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Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11

Titel: Harper Connelly 01 - Grabesstimmen-neu-ok-10.12.11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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er den dicken Umschlag zutage, in dem sich immer noch das Geld befand.
    Er starrte
darauf, wurde erst rot und dann bleich. Nach einem kurzen Moment sah er uns in
die Augen. »Sie haben Harvey die Wahrheit gesagt«, meinte er. »Es tut mir
leid.«
    »Na bitte.
Das wäre also geklärt, nicht wahr?«
    Er nickte.
    »Na gut«,
sagte ich, drehte mich um und ging zurück in mein Zimmer. Tolliver blieb noch
eine Weile draußen und kam dann nach.
    Wir spielten
unsere Partie Scrabble zu Ende. Ich gewann.
    Später
fuhren wir in einen kleinen, höchstens acht Kilometer entfernten Ort, um dort
zu Abend zu essen. Tolliver schien keine große Lust darauf zu haben, sich noch
mal im Diner direkt neben dem Motel blicken zu lassen, und ich zog ihn auch
nicht mehr wegen der Kellnerin auf. Wir bestellten Steak, Kartoffelbrei und
Limabohnen in etwas, das aussah wie eine Kountry-Good-Eats- Filiale ,
wobei das Essen allerdings ausgezeichnet schmeckte. Das Ambiente war mir
vertraut: Resopaltische, ein alter Linoleumboden, zwei müde Kellnerinnen und
ein Mann hinter dem Tresen, der Manager. Der Eistee war ebenfalls gut.
    »Es ist uns
übrigens jemand gefolgt«, sagte Tolliver, als die Kellnerin unseren Tisch
abräumte und zur Küche ging. Er holte seinen Geldbeutel heraus, um unsere
Rechnung zu bezahlen.
    »Ein
Mädchen«, sagte ich. »In einem Honda.«
    »Ja. Ich
nehme an, sie ist auch Hilfssheriff. Sie sieht unglaublich jung aus. Vielleicht
hat man sie extra für uns zum Hilfssheriff gemacht.«
    »Sie friert
bestimmt da draußen in ihrem kleinen Honda.«
    »Nun, das
gehört zu ihrem Job.«
    Wir zahlten,
hinterließen ein Trinkgeld und brachen auf. Der bereits angekündigte Regen
prasselte auf uns herab, und Tolliver und ich rannten zum Auto. Er hatte es
bereits beim Verlassen des Restaurants entriegelt, und wir schlüpften so
schnell wie möglich hinein. Ich hasse es, nass zu werden. Ich hasse Unwetter.
Ich weigere mich zu telefonieren, wenn es heftig regnet.
    Aber
wenigstens donnerte es diesmal nicht.
    »Ich versteh
das nicht«, hatte Tolliver einmal genervt gesagt, als er mich telefonisch nicht
erreichen konnte. »Warum eigentlich? Das Schlimmste ist doch schon passiert. Du
wurdest bereits vom Blitz getroffen. Die Wahrscheinlichkeit, dass das ein
zweites Mal geschieht, geht gegen null.«
    »Und wie
groß war die Wahrscheinlichkeit beim ersten Mal?«, entgegnete ich, obwohl meine
wahren Gründe andere waren, als er vermutete.
    Wie fuhren
langsam, und der rote Honda blieb hinter uns. Die Straßen um Sarne sind schmal,
daneben geht es häufig steil bergab. Außerdem bestand stets Gefahr, dass ein
Reh die Fahrbahn überquerte.
    Als wir das
Motel erreichten, stritten wir kurz, ob wir anhalten und so das Mädchen wissen
lassen sollten, wo wir übernachteten (was sie ohnehin wüsste, wenn sie
Polizistin war), oder ob wir lieber weiterfahren sollten, bis sie es leid war,
uns zu verfolgen. Zur Polizei gehen wollten wir nicht, das. kam uns albern vor.
Schließlich hatte sie uns nicht bedroht und war uns bloß hinterhergefahren.
    Es war meine
volle Blase, die unser weiteres Vorgehen bestimmte. Wir parkten, ich sauste ins
Bad, und als ich wieder herauskam, berichtete mir Tolliver: »Sie überlegt
gerade, ob sie herüberkommen und an unsere Tür klopfen soll.« Er hatte sich
hinter dem Vorhang versteckt und bewusst kein Licht angemacht.
    Ich trat
neben ihn. Es war, als sehe man einer Pantomime zu. Das Auto des Mädchens wurde
durch die Parkplatzlaternen beleuchtet, so dass wir sie gut sehen konnten. Bei
einer polizeilichen Gegenüberstellung hätte ich sie mit Sicherheit
identifizieren können, obwohl ich ihre Gesichtszüge nicht klar erkennen konnte.
Sie hatte kurze braune Haare, etwas länger als ein Jungenshaarschnitt, was ihr
gut stand, da sie recht zierlich war. Sie war etwa siebzehn, vielleicht sogar
jünger, und besaß eine leicht vorstehende Unterlippe. Ihre Augen waren so stark
geschminkt, dass es für drei Frauen gereicht hätte; selbst aus einiger
Entfernung war das deutlich zu erkennen. Ihr kleines Gesicht hatte viel
Ähnlichkeit mit jenen Teenagern, die aus schwierigen Familien stammen. Das
Mädchen wirkte aufsässig, aber gleichzeitig verletzlich und auf der Hut.
Cameron hatte leider oft ganz genauso ausgesehen.
    »Und, was
wetten wir? Ich glaube, sie gibt bald auf und fährt wieder weg. Wir jagen ihr
viel zu viel Angst ein.« Tolliver legte seine Hand auf meine Schulter und
drückte sie.
    »Nein, sie
wird reinkommen«, sagte ich fest

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