Harris, Charlaine - Aurora Teagarden 04 - Das Julius-Haus
boshaften Schlag in meinem Nacken. Während Angel am Küchenfenster stand und lauschte, zerrte Charity Julius mich ins Schlafzimmer und sperrte mich in den Schrank, in dem, wie ich annahm, der Besitzer üblicherweise seine Waffen lagerte; er war auf der Außenseite mit einem sehr hohen Vorhängeschloss bestückt. In etwa dem Moment, als Angel begann, sich darüber Sorgen zu machen, dass sie meine Stimme nicht hörte, rief Charity den Axtmann auf der Arbeit an, und er raste in seinem grellen Pick-up nach Hause.
Ich hatte Schmerzen, aber ich war in dem dunklen Schrank, der voller harter, unförmiger Dinge zu sein schien, bei Bewusstsein. Ich kam langsam und zögerlich auf die Füße und tastete mit der Hand über meinem Kopf. Ich wurde mit dem Zugfaden des Schranklichts belohnt. Ich zog daran und sah mich in dem plötzlichen, grellen Licht um.
Auf einer Seite lagen für diese Jahreszeit unpassende Kleidungsstücke, und auf der anderen stapelte sich eine Anglerausrüstung. Auf dem Boden standen Stiefel, von Lederstiefeln mit Stahlkappen und Schnürsenkeln bis zu wadenhohen Watstiefeln.
Ich hoffte, dass Angel bald kommen würde, aber auch ihr konnte etwas passiert sein. Ich sollte mir besser eine Waffe besorgen. Die Angelruten ließen sich nicht in geeignete Stücke brechen, bis ich eine alte aus Bambus fand. Mit einiger Mühe kürzte ich sie auf etwa einen Meter. Das dicke Ende war recht schwer, und ich vermutete, wenn ich genügend Platz zum Schwingen hätte, könnte ich einigen Schaden anrichten.
„Was tun Sie da drin?“, fragte Charity auf der anderen Seite der Tür. Es schien mir klüger, nicht zu antworten.
„Wir werden uns schon noch um Sie kümmern, wer auch immer Sie sind“, sagte sie. „Niemand hat uns in all den Jahren gefunden, und in vier Monaten bekommen wir das Geld. Wir haben nicht umsonst so lange gewartet.“
Ich lehnte mich an die Tür. „Wer liegt an Ihrer statt auf dem Dach?“, fragte ich. Ich war zu neugierig, um nicht zu fragen.
„Sie haben sie gefunden?“ Jetzt war Charity an der Reihe, erschrocken zu sein. „Oh, nein“, sagte sie so leise, dass ich es kaum hörte.
Ich fragte mich, warum Mrs. Totino Charity nicht angerufen hatte. Sie musste wissen, dass ihre Enkelin noch lebte; die Anwesenheit ihres mit ihr zusammenwohnenden Geliebten in Alicia Manigaults Leben bewies das. Warum wusste Charity nichts davon?
Ich änderte meine unbequeme Haltung in dem engen Raum. Warum brauchte Angel so lange? Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass fünfzehn Minuten vorüber waren.
Ich hatte das Gefühl, dass sich die Dinge nicht zu meinen Gunsten entwickeln würden, als ich die Männerstimme draußen hörte.
„Harley! Sie ist im Schrank“, sagte Charity, und ein weiteres Puzzleteil fiel an seinen Platz. Harley Dimmoch wollte, dass seine Familie nur zu bestimmten Zeiten anrief, weil dann sichergestellt war, dass er und nicht Charity ans Telefon gehen würde. Er ließ sie nicht ohne vorherige Ankündigung zu Besuch kommen, weil sie in dieser Zeit woanders unterkommen musste.
„Lass uns nachsehen, wer es ist“, sagte er, und dann warnte mich nur noch das rasche Rütteln am Schloss. Ich hob die Angelrute und sprang aus dem Schrank, was mir fast eine tödliche Kugel einbrachte. Der junge, dunkelhaarige Mann hielt einen Ich-verstehe-keinen-Spaß-Revolver in der Hand und feuerte ihn bei meinem Sprung ab. Zum Glück traf ihn die Angelrute im Magen, und die Waffe schoss nach oben, aber zumindest klärte das die Sache für Angel, die wie in einem Gangsterfilm durch die unverschlossene Tür kam.
Das kleine Schlafzimmer war von Schreien, sich bewegenden Körpern und der Angst vor der Schusswaffe erfüllt.
Charity war so damit beschäftigt, mich zu packen, dass ihr Angels Erscheinen entging, bis Angel die Berechtigung für ihr Kampfkunsttraining damit bewies, dass sie Charity mit einem entschlossenen Tritt gegen das Knie traf. Charity schrie auf, stürzte augenblicklich und blieb stöhnend auf dem Boden liegen.
Harley hatte mit der freien Hand meinen Arm gepackt und versuchte, mit der anderen mit seiner Waffe zu zielen, als Charity schrie. Er sah, wie sie zusammenbrach, und ich sah, wie sich sein Gesicht vor Verzweiflung verzerrte. Er hatte begonnen, seinen Arm in Angels Richtung zu schwingen, um auf sie zu schießen, als sie ihn packte, mit einem seltsam zierlichen Griff ihrer Finger sein Handgelenk im Uhrzeigersinn drehte, sich ihm näherte, sich unter seinem Arm wegduckte, ihm,
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