Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hardware

Hardware

Titel: Hardware Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
Vom Netzwerk:
Reichweite des Schlägers hinein. Sie riecht den Fliederduft der Pomade im Haar des Jungen, als ihre Fingernägel zu seinen Augen fahren.
     Er läßt den Schläger fallen, was ihr nur recht ist, und packt ihre Handgelenke, drückt sie nach unten, zieht ihr die Arme auseinander und hält sie wie gekreuzigt für das Messer von hinten fest. Seine Tätowierungen wölben sich, als er es mit ihrer Kraft aufnimmt. Sie versucht ihm das Knie in den Unterleib zu rammen, aber er dreht die Hüfte und fängt den Tritt mit dem Oberschenkel ab. Jetzt liegt ein Grinsen auf seinem Gesicht, teilweise von der Anspannung des Kampfes, aber Sarah kann erkennen, daß es ihm gefällt, eine Frau da zu haben, wo er sie haben will, hilflos, mit gespreizten Armen direkt vor sich.
     Sie stößt ihm Wiesel durch das linke Auge, und das Grinsen wird zu einem blubbernden Schrei. Er geht zu Boden, ein Bündel unkontrollierter Bewegungen, und Blut quillt in die zerstörte Augenhöhle. Vielleicht hat Wiesel einen Teil des Vorderhirns geschrammt. Sarah saugt Wiesel bereits wieder ein, um erneut zuzuschlagen, und wirbelt gerade rechtzeitig herum, um einen Tritt und einen Schlag von dem Messerjungen abzublocken, aber ein weiterer Schlag trifft sie an der Brust, und sie spürt, wie der Schmerz knisternd durch ihre allzu effizienten Nerven schießt.
     Er ist aufgerüstet, das erkennt Sarah sofort. Die Reflexe eines zweiten _Dan_ oder so sind in einem Kristall in seinem Kleinhirn implantiert, eine Aufrüstung, um seine Schnelligkeit zu steigern. Aber die Reflexe eines einsfünfundfünfzig großen Koreaners lassen sich nicht ohne weiteres auf einen einsachtzig großen Abendländer übertragen, jedenfalls nicht ohne eine Menge Training, und diese Art von Disziplin ist den meisten Straßenjungs fremd, die Sarah je kennengelernt hat... Sarah hat ihre eigenen Reflexe mit denen ihrer Chips verwoben, hat die aufgerüsteten Reflexe zu ihren eigenen gemacht und deren Struktur mit Wiesel vervollständigt.
     Sie kämpfen erbittert und auf engem Raum, und das Blut aus dem Schnitt in seiner Wange bespritzt sie, während sie aufeinander einschlagen, sich packen und zusammenstoßen. Wiesel hinterläßt blutige Streifen auf seinen Unterarmen, als er seine Stöße abzufangen versucht. Sie kommt dicht heran und rammt ihm die Stirn ins Gesicht, und dann steht sie über seinem bewußtlosen Körper, ringt nach Atem und lauscht auf die jähe, lärmende Stille.
     Sterne funkeln an den Rändern ihres Sichtfelds. Der Schmerz, den ihre Angst unterdrückt hat, nimmt jetzt Rache. Sarah massiert sich Brust und Rippen, atmet schwer und lehnt sich einen glücklichen Moment lang an die schimmelige Wand. Sie findet das Messer und den Baseballschläger... und fragt sich einen Augenblick lang, was für eine Botschaft sie hinterlassen will. Das sind offensichtlich nicht Cunninghams Leute, sondern nur ein paar Straßenjungs, die hinter einer Belohnung her sind und denen nicht ganz klar ist, in was für einer Liga sie da zu spielen versuchen. Obwohl sie bösartig und dumm sind, kann Sarah sich doch nicht überwinden, hier auf dem verfallenen Flur zwei Leichen zurückzulassen, aber es könnte dennoch klug sein, ein Exempel für andere Straßenjungs zu statuieren, die vielleicht in Erwägung ziehen, dasselbe zu probieren. Ein paar sehr deutlich sichtbare Denkzettel in Form von Gipsverbänden könnten Wunder wirken.
     Der Pompadour hat sowieso schon einen Teil seines Gehirns verloren, deshalb gibt Sarah sich damit zufrieden, ihm mit dem Baseballschläger den linken Arm zu brechen. Der Messerjunge wird mit zwei zertrümmerten Schlüsselbeinen aufwachen. Sarah wirft den Baseballschläger durch eine Wohnungstür, holt ihre Handtasche und verschwindet mit den Schlüsseln für den Mercury.
     Als sie den Damm erklimmt, pochen ihre Rippen schon bei jedem Schritt. Der Sitz des Mercury ist mit silbernem Klebeband geflickt und verbrennt ihre Schenkel mit seiner glühenden Hitze. Am Rückspiegel hängt ein Plastikjesus. Sie muß den Sitz zurückschieben, damit ihre langen Beine Platz haben.
     Sie läßt den Motor an und braust über den Damm nach St. Petersburg, vorbei an den ausgeweideten Hüllen von Venice. Die Meeresbrise weht durch das Fenster herein und kühlt sie ab. Sie spürt, wie der Treibsatz nachläßt; ihre Nerven machen schlapp, und die Adrenalinwoge verharrt noch einmal zitternd, bevor sie bricht. Deshalb holt sie den Inhalator aus ihrer Handtasche und verpaßt sich noch eine Dosis, die

Weitere Kostenlose Bücher