Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 04 - Das Julius-Haus
meine ganzen neuen Flitterwochen-Klamotten getragen hatte, tat es gut, wieder meine älteste Jeans und mein T-Shirt aus dem Krimibuchladen zu tragen. Ich legte etwas Make-up auf, um Martin nicht allzu sehr zu schockieren, wenn er heimkam. Ich hatte meine rote Brille herausgelegt, kämmte mich und plante meinen Tag, als ich es an der Küchentür klopfen hörte.
Angel trug diese Elastan-Sportbekleidung, die quasi die Arterien und Venen nachzeichnete. Ihre Top-und-Shorts-Kombination hatte ein auffälliges schwarz-pinkes Flammendesign. Über dem Top trug sie eine Aufwärmjacke. Ihre Beine waren lange Muskelsäulen, die in quietschpinken Socken und schwarzen Laufschuhen endeten.
„Willkommen zurück“, sagte sie knapp.
„Kommen Sie herein.“
„Aber nur kurz.“
„Danke, dass Sie alle Möbel aufgestellt haben.“
Sie zuckte die Achseln und brachte ein Lächeln zustande. Mir dämmerte plötzlich, dass Angel ängstlich war.
„Ich bin nur vor meinem Lauf vorbeigekommen, um Ihnen zu sagen, dass ich Ihnen später, wenn Sie so weit sind, helfen kann, die Wohnzimmermöbel so hinzurücken, wie Sie sie haben wollen. Wir haben sie einfach nur hingestellt, damit es wie ein richtiges Zimmer aussieht, aber ich dachte, Sie wollen sie sicher umstellen, wenn Sie zurück sind.“ Angel musste zu mir weit heruntersehen, aber es schien sie weder zu stören noch ihr ein Gefühl der Überlegenheit zu geben.
„Angel, was sind Sie?“
„Bitte?“
„Sind Sie meine Angestellte? Martins Angestellte, wie Shelby? Wenn ja, wie sieht Ihre Stellenbeschreibung aus? Ich glaube, ich habe da etwas verpasst.“
Ich hoffte, ich sei nicht taktlos gewesen, aber es bereitete mir ein mulmiges Gefühl, dass sie mir all diese Gefallen tat, obschon sie keine Freundin von mir war. Wenn Martin sie dafür bezahlte, war das etwas anderes.
Das war wohl auch der Fall.
„Martin bezahlt Shelby und mich“, sagte sie, nachdem sie mich nachdenklich gemustert hatte. „Natürlich bekommt Shelby einen Gehaltsscheck vom Betrieb, aber wir bekommen nebenher noch etwas Geld. Weil wir Ihnen hier draußen aushelfen. Weil das Haus etwas weit weg ist von der Stadt, außer Hörweite … und Martin ist oft nicht da, hat Shelby gesagt.“
„Bitte, setzen Sie sich.“ Wir sahen einander über den Tisch an. „Was beinhaltet dieses Aushelfen’?“
„Äh … nun. Arbeiten im Garten, der ist ziemlich groß und muss beschnitten und gemäht und bepflanzt werden, und wenn es schwere Arbeiten im Haus zu erledigen gibt, und wir passen auf das Haus auf, wenn Sie weggehen und Martin auch nicht da ist … so etwas halt.“
Wir beobachteten einander aufmerksam. Das war äußerst interessant. Wie um Himmels Willen hatte das bisherige Leben dieser Frau ausgesehen?
„Danke, Angel“, sagte ich schließlich, und sie rutschte etwas auf ihrem Sitz hin und her. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Lauf.“ Sie stand ohne Eile auf, nickte mir zu und ging zur Küchentür, die zum Hinterhof führte.
„Ich werde über das Wohnzimmer nachdenken, während Sie laufen, und vielleicht können Sie ja später, nachdem Sie geduscht haben und so, rüberkommen.“
„Klar“, sagte sie freudig. „Ich bin in etwa einer Stunde wieder da, eventuell etwas später.“
„Okay.“ Ich schloss die Tür hinter ihr, lehnte mich dagegen und fragte mich, was sie mir verschwiegen hatte.
Nachdem wir den ganzen Morgen lang schwere Dinge getragen hatten, wusste ich etwas mehr über Angel. Sie und Shelby waren seit sieben Jahren verheiratet. Sie hatten an ihrem letzten Arbeitsplatz zusammengearbeitet. Was das für eine Arbeit gewesen war, war nebulös. Ich war südstaatlich genug, dass es mir schwerfiel, Fragen direkt zu stellen; ich hatte mein Tagessoll am Morgen in der Küche aufgebraucht, und Angel reagierte, ob nun absichtlich oder nicht, auf nichts anderes als geradlinige, unverblümte Direktheit.
Martin hatte an dem Tag eine Besprechung zum Mittagessen, und Mutter führte ein paar Kunden herum, also setzte ich mich an den Küchentisch und erarbeitete einen Speiseplan für die Woche, was, wie ich mir habe sagen lassen, zu den Aufgaben einer guten Hausfrau gehörte, und kaufte dementsprechend im Lebensmittelgeschäft ein. Ich hatte natürlich schon vorher für Martin gekocht, und er hatte uns schon oft Fleisch gebraten, aber dies war das erste Essen, das ich ihm als seine Ehefrau in unserem neuen Zuhause kochen würde, und ich dachte, es sollte etwas Ausgefalleneres sein, aber nicht so
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