Harpyien-Träume
dieser Oger?«
»Krach. Ich glaube, er ist der Vater von Esk.«
»Ach, Esk! Den kenne ich. Esk Oger. Der hat Bria Messingmä d chen geheiratet. Sie haben drei Kinder.«
»Tatsächlich? Ich wußte nur von einem.«
»Ich glaube, der Storch hat ihnen zwei weitere gebracht. Zwilli n ge.«
»Wie merkwürdig. In letzter Zeit scheint es ziemlich viele Zwi l linge zu geben. Vielleicht hecken die Störche gerade etwas aus.«
»Vielleicht ist es eine Verschwörung«, meinte Gloha lächelnd. »Eine Erwachsenenverschwörung.«
»Das muß es sein«, stimmte ihre Tante zu.
Bevor sie ging, suchte Gloha Gwenny auf, ihre Base zweiten Grades, die mit ihren sechzehn Jahren schon eher wie eine richtige Base wirkte. Sie war zwar der Häuptling vom Koboldberg, aber vielleicht hatte sie trotzdem einen Augenblick Zeit für Gloha.
Gwenny war gerade in einer Besprechung, bei der sie einen Ve r trag mit den Naga aushandelte. Dafür kam ihr Gefährte, Che Ze n taur, zu Gloha heraus. Auch er war ein Flügelungeheuer, und er war mit Gloha befreundet. Sie umarmten sich. Er war nur acht Jahre alt, aber schon beträchtlich größer als Gloha, weil er einer viel größeren Gattung angehörte. Außerdem war er intelligenter, denn das war nun einmal die Natur der Zentauren.
»Ich werde Gwenny melden, daß du hier warst«, sagte er. »Ich weiß, daß sie dich gern empfangen hätte, aber dieser Vertrag ist sehr wichtig. Da kann sie die Besprechung nicht einfach abbr e chen. Die Kobolde und die Naga waren schon lange Zeit Feinde, jetzt sollen sie zu Freunden oder wenigstens Verbündeten werden. Da kommt es auf die Einzelheiten an. Prinz Naldo Naga ist auch dabei, obwohl er viel lieber mit seiner Gattin Mela Meerfrau Wa s serspielen huldigen würde. Daran siehst du, wie wichtig das alles ist.«
»Ja, natürlich.« Da war es schon wieder: verheiratete Leute, die ihren Spaß hatten. Mela hatte eine Tochter, die zwei Jahre älter war als Gloha, und doch hatte Mela keine Schwierigkeiten, ihr einen Mann zu besorgen. »Aber es ist auch nett, dich zu sehen.«
»Wie ich höre, suchst du den zweiten Sohn des Guten Magiers.«
»Ja. Aber ich weiß nicht, wer das ist. Kannst du es mir vielleicht sagen?«
»Nein. Aber ich bin sicher, daß die Muse der Geschichte es weiß.«
»Ich will aber nicht den Berg Parnaß bezwingen müssen, um sie aufzusuchen! Tante Goldi meint, daß Krach Oger vielleicht etwas wissen könnte.«
Che legte den Kopf schräg. »Das ist möglich. Im schlimmsten Fall weiß er gar nichts. Aber dann kannst du ja immer noch die Muse fragen.«
Gloha dankte ihm und ging davon. Alle waren sie unterschie d lichster Meinung, wen sie fragen sollte. Vielleicht wußte ja einer von ihnen tatsächlich die Antwort. Doch wenn sie den zweiten Sohn erst einmal gefunden hatte, würde ihre Suche überhaupt erst beginnen, denn der Gute Magier hatte schließlich nicht behauptet, daß sein zweiter Sohn die Antwort für sie hatte. Was für Ve r zwicktheiten wohl noch auf sie warteten? Gloha war wirklich nicht erbaut davon, wie beiläufig Humfrey ihre Frage abgetan hatte. Wen scherten da schon die vielen anderen, deren Antworten sich im nachhinein als richtig herausgestellt hatten? Sie selbst hatte ja nur einen blöden Querverweis.
Sie trat aus dem Berg und hob ab, bevor der Koboldwächter wieder irgendwelche schlauen Bemerkungen von sich geben kon n te. Allerdings konnte Gloha ihn nicht daran hindern, ihr noch mal unter den Rock zu lugen, bis sie außer Sichtweite war. Sie mußte sich wirklich sofort umziehen, sobald sie wieder zu Hause war. Doch zuerst würde sie den Oger aufsuchen, weil sein Heim im Urwald näher war als der Harpyienhort.
Gloha flog gen Süden und überquerte erneut die Spalte. Als sie eine dunkle Wolke erblickte, ging sie rasch tiefer, für den Fall, daß es Fracto war. Da erblickte sie auch schon das Haus des Ogers, das sich in einem verdrehten Eisenholzbaum befand, und landete.
Eine uralte Frau von etwa fünfzig empfing sie an der Tür. Es war Tandy, die Gattin des Ogers.
»Tut mir leid, Krach ist gerade unterwegs und sammelt Steine für unsere Steinsuppe«, berichtete Tandy. »Er ist ja ein halber Oger, wie du weißt, und ab und an gefällt es ihm, sein Ogerwesen ausz u leben. Vielleicht ist dir schon aufgefallen, daß die kleinen Drachen sich vorübergehend aus diesem Gebiet zurückgezogen haben. A ber vielleicht kann ich dir ja behilflich sein.«
»Ich suche den zweiten Sohn des Guten Magiers. Weißt du zufä l lig, wer das
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