Harka der Sohn des Haeuptlings
Pferderücken. Die Lücken, die der Tod der vier Krieger gerissen hatte, würden erst in einigen Jahren wieder aufgefüllt werden können.
Viele der Männer und Burschen schwärmten wieder als Späher umher, denn es war ungewiß, was der besiegte Trupp der Pani unternehmen würde. Vielleicht sandten sie Boten in ihr südlicher gelegenes Stammgebiet, um weitere Zeltdörfer zu Hilfe, Rache und Abwehr aufzurufen. Die Kundschafter der Bärenbande waren zugleich als Kriegsund als Jagdspäher unterwegs. Denn so nötig die Abwehr der Pani war, so dringend und immer dringender wurde die Jagdbeute für die hungernden Mägen. Die Wandernden waren von einer doppelten Unruhe befallen, die aber niemand laut werden ließ.
Der Wind strich wieder über die Gräser, die sich unter seiner Gewalt neigten. Fern im Westen wurde das Felsengebirge deutlicher sichtbar. Als die Bärenbande am dritten Tag wieder an einen Bach gelangte, war er breiter, tiefer und reißender als alle Gewässer, die sie bis jetzt auf ihrer Wanderung gefunden hatten. Die Gipfel des Felsengebirges, die das grasbewachsene Hochland im Westen abriegelten, trugen noch ihre schimmernden Schneekronen, dennoch mußte der Schnee auch in den hohen und höchsten Lagen schon abzuschmelzen beginnen.
Harka betrachtete das stark strömende, mächtige Wasser, das jetzt im Frühling den Talboden ausfüllte und an den Uferhöhen leckte. Es war gelb und undurchsichtig, und es rauschte laut, wo sich ein mitgeschleifter Baumstamm am Uferhang verfing und sich den Wellen entgegenstemmte.
Der Wanderzug sollte diesen zum Fluß angeschwollenen Bach durchqueren, aber das war nur an einer Furt möglich. Hawandschita, der Alte, der in seinem langen Leben viele Prärien, Wälder und Gewässer kennnengelernt hatte, schien nicht im Zweifel zu sein, wo er den Übergang zu suchen hatte. Er führte die Bärenbande und ihre Zelte flußaufwärts. Nach zwei Stunden war die Furt gefunden. Die begleitenden Bodenwellen traten hier auseinander, so daß der Fluß fast doppelt so breit und entsprechend leichter fließen konnte, und einige Sandbänke ragten aus dem Wasser hervor.
Mattotaupa stieg ab, winkte Harka heran und gab ihm sein Pferd zum Halten. Er selbst machte sich, den Speer in der Hand, mit Hawandschita zusammen zu Fuß auf den Weg durch den Fluß. Die Männer hielten es nicht für nötig, dabei die Kleidung abzulegen. Wurde die lederne Hose im Wasser bis über die Knie naß, so wurde sie in der Luft auch wieder trocken, und die Indianer verstanden das Leder so zu gerben, daß es nicht hart wurde.
Vor jedem Schritt, den die beiden Anführer durch das Wasser machten, setzten sie ihren Speer voraus und prüften damit Tiefe und Gewalt des angeschwollenen Flusses. Als sie ihn durchquert hatten, besprachen sie sich am anderen Ufer. Dann kehrten sie durch die Furt zurück und gaben allen den Befehl, den Fluß hier zu durchschreiten. Die zwischen den Fichtenstangen gespannten Lederdecken, die den Pferden anhingen, waren so hoch befestigt, daß sie bei kniehohem Wasser nicht naß wurden.
Vorsichtig und aufmerksam lenkten die Frauen die Lasttiere geradewegs durch die Furt, während die Jungen ihren Pferden erlaubten, sich im Wasser ein wenig zu tummeln und zu erfrischen.
Als die Letzten des Wanderzugs am Südufer des NorthPlatte angekommen waren, machten die Männer an der Spitze halt, und sofort stoppten alle Reiter. Es wurde die Weisung durchgegeben, hier am Flußufer schon das Lager für die kommende Nacht aufzuschlagen. Da die Sonne noch am Himmel schien, war das erstaunlich, und die Anordnung mußte einen besonderen Grund haben. Doch hatte niemand einen Warnruf der Späher vernommen, und Harka, der sich etwa in der Mitte des Zuges befand, hatte keine Kundschafter zurückkehren sehen. Es konnte aber sein, daß ihm in der welligen Landschaft am Südufer ein solcher Vorgang verborgen geblieben war.
Nun, es mußte sich noch zeigen, was den Häuptling zu seiner Entscheidung veranlaßt hatte. Alle gehorchten stillschweigend seinem Befehl. Es entstand kein Fragen und kein Drängen. Die Frauen suchten am Ufer günstige Zeltplätze und berücksichtigten beim Aufschlagen der Tipi, daß sich das Zelt des Häuptlings und das Hawandschitas in zentraler Lage befinden sollten.
Harka rief die Mitglieder des Bundes der Jungen Hunde zusammen und führte sie zur Furt, wo die Jungen ohne Gefahr baden konnten. Das Wasser war allerdings bitter kalt und das Vergnügen dadurch geschmälert, denn da alle hungrig
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