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Harpyien-Träume

Titel: Harpyien-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
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und knebelte sie damit, so daß ihr Schrei verstummte. Schließlich hob er sie auf, immer noch im Netz gefangen, und trug sie davon.
    Zu spät begriff Gloha, wie töricht sie sich verhalten hatte. Sie war von ihren Gefährten fortspaziert und wie eine Närrin einer Spur aus Puffmais gefolgt, bis sie sich weit vom Lager entfernt hatte. Und nun war sie die Gefangene irgendeines brutalen Manns geworden und wußte nicht, wie es nun mit ihr enden würde.
    Der Mann stapfte derweil seinen eigenen Pfad entlang. Der führte zu einem schmutzigen Teich, auf dem sich eine düstere Insel befand, und auf der Insel stand eine verwitterte alte Burg. Der Mann stieg in ein nasses Boot, warf Gloha auf den Boden und ruderte zur Burg hinüber. Als er an der Insel angelangt war, nahm er Gloha wieder auf und trug sie zur nächsten dunklen Holztür der Burg. Er holte einen großen Metallschlüssel hervor, steckte ihn ins Schlüsselloch, drehte ihn herum und riß die Tür auf. Dann trat er ein, um wieder innezuhalten, die Tür zu schließen und hinter sich zu verriegeln. Nun trug er Gloha durch einen dunklen Gang in einen Mittelsaal. Gloha vernahm ein leises Wimmern. Dann sah sie, woher es kam: aus einer kleinen vergitterten Zelle, an der sie soeben vorbeikamen. In der Zelle befand sich eine Nymphe, die unnymphisch unglücklich wirkte. Kein Wunder – Nymphen liebten es schließlich, mit anderen Mitgliedern ihrer Art im Freien herumzutollen. Es mußte schrecklich für sie sein, in einer geschlossenen Zelle eingesperrt zu sein.
    Nun erst merkte Gloha, daß es unterwegs noch weitere Zellen gab; in allen waren Nymphen. Allmählich begriff sie, wohin all die Nymphen verschwunden waren. Vermutlich waren auch sie irgendwelchen Spuren aus buntem Puffmais gefolgt, um dann mit dem Netz eingefangen und hierher verschleppt zu werden – genau, wie es Gloha ergangen war.
    Der Mann legte sie vor einem Altar ab und entfernte das Netz. Sofort breitete Gloha die Flügel aus und schwang sich aus seiner Reichweite.
    »He, das darfst du aber nicht!« protestierte der Mann.
    »Erst entführst du mich gegen meinen Willen und verschleppst mich hierher, und jetzt sagst du, ich darf nicht von dir wegfliegen?« rief sie. »Du hast sie wohl nicht alle.«
    »Das spielt keine Rolle. Du sollst mich heiraten.«
    Gloha hatte gerade den jungfernhaften kleinen Mund aufgesperrt, um einen weiteren Protest von sich zu geben, doch seine letzten beiden Worte verhinderten das recht wirkungsvoll.
    »Dich heiraten?« quiekte sie.
    »Ja. Bringen wir es hinter uns. Stell dich vor den Altar und sag: ›Ich, soundso, nehme hiermit dich, Veleno, zu meinem rechtmäßigen Mann nach dem Gesetz der Notarrepublik.‹ Ich werde in etwa dasselbe sagen und dich zu meiner Frau nehmen. Und dann gehen wir ins Schlafzimmer, um die Ehe zu vollziehen.« Er musterte sie. »Du bist ein zwar bißchen klein, aber damit kann ich leben.«
    Schon wieder nahm er Glohas Erwiderung den Wind aus den Segeln. »Einfach… so?« war alles, was sie zustande brachte.
    »Es ist eben alles sehr gut durchorganisiert«, bestätigte er.
    »Ich verschwinde jetzt von hier«, sagte Gloha. Sie flog in den Gang hinaus zur Vordertür. Doch die war immer noch versperrt und viel zu massiv, als daß Gloha sie hätte öffnen können, selbst wenn sie nicht abgeschlossen gewesen wäre. In diesem Stockwerk schien es keine Fenster zu geben, während die Treppen durch weitere verriegelte Türen versperrt waren. Gloha war in der Burg gefangen.
    Sie betrachtete die Zellen im Gang. In den meisten davon befanden sich ziemlich niedergeschlagene Nymphen. Gloha war zu klug, um ihnen irgendwelche Fragen zu stellen; sie würden sich sowieso nicht mehr an ihre Entführung erinnern, ganz zu schweigen von der geographischen Lage der Burg. Immerhin machte Gloha sich damit ihr eigenes Bild, und was sie sah, war so unschön, daß sie es es kaum fassen konnte.
    Sie kehrte in den Hauptsaal zurück, weil es dort mehr Platz gab. »Du bist ja ein Nymphomane!« schrie sie Veleno an. »Du bist besessen von Nymphen!«
    »Natürlich«, stimmte er ihr zu. »Etwas anderes kann ich hier nun mal nicht auftreiben. Aber ich habe noch nie eine geflügelte Nymphe gesehen. Du bist auch kleiner als die anderen, und außerdem trägst du Kleider. Weshalb?«
    »Weil ich eben keine Nymphe bin«, versetzte sie. »Ich bin eine geflügelte Kreuzung zwischen Kobold und Harpyie. Ich habe Besseres zu tun, als den ganzen Tag nackt herumzulaufen, zu schreien, mit den Beinen zu

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