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Harpyien-Träume

Titel: Harpyien-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
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ist?«
    »Nein, aber ich kenne jemanden, der ihn dir vielleicht zeigen kann. Mein Vater Crombie. Das ist nämlich sein Talent – auf alles zu zeigen.«
    Gloha überlegte. »Aber ist dein Vater nicht zu alt, wenn man b e denkt, wie alt du schon bist?«
    Tandy lächelte auf eine Weise, die Gloha merkwürdig an Tante Goldi erinnerte, die ja auch zu dieser Generation zählte. »Ururalt. Ich glaube, er hat neulich seinen einundneunzigsten Geburtstag gefeiert. Aber er war einmal eine wichtige Figur in Xanth, und alte Figuren sterben nie. Sie verblassen nur. Du mußt allerdings mit ihm reden, bevor er zu sehr verblaßt ist.«
    »Das leuchtet ein«, erwiderte Gloha. »Weißt du denn, wo er g e rade ist?«
    »O ja. Er lebt drunten in der Unterwelt mit meiner Mutter, der Nymphe Juwel.«
    »Die muß ja auch schrecklich alt sein.«
    »Ja und nein. Im Grunde sind Nymphen alterslos. Sie bleiben e wig jung und reizvoll, es sei denn, sie werden sterblich. Juwel ist sterblich geworden, als sie Crombie geheiratet hat und den Storch nach mir schickte. Wenn wir mal davon ausgehen, daß sie damals im scheinbaren Alter von zwanzig war, müßte sie jetzt… ein scheinbares Alter von siebzig haben. Ja, das kommt wahrscheinlich hin.«
    »Aber ich bin mir nicht sicher, daß ich mich in der Unterwelt z u rechtfinde«, sagte Gloha kleinlaut.
    »Leider bin ich selbst nur eine halbe Nymphe, aber ich bin i m mer noch rüstig genug, dich zum Haus meines Vaters zu führen. Einverstanden?«
    »Ach, das ist ja wunderbar!« rief Gloha in argloser Freude und klatschte in die kleinen Hände.
    »Als erstes müssen wir zum Ogersee«, sagte Tandy und schrieb irgend etwas auf. »Dort liegt der Eingang zur Unterwelt. Das ist zum Glück nicht weit von hier. Ich kann natürlich nicht fliegen, deshalb wird es länger dauern. Aber wir werden schon hinko m men.«
    Gloha hoffte inbrünstig, daß es nicht allzu lange dauern würde. Sie wollte lieber ans Ziel kommen, bevor die fünf Monate um w a ren, die sie benötigt hätte, um Humfreys andere Ehefrauen all e samt zu befragen. Aber das sagte sie natürlich nicht, weil es Tandy möglicherweise wütend und noch langsamer gemacht hätte.
    Tandy heftete die Notiz an einen Stuhl. Gloha sah, daß darauf stand: »KRACH… besuche die Eltern… bald zurück. TANDY.« Dann begab sich Tandy hinaus in ihren Küchengarten, wo sie eine Pflanze ausgrub.
    »Proviant für unterwegs?« fragte Gloha.
    »Nein. Das ist eine Leichtbirne, um meinen armen alten Körper leichter zu machen. Als ich jung war, bin ich auf einer Nachtmähre geritten. Aber das kann ich heute nicht mehr.« Tandy stopfte die Birne in eine Tasche, und tatsächlich wirkte sie plötzlich deutlich leichtfüßiger.
    »Ich nehme an, Schwerbirnen baust du nicht an«, sagte Gloha.
    »Doch. Aber die frißt Krach, wenn er sich ein bißchen leicht im Kopf fühlt. Sie verleihen seinen Gedanken die nötige Schwere.«
    Sie machten sich auf den Weg durch den Wald. Gloha sorgte sich, daß sie irgendwelchen Landungeheuern begegnen könnten, die sie auffressen wollten, bis sie auf dem Rücken von Tandys Hemd die Aufschrift OGER-EHEFRAU las. Das würde sie wah r scheinlich vor den allermeisten Lebewesen schützen. Wer hätte gern den Zorn eines Ogers auf sich geladen?
    Die Leichtbirne schien Tandy tatsächlich um einiges schneller zu machen. Sie sprang forsch dahin, während Gloha sie im Tiefflug begleitete. Sie folgten einem Weg, der von zu Brezeln verschnürten Schößlingen und von kräftigen Hieben aufgebrochenen Felsbr o cken gezeichnet war. Ganz offensichtlich ein Oger-Pfad.
    Plötzlich vernahmen sie etwas. Es war ein merkwürdig pla t schendes Geräusch, als würde jemand durch frischen Schlamm gehen. »Was ist das?« fragte Gloha beunruhigt.
    »Weiß ich selbst nicht so genau«, erwiderte Tandy. »Sehen wir mal nach.«
    Gloha hätte lieber das genaue Gegenteil vorgeschlagen, wollte sich aber nicht ängstlich zeigen und willigte ein. Sie eilten zu der Stelle, wo sie auf die Quelle des Geräusches treffen mußten. Es dauerte nur kurze Zeit, da hatte die voranfliegende Gloha Tandy abgehängt.
    Das Geräusch erwies sich als Schlammrutsch. Üppiger brauner Matsch wälzte sich durch den Wald. Das Problem bestand nur darin, daß es hier gar keinen Hang gab, den der Schlamm hätte hinabrutschen können. Er glitt über ebenen Boden, manchmal sogar bergauf.
    Der Schlamm hielt klatschend an. »Ho!« ertönte eine Stimme hinter ihm.
    Gloha flog höher, um nachzusehen. Zu ihrer

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