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Harpyien-Träume

Titel: Harpyien-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
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war schon das richtige«, sagte Mark.
    »Was auch immer«, stimmte die Dämonin mürrisch zu.
    Trent musterte sie. »Du hast meine Frau insgesamt fünfzehn Jahre lang verkörpert«, sagte er. »Ich muß schon sagen, wenn du keine Gefühle empfindest, hast du sie jedenfalls treffend genug nachgeahmt, um mich zu täuschen.«
    »Ich habe die Gefühle wirklich empfunden«, meinte Metria und blickte dabei ungewöhnlich nachdenklich drein. »Im wirklichen Leben halte ich dich für einen unmöglich verjüngten, verkalkten sterblichen Menschenmann, ein willkommenes Objekt endlosen Hohns. Aber in dieser verrückten Vision, da habe ich… da hat sie…« In ihrem Auge glitzerte etwas, das einer Träne täuschend ähnlich war. »Sie hat dich wirklich geliebt, nicht wahr?«
    Das konnte Gloha durchaus nachempfinden.
    »Und ich habe sie geliebt. Und meinen Sohn auch«, bestätigte Trent. »Andere haben sie als unschön bezeichnet. Aber im Geist war sie schön, und ich glaube, mit der Zeit hat sich das auch körperlich widergespiegelt. Sie hat mich zwar nicht verstanden, wie der Maler es tat, aber sie hat mich von Anfang an gut behandelt und mir die Sprache und die Sitten des Landes beigebracht, und als wir einander schließlich zu lieben begannen, da habe ich ein Gefühl für Verantwortung gelernt, wie ich es nie kannte. Sie hat mich zu dem gemacht, was ich bin, als ich nach Xanth zurückkehrte.«
    »Und du hast sie schön gemacht«, ergänzte Metria. »Und sie hat dir einen prächtigen Sohn geboren. Doch dann kam diese böse Magie…«
    »Eine Seuche«, verbesserte Trent. »Eine Krankheit, die das ganze Land Frankreich und auch andere Länder heimsuchte und jedesmal Menschenopfer forderte. Ich weiß nicht, weshalb sie mich verschont hat. Ich habe den Bauernhof verkauft, den wir geerbt hatten, um eine Expedition nach Xanth zu finanzieren, denn ich wußte, wie man dorthin kam. Ich habe Söldner rekrutiert, um mich der Magie zu stellen, und durfte dann die Ironie des Schicksals erleben, daß ich König von Xanth wurde, ohne das Land erobert zu haben. Aber ich wäre nie zurückgekehrt, hätte ich meine Lieben nicht verloren.« Auch in seinem Auge schien eine Träne zu glitzern. Die verrückte Szene hatte ihn erschüttert. Auch das konnte Gloha ihm nachempfinden.
    Sie selbst hatte auch Grund zum Staunen. Sie hatte Aspekte der Geschichte des Magiers kennengelernt, von deren Existenz sie keine Ahnung gehabt hatte.
    »Hast du denn die Königin Iris nie geliebt?« fragte sie.
    »Nein. Das war eine Zweckheirat. Wir waren uns einig, daß es notwendig war.«
    »Und deine Tochter, die Zauberin Irene?«
    »Die schon. Und auch meine Enkel. Deshalb bin ich ja auch bereit, aus dem Bild zu verblassen und ihnen Xanth zu überlassen. Meine Zeit ist abgelaufen.«
    Metria verhielt sich immer noch ungewohnt zögerlich. Nun nahm sie die Gestalt der Frau an, die sie in der Vision belebt hatte, allerdings in einem reifen Alter, das Haar hinten zu einem Knoten zusammengebunden. Sie lachte die anderen weder aus, noch löste sie sich in Rauch auf. Statt dessen schaute sie einfach nur Trent an, ohne etwas zu sagen.
    »Bitte, zieh mich nicht mit dieser Gestalt auf«, sagte Trent milde. Doch Gloha erinnerte sich daran, wie trügerisch seine Milde sein konnte. Er stand kurz davor, seinem wahren Gefühl freien Lauf zu lassen.
    »Ich… ich weiß ja, daß es verrückt ist«, sagte Metria. »Aber ich habe noch nie Gefühle gehabt. Würdest du…«
    Der Magier traute der Sache offensichtlich nicht. »Was würde ich?«
    Die Dämonin stockte sogar! »Würdest du… mich küssen?«
    Trent starrte sie an; dann wechselte er Blicke mit Mark und Gloha, die genauso überrascht waren wie er. Schließlich schaute Gloha das Skelett an und traf eine Entscheidung. »Mach nur! Ich glaube nicht, daß sie dich aufzieht.«
    »Ganz meine Meinung«, bestätigte das Skelett.
    »Das ist ja wirklich der reine Wahnsinn«, murmelte Trent. Dann nahm er das Abbild seiner ersten Frau in die Arme und küßte sie. Es war ein langer, gefühlvoller Kuß.
    »Danke«, sagte Metria, als er sie losließ. Kein Zweifel – da war wirklich eine Träne in ihrem Auge. »Ich wünschte, ich hätte wirklich sein können.« Dann verblaßte sie langsam.
    Der Magier Trent verharrte an Ort und Stelle und hing seinen eigenen Gedanken nach. Dann sagte er flüsternd. »Danke, Dämonin, auch wenn es für dich nur ein Spiel war.«
    »Ich glaube, sie hat es ernst gemeint«, sagte Gloha. »Der Wahnsinn hat sie

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