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Harlekins Mond

Harlekins Mond

Titel: Harlekins Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Cooper Larry Niven
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sitzen und wartete auf Gabriel. Bestimmt würde er kommen. Ohne ihr Armbandgerät konnte sie nicht einmal feststellen, wie spät es war. Die Bibliothek reagierte nicht auf ihre Anfragen.
    Sie wartete. Kyu oder Gabriel erschienen immer kurz nachdem sie wach wurde. Über das Warum hatte sie nie nachgedacht; es war nun einmal einfach so. Diesmal jedoch blieb der Türdurchgang leer. Ihr wurde klar, dass sie nicht einmal wusste, ob Kyu überhaupt warm war. Nach dem wenigen, was sie wusste, bestand ebenso gut die Möglichkeit, dass Gabriel und das medizinische Personal die einzigen wachen Menschen an Bord waren.
    Es würden Leute im Garten sein – irgendjemand musste schließlich dort sein, oder nicht?
    Sie öffnete die Tür auf und schaute den leeren Korridor entlang. Sie kehrte zu ihrem Bett zurück und setzte sich, dann stand sie erneut auf und lief im Raum auf und ab. Sie trank Wasser aus ihrer Badezimmerecke, doch ihr Bauch verlangte mit schmerzhaftem Ziehen nach etwas Essbarem. Sie ging erneut zur Tür, und diesmal machte sie sich auf den Weg den Korridor hinunter. Keine Alarmsirenen erschollen; niemand kam, um sie zurückzubringen.
    Hatte überhaupt jemand die Absicht?
    Rachel begab sich auf ihrem gewohnten Weg zum Garten. Sie zögerte, hielt den Atem an und trat ein.
    Der Garten blühte und tanzte vor ihr, erfüllt von Leben und Bewegung. Rachel schwankte, und ihr wurde erneut ein wenig schwindlig, als sie sich umschaute. Räte bewegten sich umher, beinahe wie an ihrem ersten Tag, die meisten in einiger Entfernung von ihr; manche flogen, andere gingen die Wege entlang oder waren mit der Pflege von Pflanzen beschäftigt. Kyu hatte sie zuvor verschiedentlich nur bis zum Eingang gebracht. Vielleicht würde es niemandem auffallen, dass sie allein hergekommen war.
    Die hängenden Körbe in der Nähe des Eingangs waren kleiner als jene, die sie in Erinnerung hatte, und quollen über vor Stiefmütterchen und Geranien anstelle von Fuchsien. Die Kräuterkästen, die im Niedergravitationsbereich in der Nähe des Baumstamms gestanden hatten, waren fort; an ihrer Stelle befand sich etwas, das aussah wie die Wiesen in Aldrin. Rachel fühlte sich federleicht, wie losgelöst von dem Schiff und dem Garten und dem Rat. Langsam folgte sie dem Weg zur Cafeteria und nahm die Veränderungen eine nach der anderen in sich auf.
    Drinnen saßen Gabriel und der Captain zusammen an einem Tisch. Gabriels Stimme klang zornig; der Captain sprach langsam und ruhig, aber beharrlich. Rachel fing die Worte »Liren« und »missgestimmt« auf, bevor Gabriel sie sah und ihr zurief: »Guten Morgen, Rachel.« Am anderen Ende des Raumes saßen drei Leute beisammen. Als Gabriel Rachels Namen rief, schauten sie herüber, und ihre Unterhaltung verstummte.
    Rachel schluckte, nickte ihnen zu, ging geradewegs zum Büffet, um sich einen Teller zu holen, und füllte ihn bedachtsam mit Trauben, einer Orange, imitiertem Schinken und Brot, bevor sie sich neben Gabriel setzte. Sie schälte die Orange sorgfältig und versuchte dabei auszusehen, als sei sie nicht halbverhungert. Die Orange duftete aromatischer und schmeckte süßer als jene in ihrer Erinnerung. Jedes Geräusch kam ihr überdeutlich zu Bewusstsein; das Schaben eines Stuhls auf dem Boden als sich jemand setzte; die Gabel des Captains auf seinem Teller …
    Alle beobachteten sie.
    Sie dachte daran, wie nahe Gabriel ihr am Abend zuvor gewesen war und wie sich seine Umarmung angefühlt hatte.
    Rachel aß rasch und fühlte sich stärker, nachdem sie sich den Magen mit Brot und Obst gefüllt hatte. Sie wollte nicht mit Gabriel reden, solange der Captain dabei war. Gabriel hatte gesagt, dass lange Kaltphasen den Räten nichts ausmachten, und der Captain war Mitglied des Hohen Rates. Sie war sauer auf den Captain, einfach dafür, dass er dem Hohen Rat angehörte, und auf Gabriel, weil er an diesem Morgen nicht zu ihr gekommen war.
    Als sie ihren Teller geleert hatte, schaute sie Gabriel an.
    Sein Gesicht war nahezu ausdruckslos. »Du siehst ausgeruhter aus«, sagte er; seine Stimme klang flacher, als sie gehofft hatte.
    Natürlich, dachte sie, du hast mir ja auch mit der Medi-Zufuhr Schlafmittel verabreicht. Sie wollte Gabriel weitere Fragen nach Ursula und Harry stellen. Aus dem Blick, mit dem der Captain sie betrachtete, sprach Sympathie, vielleicht sogar Mitleid. Sie legte keinen Wert auf seine Anteilnahme.
    »Ich mache einen Spaziergang«, sagte sie.
    »Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier«,

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