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Harpyien-Träume

Titel: Harpyien-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
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berührt.«
    »Wie er uns alle berührt hat«, stimmte Mark ihr zu. »Jetzt möchte ich mehr denn je eine Seele haben.«
    »Trotzdem meine ich, daß wir diese Region besser verlassen sollten«, sagte Trent und schüttelte die Stimmung ab. »Der Wahnsinn kann auf vielerlei Weise zuschlagen, und nicht immer ist es angenehm.«
    Die anderen pflichteten ihm nur zu gern bei. So machten sie sich rasch auf den Weg, wobei Gloha immer wieder ein Stück vorausflog, um den Pfad auszukundschaften. Dennoch wurden sie von mehreren weiteren Wogen des Wahnsinns erwischt, die allerdings nicht so heftig waren wie die ersten. Das Schlimmste hatten sie hinter sich gebracht.
    Während eines Anfalls kehrte Gloha in ihr Harpyienheim zurück und nahm dort wieder ihr normales Leben auf – doch irgendwie war das nach ihrem Erlebnis in der geheimen Höhle unbefriedigender denn je. Bei einem weiteren Anfall ging es um Mark Knochen, den ein umherstreifendes Ungeheuer – Gloha erkannte Krach Oger – auf dem Friedhof erschreckte, so daß er floh, nur um sich auf dem verlorenen Weg zu verirren. Dort wurde er schließlich von Esk Oger aufgefunden, dem Sohn des Ogers. Esk war nur ein Vierteloger, weshalb sie ganz gut miteinander zurechtkamen. Sie entdeckten sogar eine weitere verirrte Bewohnerin des Kürbisreichs, Bria Messingmädchen, das so erfreut darüber war, gefunden worden zu sein, daß sie Esk heiratete und sich daran machte, bis ans Ende aller Tage mit ihm glücklich zu sein. Mark aber kehrte nie zu seinem ursprünglichen Friedhof zurück, weshalb er nun nach einer halben Seele suchte. In dieser Handlungsfolge belebte Trent das Bild Esks, Gloha dagegen Bria. An einem Punkt geschah es, daß Bria ungewollt Esk in Verlegenheit brachte, so daß sie sich bei ihm nach Art des Kürbisreichs entschuldigte, nämlich mit einem leidenschaftlichen Kuß. Das war es wahrscheinlich auch, was später zu ihrer Heirat führte. Nur daß es diesmal Trent und Gloha waren, die sich küßten. Na ja, dachte Gloha, als der Wahnsinn abklang; es war ja nicht das erste Mal, daß sie an die Grenzen dessen geraten war, was man lieber der Erwachsenenverschwörung überlassen sollte.
    In einem weiteren Anflug wurde Gloha an Harpyienverwandte an der Goldküste weitergereicht. Dort zog sie sich eine seltene Krankheit zu. Man befürchtete schon, daß es sich um das Purpurhüllige Rosaauge handelte, zu dessen Behandlung es erforderlich gewesen wäre, sie in eine Schlangengrube zu stecken, die mit einer Mischung aus Geflügelkot und Erdnußhülsen gefüllt war. Glücklicherweise brachte Elster noch rechtzeitig in Erfahrung, daß es sich um etwas anderes handelte, was sich mit einem übelschmeckenden Trank kurieren ließ. Welch eine Erleichterung, selbst wenn der Trank wie der Inhalt dieser Schlangengrube schmeckte. Mark spielte den Arzt, der die Fehldiagnose stellte, während Metria die Rolle der Elster übernahm, was ihr als Dämonin nicht sonderlich schwerfiel.
    Schließlich hatten sie die Region des Wahnsinns hinter sich gelassen und erreichten endlich das Ufer des Ogersees. Hier gab es ganz gewöhnliche Häuser und Gärten und nicht die Ausgeburten der Erinnerung und des Grausens. Der Wahnsinn war vorbei, und Gloha war froh, daß sie nur seinen äußeren Rand durchstreift hatten, wo er nur in Wogen und nicht dauerhaft auftrat. Mehr davon hätte sie in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Jetzt mußten sie sich nur noch gegen die Fluchungeheuer behaupten.
    »Gehen wir mal die Nachbarn begrüßen«, sagte Gloha. »Nur um sicherzugehen, daß sie auch wirklich sind.« Trent und Mark nickten.

8
Spiel
    Sie gingen auf das erste Haus zu. Es war eine adrette Hütte auf einem Hof, auf dem gruppenweise hübsche Pilze wuchsen, während davor eine kleine Kiste auf einem Pfahl stand. Auf der Kiste standen in säuberlichen Druckbuchstaben die Worte RICHARD C. WHITE.
    »Was ist das denn?« fragte Gloha.
    Trent schürzte die Lippen. »Möglicherweise haben wir den Wahnsinn doch noch nicht hinter uns gebracht«, murmelte er. »Das ist ein mundanischer Briefkasten. Schaut mal, da steht der Name des Mannes drauf. Die benutzen dort meistens zwei oder drei Namen.«
    »In Mundania bewahrt man die Männer in kleinen Kästen auf?« erkundigte sich Mark.
    Trent lächelte. »Nein. Nur die Briefe, die jeden Tag ausgeliefert werden.«
    »Ausgeliefert?« wiederholte Gloha. »Soll das heißen, daß die Störche dort Briefe austragen?«
    »Nein, das ist ein etwas umständlicherer Mechanismus, der sich

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