Harper Connelly 03 - Ein eiskaltes Grab-neu-ok-14.12.11
Babybildern bis
hin zu dem Porzellanhahn auf einem Beistelltisch. Nita warf geschickt ein
Handtuch über den Stuhl an der Tür, auf dem sie sonst vermutlich ihre Schlüssel
und Jacken ablegten. Nachdem ich an mir heruntergesehen hatte, wusste ich, dass
keine andere Sitzgelegenheit für mich infrage kam.
»Sie bluten«,
sagte sie. »Ich hole einen Lappen und wasche sie ab. Ich weiß, die Sanitäter
können das besser, aber Sie wollen hier bestimmt nicht rumsitzen und alles
vollkleckern. Zumindest mir würde es so gehen.«
Wo sie recht
hatte, da hatte sie recht, auch wenn mir das im Moment herzlich egal war.
Sie kehrte nach
wenigen Minuten mit einem sauberen Lappen und einer weißen Emailleschüssel mit
warmem Wasser zurück und machte sich an die schwierige Aufgabe, mein Gesicht zu
säubern.
»Ted hält genügend
Abstand, machen Sie sich da keine Sorgen«, sagte sie seelenruhig, so als
schieße man am See jeden Tag auf Menschen. »Der kommt uns nicht davon.«
»Wann wird die
Polizei hier sein?«
»Jeden Moment. Ihr
Bruder hat Sie in der ganzen Stadt gesucht«, sagte Mrs Hamilton, und mir
wurde wieder warm ums Herz. »Er hat hier angerufen und uns gebeten, die Augen
offen zu halten, weil er Barney Simpsons Wagen am anderen Ende des Sees parken
sah. Wir waren also vorbereitet.«
»Hoffentlich hat
die Polizei Verständnis dafür«, sagte ich.
»Oh, bestimmt. Sheriff Rockwell
ist schwer in Ordnung. Sie ist eine ganz Nette.«
Da war ich mir
nicht ganz so sicher wie Nita, aber mir gegenüber musste Rockwell auch keine
Rechenschaft ablegen.
»Wieso bluten Sie
am Kopf?«, fragte Nita, als wollte sie sich davon überzeugen, dass ich geistig
noch ganz dicht war.
»Er hat mich an
den Haaren aus dem Auto gezogen«, sagte ich, und sie wirkte aufrichtig
schockiert. »Er hat meine genähte Kopfwunde wieder aufgerissen.«
»Wenn das Ted
wüsste, würde er gleich noch mal auf ihn schießen«, sagte sie. Ich musste
kichern, was meinen Körper schmerzhaft erzittern ließ.
Ich dachte, hätte ich es ihm doch nur gesagt, aber in diesem Moment hörten wir ein
merkwürdiges Geräusch. Ein lautes Stöhnen, direkt vor der Tür. Ted Hamilton.
Oh, verdammt!
In Windeseile
sprang Nita auf und schloss blitzschnell die Vordertür ab, gerade noch
rechtzeitig. Der Knauf drehte sich, und als die Tür nicht aufging, warf Barney
sich mit voller Wucht dagegen.
»Komm raus!«,
bellte er. »Komm da raus!«
»Ted ist
verletzt«, sagte Nita. »Dieser verfickte Hurensohn.«
Trotz der Umstände
war ich schockiert. Aber das war erst der Anfang. Nita öffnete einen Schrank
neben der Eingangstür, holte eine Flinte heraus und zielte auf die Tür. »Das
ist unser Gewehr gegen Einbrecher«, sagte sie, vielleicht weil ich sie so
anstarrte. »Wenn er hier reinkommt, ist er tot. Ich würde ihm ja gern meine
Wange hinhalten, aber Ihre bekommt er nicht.«
Barney warf sich
wieder gegen die Tür. Da ich immer noch wie eine Idiotin rechts daneben saß,
hörte ich das Klicken in der Dunkelheit. »Achtung«, schrie ich. »Los, zur Seite
Nita!«
Da schoss Barney
auch schon mit Teds Gewehr auf das Haus.
Die Hütte hatte
eine stabile Tür, aber die Kugel durchschlug sie, sauste quer durchs Wohnzimmer
und in die Küche dahinter. Nita war zur Seite gesprungen, und die Kugel hatte
sie um mehr als dreißig Zentimeter verfehlt. Trotzdem war es ein Schock. Ich
fürchtete kurz, Nita könnte umkippen, dass sie all ihr Mut verlassen hätte,
aber sie hob das Gewehr und schoss zurück. Wir hörten einen Schrei.
Nachdem wir uns
einen kurzen Moment angestarrt hatten, sagte Nita: »Ich muss nach meinem Mann
sehen.« Obwohl ich es wirklich für keine gute Idee hielt, die Tür zu öffnen,
rang ich mir ein »Ja, natürlich«, ab. Ich griff mit meiner rechten Hand nach
oben und machte die Tür auf. Ich drehte den Knauf so leise wie möglich, auch
wenn ich nicht wusste, warum ich jetzt noch leise sein wollte.
Die Tür ging auf,
und wir sahen Barney erneut blutend am Boden liegen. Ted Hamilton war am Rand
der Veranda zusammengebrochen, Blut lief aus seiner Schulter. Er war bei
Bewusstsein, aber gerade noch so. Nita sagte: »Oh«, und es klang so, als stünde
der Weltuntergang bevor.
Dann stieg sie
einfach über Barney hinweg, um zu ihrem Mann zu gelangen. Sie kniete sich neben
ihn. Als praktisch veranlagte Frau presste sie die Hände auf seine Schulter,
und ich konnte mich der Situation endlich entziehen, indem ich in Ohnmacht
fiel.
16
Als ich wieder
ansatzweise
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