Harold Shea 03 - Die Stählerne Festung
Krug Wasser und eine leere Schüssel. Als Medoro seine Hände über der Schüssel ausstreckte, übergoß der Diener sie mit Wasser und holte ein Handtuch heraus. Die Prozedur wiederholte er bei Shea, der froh war, ein wenig von dem Schmutz abspülen zu können.
Der zweite Mann trug ein Tablett, auf dem etwas stand, das wie eine Flanellwaffel aussah, daneben ein Schälchen Salz. Medoro brach ein Stück von der Waffel ab, streute Salz darüber und hielt es vor Sheas Gesicht. Dieser griff danach, doch Medoro wich den Fingern geschickt aus und schob den Bissen noch näher heran. Shea schloß daraus, daß von ihm erwartet wurde, daß er den Mund öffnete. Als er das tat, steckte Medoro ihm das Stück hinein und blickte ihn erwartungsvoll an. Es schmeckte höllisch. Da von ihm offenbar noch mehr erwartet wurde, brach Shea seinerseits ein Stück von der Flanellwaffel ab, salzte sie und folgte Medoros Beispiel. Der Diener verschwand. Medoro nahm sein Sherbetgefäß und seufzte erfreut auf.
»Im Namen Allahs, des Allmächtigen, des Gnadenreichen«, sagte er, »wir haben Brot und Salz zusammen zu uns genommen und hegen keinen Groll gegeneinander. Über dieses Thema habe ich ein Gedicht geschrieben. Würde es dein Herz erfreuen, es zu hören?«
Das Gedicht war lang und ergab, soweit es Shea betraf, wenig Sinn. Medoro begleitete seinen Vortrag auf einer Laute mit einem Gänsehals, die er hinter den Wandteppichen hervorgeholt hatte. Den Refrain gestaltete er jedesmal zu einer Art Katzenmusik in Moll. Shea nippte an seinem Sherbet (der nichts anderes als frischer Orangensaft war) und wartete. In der Mitte eines Refrains drang von draußen lautes Stimmengewirr herein. Medoro warf die Laute beiseite, nahm einen der kleineren Teppiche und rannte hinaus; es war die Stunde des Nachmittaggebets.
Als er zurückkam, ließ er sich wieder auf den Teppichstapel niedersinken. »O Harr, ihr Frankenscheiche wißt nicht mehr vom Geiste des Lebens in Allah dessen Prophet der Wahre und Unzweifelhafte ist als ein Schwein über die Nüsse weiß, von denen es sich nährt. Doch jetzt sollst du. mir die reine Wahrheit sagen: bist du in der Tat ein erprobter Krieger?«
Shea dachte eine Weile darüber nach. »Wie, zum Teufel, soll ich das wissen?« begann er schließlich. »Ich habe hier und da ein bißchen gekämpft, wenn es nötig war, aber an einer regulären Schlacht, falls du das meinst, war ich nie beteiligt.«
»Gewiß. Bei Brot und Salz kann ich es nicht verhehlen: ich selbst bin nur wie ein Rohr im Sand. Nur meiner Verse wegen werde ich geliebt. Doch ich komme aus einer großen Familie, und die Tradition der Macht ist es, die die Geschicke lenkt.«
Er nahm die Laute zur Hand und schlug ein paar schmachtende Akkorde an. »Möge mir vergeben werden«, sagte er lustlos, »und möge es am Tag der Tage nicht übermäßig lange gegen mich aufgerechnet werden. Der Fürst Dardinell ordnete an, daß du bewaffnet wirst. Bist du einer jener Franken, die mit der Lanze zustechen?« Sein Blick belebte sich einige Sekunden lang. »Ich habe ein Gedicht über das Thema Blut geschrieben. Wäre es deiner Seele zum Labsal, es zu hören?«
»Später, vielleicht«, wehrte Shea ab. »Meinst du nicht, wir sollten uns erst mal um die Waffen kümmern? Lord Dardinell wird bei seinem Inspektionsrundgang vorbeikommen, und dann sollten wir schon so weit sein.«
»Ach, Allah, erlöse mich von dem Leben, dessen Gewicht mir beschwerlich ist!« sagte Medoro und warf anscheinend ohne Anstreneung die Laute durchs Zelt. Shea hörte sie an einem festen Gegenstand zersplittern. Nach einem Moment des Schweigens klatschte Medoro in die Hände und befahl einem dünnbärtigen Diener: »Hole meinen Waffenmeister!«
Der Waffenmeister war ein stämmiger, muskulöser Mann mit schwarzem, kurzgeschorenem Haar und schwarzen Augen. Shea schätzte, er könnte wie Echegaray ein Baske sein, aber er sprach wie ein Moslem. »Wird das Wunder des Jahrhunderts die Gnade haben, sich aufzustellen? Ha, hmm; ich habe eine Rüstung, die dem Licht des Ostens passen mag, aber wie wollt Ihr Euch bewaffnen? Ein Schild ... ha ... hmm. Zweifellos wünschen Eure Herrlichkeit auch einen Krummsäbel.«
»Wenn du ein kleines, gerades Schwert mit einer Spitze hast, wäre das großartig«, entgegnete Shea. Medoro schlief anscheinend schon, seine Lippen waren gespitzt.
»O Shaykh Harr«, sagte der Waffenmeister, »unter der Kriegsbeute von Canfrano mag sich eine solche Waffe befinden, aber es darf nicht
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