanzen. Am gleichen Tag, für den die Aufnahmen angesetzt sind, findet eine riesige Ultraman-Live-Show statt, und daher stehen für diese Szene nicht genügend der professionellen Monsterkostüm-Schauspieler von Tsuburaya Productions zur Verfügung. Ich bin ein Typ aus einer Gruppe von dämlichen, begeisterten Bürotypen, die rekrutiert wurden, um dabei zu helfen, die Aufnahmen fristgerecht in den Kasten zu kriegen. Seit meiner Kindheit wollte ich einmal in eines dieser albernen japanischen Monsterkostüme schlüpfen, aber ich hatte keinen Schimmer, dass diese Dinger so heiß, steif und stinkig sein würden. Während ich dort liege und die Studiodecke vor meinen Augen wild kreiselnd herumwirbelt, frage ich mich: Wie bin ich bloß in dieser Hölle gelandet?
    DIESE ERFAHRUNG brachte mich dazu, darüber nachzudenken, was Japan wohl sonst noch für mich zu bieten habe. Seitdem ich hier gelandet war, hatte ich nicht wirklich viel getan, um mein Verständnis des Buddhismus zu erweitern, obwohl ich mir ein paar Tempel angesehen hatte. Ich hatte Eihei-ji besucht, den Tempel, den Japans größter Zen-Lehrer, Meister Dogen, im dreizehnten Jahrhundert gegründet hatte, und den Ort gesehen, an dem er predigte. Im Großen und Ganzen war Eihei-ji aber nicht viel mehr als eine ziemlich durchschnittliche japanische Touristenattraktion – aber wow, es gibt ’n paar echt große Bäume dort.
    Der Hügel, der hoch zum Tempel führte, war von billigen Souvenir-Shops gesäumt, die einfach alles feilboten: angefangen bei Plastik-Buddhastatuen bis hin zum unentbehrlichen Ultraman- Spielzeug für Kinder.
    Wenn du 700 Yen in den Automaten vor dem Tempel steckst, bekommst du ein Ticket, das dir erlaubt, einen abgesperrten Teil des Gebäudes zu begehen. Ich sah übrigens niemanden, der dort Zazen machte. Ich sah niemanden irgendwas Besonderes tun, außer herumzulaufen, auf Sachen zu zeigen und Fotos zu schießen. Das waren auch schon so ziemlich alle meine historischen Erkundungen über den Buddhismus.
    Allerdings übte ich immer noch, wie seit meinem Beginn damit bei Tim, jeden Tag zu Hause Zazen, wenn auch für gewöhnlich nur die zwanzig Alibi-Minuten zur Ehrenrettung vorm Schlafengehen. In meinem ersten Jahr in Japan bin ich zu drei Tempeln gegangen, um dort Zazen zu praktizieren. Das war jedes Mal in Form einer dieser
„Zen-Schnupperkurse“
abgelaufen, die in der Regel von Ausländern organisiert wurden, ohne dass sich die Tempel selbst dort großartig einbrachten. In einem Fall zeigte uns ein Mönch einfach, wo das Zendo war, und verschwand dann. Als wir mit dem Zazen fertig waren, suchten wir uns selbst den Weg nach draußen. Soweit ich das feststellen konnte, waren die Mönche da schon alle nach Hause gegangen.
    Ein anderer dieser Ausflüge war ein Aufenthalt mit Übernachtung, den einige der anderen JET-Teilnehmer organisiert hatten, und fand in einem alten ländlichen Tempel hoch oben auf einem Berg in einem entlegenen Teil der Gifu-Präfektur statt. Doch abgesehen vom Kochen und Servieren unserer Mahlzeiten waren die Tempelmönche auch hier völlig unbeteiligt.
    Doch nun, wo ich in Tokio war und beschönigend gesagt einen „freien sozialen Terminkalender“ hatte – obwohl es genauer wäre, es das „ernste Problem eines vereinsamten Verlierers“ zu nennen – dachte ich, dass es an der Zeit sei, mich wieder mit Zen zu beschäftigen. Ich stolperte über eine Kleinanzeige in der kostenlosen englischen Lokalzeitung für eine Zen-Gruppe in

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