Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 04 - Das Julius-Haus
bewegte sich vor meinen Augen langsam über den Bildschirm. Grundgütiger. Ich fragte mich, ob viele der Bewohner sich das Leben in der Empfangshalle ansahen.
Mrs. Totino kam mit einem Glas Cola und Eis in der zittrigen Hand zurück ins Zimmer gewackelt. Das Eis klirrte in einem schnellen Rhythmus gegen das Glas, der erstaunlich nervenaufreibend war.
„Haben Ihnen die Platzdeckchen gefallen?“, fragte Mrs. Totino unerwartet und lautstark.
Wir verhandelten die Übergabe der Cola von ihrer Hand in meine.
„Ich habe noch nie solche Platzdeckchen gesehen“, sagte ich wahrheitsgemäß.
„Ich weiß, Sie werden nicht beleidigt sein, wenn ich Ihnen sage, dass es ursprünglich Hochzeitsgeschenke für T. C. und Hope waren. Sie haben so viele Jahre in einer Schublade gelegen, und ich dachte, warum sollten sie nicht jemand anderem Freude bereiten? Sie sind noch nie benutzt worden – es ist nicht so, als hätte ich Ihnen ein gebrauchtes Geschenk gegeben!“
„Recycelt“, schlug ich vor.
„Genau. Heute wird ja alles recycelt! Ich habe sie recycelt.“
Ich hatte gehofft, ein Bild der Familie Julius zu sehen, aber in all der Unordnung gab es nur zwei Fotos in einem Doppelrahmen, der unsicher auf dem Fernseher balancierte. Beide Fotos waren sehr in die Jahre gekommen. Eines zeigte eine strenge, kleine Frau mit dunklem Haar und dunklen Augen, die steif neben einem etwas größeren Mann stand, der helleres Haar und einen schmallippigen, schüchternen Gesichtsausdruck hatte. Die Kleidung, die sie trugen, stammte aus den Zwanzigern, schätzte ich. Auf dem anderen Bild umarmten einander zwei Mädchen, die einander sehr ähnlich sahen, und lächelten unbeweglich in die Kamera. Eines war etwa zehn und das andere vielleicht zwölf.
„Das sind meine Schwester und ich, ihr Name ist Alicia Manigault, ist das nicht ein hübscher Name?“, sagte Mrs. Totino zärtlich. „Ich habe meinen Namen immer gehasst … Melba. Das andere Bild ist das einzige, das man je von meinen Eltern gemacht hat.“
„Ihre Schwester ist noch … lebt sie in der Nähe?“
„New Orleans“, sagte Mrs. Totino. „Sie hat ein Häuschen in Metairie, gleich bei New Orleans.“ Sie seufzte tief. „New Orleans ist ein wundervoller Ort. Ich beneide sie. Sie kommt nie her, um mich zu besuchen. Ich fahre ab und zu zu ihr. Nur, um die Stadt zu sehen.“
Ich fragte mich, warum sie nicht einfach dorthin übersiedelte. „Haben Sie hier noch Verwandte?“
„Nein, nicht … nicht seit dem Unglück. Natürlich wissen Sie davon.“
Ich nickte befangen.
„Nichtsdestoweniger haben Sie das Haus erworben, oder Ihr Mann hat’s für Sie gekauft, wie mir Mr. Sewell zu verstehen gab.“
„Ja.“
„Haben Sie keine Angst? Andere sind auf den letzten Drücker vom Kauf zurückgetreten.“
„Es ist ein wundervolles Haus.“
„Es spukt dort nicht? Ich glaube nicht an solche Dinge“, sagte Mrs. Totino streng. Ich sah mich verstohlen nach einem Platz um, wo ich mein Glas abstellen konnte. Die Cola war so geschmacklos wie Melba Totinos Hochzeitsgeschenke.
„Ich auch nicht.“
„Als dieser Rechtsanwalt mit dem dummen Namen anrief, um mir zu sagen, jemand wolle das Haus kaufen, und erwähnte, es sei ein Paar, das bald heiraten werde, dachte ich, ich sollte Ihnen einfach eine Kleinigkeit schicken … nach all den Jahren wird wieder jemand in dem Haus leben. In welchem Zustand war es?“
Ich erzählte es ihr, sie stellte mir Fragen, und ich antwortete, und die ganze Zeit sagte sie kein Wort über das, was mich am meisten interessierte. Zugegeben, das Verschwinden ihrer Tochter, ihrer Enkelin und ihres Schwiegersohnes musste schrecklich gewesen sein, aber man hätte meinen können, dass sie es erwähnen würde. Von dem spröden Hinweis auf das „Unglück“ einmal abgesehen sprach sie das Thema nicht an. Natürlich interessierte sie sich am meisten für die Veränderungen, die wir an der Wohnung über der Garage vorgenommen hatten, in der sie nur so kurz gewohnt hatte. Dann brachte sie das Gespräch auf das Haus. Hatten wir innen frisch gestrichen? Ja. Hatten wir das Dach neu gedeckt? Nein, die Maklerin hatte herausgefunden, dass Mr. Julius ein neues Dach gebaut hatte, nachdem er das Haus erworben hatte.
„Er war hergekommen, um Verwandten nahe zu sein?“, fragte ich vorsichtig.
„Seine Verwandten“, sagte sie naserümpfend. „Seine Tante Essie hatte keine Nachkommen, und als er aus der Armee ausschied, sind er und Charity hergezogen, um ihr nahe zu sein.
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