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Titel: Hardware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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von oben heruntergefächelt wird, tief in sich hinein.
     "Cowboy, hör zu!" Weißes Rauschen gischtet wie die Brandung von Oahu. "Ich erinnere mich, wie wir einmal gepokert haben. In diesem kleinen Tarnschuppen, den Saavedra an der Grenze nach Dakota eingerichtet hatte. Du warst mit dem _Express_ gerade von einer Tour zurück und hattest beschlossen, dazubleiben und später in der Nacht bei meiner Bodenmannschaft mitzumachen. Wir beide waren da, Saavedra ist für ein paar Runden vorbeigekommen, und da war noch ein Jock. Begay, der große Navajo. Der von seinem Bruder bei diesem Unfall umgebracht worden ist. Er hat uns unser ganzes Geld abgeknöpft und uns allen Zigarren gegeben. Weißt du noch?"
     Der Kellner steht mit einem Bier in der Hand vor der Kabine. Cowboy hat keine Kraft mehr. Er lehnt nur noch an dem transparenten Kunststoff. Ein Schluchzen versucht sich in seiner Kehle nach oben zu kämpfen. "Jesus, Reno. Mein Gott. Du bist es. Du bist es!"
     Er würde weinen, wenn er könnte. Saavedra und Begay sind beide tot, "und es gibt sonst niemand, der Tempel von diesem Pokerspiel erzählt haben könnte. Reno ist irgendwo im Kristall eingeschlossen, seine Überreste sind ein elektronisches Gespenst, das in einer Endlosschlaufe zwischen zwei Welten gefangen ist und mit Lichtgeschwindigkeit nirgendwohin rast. Cowboy schlägt mit dem Hinterkopf gegen die Kabine, sucht die Klarheit des Schmerzes. Der Kellner sieht ihn mißbilligend an - ein Steckerkopf-Junkie, der in seiner sauberen Palmenbar durchdreht.
     "Hör zu, Reno, wir holen dich da raus." Cowboy hat den Geschmack von Blut im Mund. Er wischt sich die Stirn mit dem Armrücken ab. "Der Dodger und ich. Wir werden einen Körper für dich finden."
     "Ich hab' nicht soviel Geld, Cowboy. An die meisten meiner Konten komme ich ran, aber das Geld reicht auch nicht annähernd."
     Cowboy lacht. In der kleinen Kabine klingt das höllisch laut, und das Echo kommt blechern und mit einem Unterton von Hysterie zurück. Er möchte gern weiterlachen, schafft es jedoch, sich zu beherrschen.
     "Zum Teufel, Bruder, du bist doch schon halbwegs da." Er merkt, daß er schreit, und senkt die Stimme. "Du bist schon draußen aus deinem Körper und im Kristallmedium. Wir müssen nur noch den letzten Teil bezahlen. Jede Wette, daß wir einen Riesenrabatt kriegen."
     Er läßt die Tür aufschwingen und nimmt dem überraschten Kellner das Bier ab. "Auch ein paar Snacks", sagt er. "Nachos, wenn Sie die haben. Erdnüsse tun's aber auch."
     "Cowboy... Cowboy." Renos Stimme geht immer wieder im weißen Rauschen unter.
     "Ja, Reno. Ich bin noch da."
     "Danke, Cowboy. Vielen Dank. Alle, die ich angerufen habe, waren tot oder hielten sich versteckt. Es ist, als hätte ich sie getötet oder vertrieben."
     "Reno, ich bin da." Er atmet tief durch. Die kleine Kabine riecht nach Bier. "Ich bin da." Cowboy versucht, seine Stimme tröstend klingen zu lassen. "Ich bin ja da", sagt er.
     Aber wo bist _du_? denkt er. Ein verirrtes Programm, das Computerzeit stiehlt, wo er sie findet, und sich vor dem System versteckt, das ihn töten wird, ohne zu wissen, was er ist. Immer auf der Flucht, wobei er bei fruchtlosen Übertragungen kleine Stückchen von sich verliert, bis fast nichts mehr übrig ist, nur ein Geisterwind, der das Interface mit seinem Elektronenhauch streift.
     "Ich werde mich um dich kümmern", sagt Cowboy. Und denkt an das kleine Mädchen, das unter Roons Hand zitterte, an die beiden Kids in der Scheune in Missouri, an all die Bürden, vor denen er sich gedrückt hat, und wie wenig er für sie alle getan hat...
     "Ich denke mir was aus", verspricht er und sieht in einem Teil seines Geistes ein monochromes Bild von sich und Reno, Raul und Lupe sowie von Sarah, die aussieht, als hätte von Sternberg sie ausgeleuchtet, und die eine gewisse Ähnlichkeit mit Louise Brooks hat, allesamt im unwahrscheinlich großen Cockpit einer Delta vor einem Hintergrund grauer Wasserfarbenwolken dahinfliegend, die von Sonnenstrahlen wie von leuchtenden Schwertern durchstoßen werden, ein Silbernitrat-Happy End, das auf dem Bildschirm von Cowboys geschlossenen Augen aufscheint, und er hat das Gefühl, daß er es irgendwie schaffen kann, bloß einen Schalter umzulegen braucht, und schon wird alles gut werden - wenn er bloß wüßte, welchen Schalter und wann.
     Ein Klopfen ertönt an der Kabinentür. Es ist der Kellner mit Erdnüssen. Cowboy blickt zu ihm hoch, zu dem schmalen, mißbilligenden Gesicht mit

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