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Titel: Hardware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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des Telefons. "Reno", sagt er. "Reno, wo bist du?"
     "Ich bin in öffentlich zugänglichem Kristall, Cowboy. In Pittsburgh, in Maryland... Ich bin im ganzen Land verteilt. In Bibliotheken, in Dateien mit niedrigster Sicherheitsstufe, in ungenutzten Telefonanschlüssen. In Banken, wo ich Konten eröffnet hatte und über die Paßworte verfügte." Die Stimme faselt weiter. Cowboy merkt, wie sich seine Nackenhaare sträuben. "Ich war über meinen Hauskristall und durch Speicherboxen im Interface. Ich hatte all diese Daten. Aber ich bin so weit verstreut, daß ich sie nicht sehr gut benutzen kann. Und ich habe so viel anderes verloren." Renos Stimme ist das Wimmern eines Kindes. Cowboy denkt an Lupe, an den Schrei, der ihr bei der Berührung von Roons Hand im Hals steckengeblieben war.
     "Cowboy", sagt Reno, "ich hab' vieles vergessen. Ich hab' vergessen, wie man ein Mensch ist. Ich weiß noch, wie es weggekocht ist. Mein Kopf ist im Feuer gekocht worden. Hilf mir, Cowboy!"
     Cowboy kann Reno da draußen fühlen, gleich auf der anderen Seite der Buchse, wie er versucht, sich aus dem Kristall zu ergießen und wieder ein Mensch zu werden. Cowboy ballt die Hand zur Faust und schlägt gegen die Glaswand der Kabine. Gäste in der Bar schauen zu ihm hin und wenden den Blick dann ab. "Hör zu", sagt er, "wir können dich rausholen. Dich in einen Körper stecken. Sie führen jeden Tag Kristallübertragungen durch."
     "Ich glaube nicht, daß genug von mir übrig ist. Ich verliere dauernd weitere Stücke. Bei Übertragungen gehen kleine Datenmengen verloren. Manchmal finden mich Leute in ihrem Kristall und löschen Teile von mir, bevor ich fliehen kann." Wo immer Reno sein mag, es klingt, als ob er weint. "Warum hast du nicht früher angerufen? Du bist einer der wenigen Leute, an die ich mich erinnern kann. Ich hab' alles mögliche versucht, um dich zu fassen zu bekommen. Ich hab' dich anzurufen versucht und bin deinen Kontobewegungen gefolgt. Ich denke, einmal hatte ich dich, in einer Bibliotheksmatrix in New Mexico, aber du bist aus dem Interface gegangen. Jeder hat abgeschaltet."
     "Ein Krieg ist im Gang, Reno. Du bist getötet worden. Alle anderen halten sich versteckt."
     "Krieg? Mit _wem_? Wer hat mich getötet, Cowboy?"
     Es klopft an der Tür der Kabine. Cowboy starrt nach oben und sieht einen der Kellner, einen hochgewachsenen Südamerikaner mit kalten Augen und geschürzten Lippen.
     "Eine Unterbrechung hier. Entschuldige." Cowboy macht die Tür auf.
     "Wer hat mich getötet, Cowboy?" Die Stimme ertönt in Cowboys Hörkristall. Sie klingt allmählich verzerrt, als würde Reno die Kontrolle über die Impulse verlieren, die seine Stimme in Cowboys Kopf erzeugen.
     "Dieses Telefon steht ausschließlich unseren Gästen zur Verfügung, Sir", sagt der Kellner.
     "Dann bringen Sie mir was zu trinken. Ein Bier. Irgendeinen Schnaps." Cowboy knallt die Tür zu.
     "Cowboy?" Renos Stimme ist unter einer unkontrollierten Fluktuation von weißem Rauschen fast nicht mehr zu hören. Die Lautstärke läßt Cowboy zusammenzucken. "Wie bin ich gestorben?" "Tempel hat dich getötet. Interessengemeinschaft Tempel Pharmaceuticals. Die und ihre Freunde."
     "Tempel... Tempel." Renos Stimme wird wieder klar, als ob das Begreifen sein Interface-Problem irgendwie bereinigt hätte. "Ich hab' noch eine Menge Einzelheiten über Tempel - sie sind über das Interface in meine Speicherbox gegangen, als ich gestorben bin. Und ich hab' mich über dieses Tempel-Modell an dich gewandt, das du hattest, und jetzt ist das Modell in meinem Gedächtnisspeicher. Als du bei mir im Haus warst, haben wir da über Tempel gesprochen, Cowboy? Ich weiß noch, daß wir uns über irgendwas unterhalten haben."
     "Ja. Wir haben uns über Tempel unterhalten. Und über den Krieg."
     "Das ist alles so lange her. Ich messe die Zeit jetzt in Picosekunden."
     Cowboy denkt wieder an die harten Burschen in ihren gepanzerten Wagen, ihre Gesichter kalte Flächen, ihre Augen Eis, Metall in ihren Händen. "Reno", sagt er, "ich muß wissen, ob du echt bist. Du könntest eine Falle sein."
     "Cowboy. _Ich bin echt. Hilf mir_!"
     "Erzähl mir etwas, wovon nur wir beide wissen. Erzähl mir irgendwas, Reno!"
     "Cowboy!" Renos leiser Aufschrei wird von weißem Rauschen überflutet. "Ich weiß nichts. Ich hab' so viel vergessen."
     Der Kellner kommt mit Cowboys Bier. Cowboys Knöchel sind weiß, als er den Rahmen der Telefonkabine umklammert. Er saugt die kühle Luft, die

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