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Hardware

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Titel: Hardware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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wo es sie abholen soll, und geht durch eine der Hintertüren hinaus; diese führt von der Cafeteria nach draußen. Ihre Nerven prickeln, als sie in die Nähe der Laderampe kommt, wo das Essen angeliefert wird. Ihre Augen zucken nach links und rechts und halten nach Gesichtern Ausschau, die sie vorher noch nicht gesehen hat. Sie zieht den Reißverschluß an ihrer gepanzerten Jacke zu und klappt den Kragen hoch. Es sieht merkwürdig aus; die Arbeiter in der Cafeteria haben dieses Benehmen schon gesehen, aber sie verstehen es immer noch nicht. Sie ignoriert ihre Blicke, schaut nach links und rechts und stemmt ihr Gewicht gegen die Metalltür.
     Die Hitze raubt ihr fast den Atem. Augenblicklich, so scheint es, ist ihr Körper schweißgebadet. Sarah drückt sich an einem geparkten Wagen vorbei zu einer Gasse, sieht keinen Menschen und geht rasch über den kochend heißen Beton. Das Krankenhaus ist riesig und hat eine Menge Ausgänge; Cunninghams Leute können nicht alle überwachen.
     In der Gasse stinkt es nach Müll, Urin und Jasminparfüm. Sie bleibt einen Moment lang abwartend stehen, ihre Augen suchen die blanken Fenster oben nach einer Bewegung, nach der alles abkürzenden Kugel ab... Das Taxi kommt innerhalb von einer Minute, und sie wirft sich beinahe hinein. Sie fühlt sich hier sicherer, obwohl sie weiß, daß es eine Illusion ist. Letztesmal haben sie eine _Rakete_ benutzt; die schwachen Türen eines Taxis werden ihre Hardware nicht aufhalten, wenn sie wirklich herein wollen. Sie sollte nicht einmal den Reißverschluß ihrer Jacke aufmachen, aber sie tut es doch.
     Sarah wirft einen Blick über die Schulter, als das Taxi rasch losfährt, und sieht durch die aufsteigenden Hitzewellen eilige Bewegungen; ein alter, scheckiger Mercury, dessen hauptsächliche Farbe die graue Grundierung ist, fährt schwungvoll vom Randstein weg, bevor die Tür auf der Beifahrerseite noch ganz zu ist...
     Jetzt weiß sie Bescheid.
     Sie wird gejagt. Jetzt, in diesem Moment, nicht in irgendeiner unbestimmten Zukunft. Und zu Sarahs Überraschung ist ihr erstes Gefühl Erleichterung. Der Knoten der Anspannung im Genick löst sich; ihre Muskeln scheinen sich zu lockern und sich geschmeidiger zu bewegen. Das Warten ist vorbei; sie kennt die Situation und wird handlungsfähig sein.
     Aber vielleicht ist sie voreilig. Zuerst muß sie sich vergewissern.
     "Hier links. Dann rechts." Der Fahrer wirft ihr im Spiegel einen Blick zu, folgt jedoch den Anweisungen. Der Mercury kommt hinterher. Jetzt, wo sie ihre Beute in Sichtweite haben, halten sie sich ein gutes Stück zurück. Sarah gräbt in ihrer Handtasche nach der Steuerung und schaltet ihren Polizeifunk-Abtaster ein. Da sie jetzt nichts anderes zu hören braucht, gibt sie die Geräusche direkt in ihren Hörnerv ein. Jede Menge Funkverkehr, aber nichts, was so klingt, als käme es von dem Mercury. Sie geht die Kanäle der Reihe nach durch. Nichts.
     "Geradeaus." Sie ist ziemlich sicher, daß der Mercury allein ist, daß er keine weiteren Wagen zur Unterstützung hat. Sie hebt die Hand an die Kehle, wo ihr Freund lebt. _Wiesel, ich werde mich bald an dich wenden_.
     "Links." Der Fahrer sieht sie wieder im Spiegel an. Sie fahren geradewegs nach Venice.
     Jede Küstenstadt hat ihr Venice, den tiefgelegenen Stadtteil, der zum Eindeichen zu groß war, als die See zu steigen begann. Nur New York hat versucht, den Atlantik mit seinem riesigen umlaufenden Wall in Schach zu halten, aber die Deiche brachen im Steinbrocken-Krieg, und jetzt ist Manhattan das größte Venice von allen: Eine ganze Hälfte der Insel wird während der Springfluten von grauem Wasser überschwemmt, die siedenden weißen Schaumkronen steigen in die leeren Straßen, strudeln zwischen die geborstenen Ruinen und greifen nach den Knöcheln der Menschen, die immer noch dort leben, Zeugen für die langsame Erosion der größten Stadt der Legende und ihre Rückeroberung durch die See...
     Aber in der Bucht von Tampa gibt es keine starke Flut; das Wasser steigt höchstens einen halben Meter, und das hiesige Venice ist stabiler. Die ruhige Bucht begnügt sich damit, nur ganz allmählich an der Stadt zu nagen und sich die größten Bissen für die Sommerstürme aufzuheben. Als das Wasser stieg, wurde der Hafen ausgebaggert und tiefer gemacht, aber die Wohn- und Geschäftsviertel ließ man untergehen, und die teuren Grundstücke direkt am Strand wurden bei jeder Flut ein paar Millimeter kleiner. Von der See kommt eine

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