Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
perfekt ausbalancierten.
Ich lag mit meinem Kopf auf seiner Schulter, lauschte auf seinen Herzschlag und entschied, dass es wahrscheinlich kaum eine angenehmere Art gab, sein Leben ins Chaos zu stürzen.
Und auch noch voll angezogen. Weil ich die eisige Kälte des Nachmittages wieder spürte, bewegte ich mich. »Bist du okay?«, fragte ich und fühlte sein Nicken.
»Wie ist es mit dir?«, fragte er.
Ich lauschte für einen Moment und hörte nichts. Keine Pixieflügel, keine Mitbewohnerin, die unten herumstampfte.
»Mir ging es nie besser«, sagte ich und fühlte mich so ausgeg-lichen wie schon lange nicht mehr. Marshals Brust fing an zu zucken, und ich schob mich nach oben, als mir klarwurde, dass er lachte. »Was?«, fragte ich, weil ich das Gefühl hatte, ich wä-re der Grund für seine Heiterkeit.
»Marshal, ich bin mir nicht sicher, ob ich noch weiß, wie es geht«, sagte er in einer hohen Falsettstimme. »Es ist so lange her.«
Erleichtert setzte ich mich auf und schlug ihn auf die Schulter. »Halt den Mund.« Es machte mir nichts aus, dass er über mich lachte.
Marshal schob mich sanft von seinem Schoß, und ich ku-schelte mich an ihn. Unsere Köpfe lagen auf der Couchlehne, unsere Beine verknoteten sich bis auf den Boden.
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»Bist du sicher, dass es deiner Aura gutgeht?«, fragte Marshal, so leise, dass ich ihn fast nicht verstand. Er drehte den Kopf, um mir in die Augen zu schauen, und ich lächelte.
»Yeah. Das war … Ja.« Marshal schlang die Arme um mich, als ich Anstalten machte, aufzustehen, und kichernd ließ ich mich wieder gegen ihn fallen.
Ich würde mir keine Sorgen darum machen, was als Nächstes passierte. Das war es wirklich nicht wert.
19
Die Sonne wanderte schon Richtung Horizont und tauchte die Gebäude in Cincinnatis Hafenviertel in Rot und Gold, während ich auf meinem Weg zum Carew Tower war - für einen schnellen Happen und das Gespräch mit Edden. Wäre das ein normaler Sonntag gewesen, wäre ich jetzt noch im Jenseits, und obwohl ich froh war, dass ich dem diese Woche entkommen war, machte ich mir doch Sorgen um Pierce. Pierce, Al, Ivy, Skimmer, Kistens Mörder und Mia. Sie alle wanderten durch meine Gedanken, als Probleme, die nach einer Lösung verlangten. An den meisten Tagen hätte mich die Überlastung bissig gemacht, aber im Moment? Lächelnd betrachtete ich den Sonnenschein auf den Gebäuden und spielte am Radio herum, während ich dem Wagen vor mir auf die Brücke folgte. Alles zu seiner Zeit , dachte ich und fragte mich, ob meine Ruhe von Marshal oder von Marshals Masseurin kam.
Das Treffen mit Edden war ungefähr in einer halben Stunde, dann kam der Besuch im I. S.-Gefängnis, gefolgt von einem frühen Abendessen mit meiner Mom und Robbie um zehn - ich hatte gehört, wie Robbie sich im Hintergrund beschwert hatte, als ich angerufen hatte, um zu sagen, dass ich es zum Mittagessen nicht schaffen würde. Sollte er doch Spülwasser trinken.
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Letztendlich würde Mia auftauchen, und dann würde ich ihren Arsch festnageln, aber bis dahin konnte ich mein Essen im Carew Tower genießen. Die Massage, die ich mir gegönnt hatte, war fantastisch gewesen, auch wenn ich den ganzen Nachmittag über ein schlechtes Gewissen gehabt hatte, weil ich es mir unter dem Vorwand, dass es vielleicht meiner Aura helfen würde, gutgehen ließ. Ich war immer noch entspannt, was es einfacher machte, Marshal zu erzählen, dass er Recht gehabt hatte, bla, bla, bla … Er würde später anrufen. Ich fühlte mich gut, und ich würde nicht weiter darüber nachdenken.
In den seidengefütterten Hosen und der schicken Bluse, die ich für Ms. Walker angezogen hatte, fühlte ich mich elegant.
Ich hatte bisher auch noch keine Chance gehabt, den langen Mantel zu tragen, den meine Mom mir letzten Winter geschenkt hatte, und ich fühlte mich gut, als ich über die Brücke nach Cincinnati fuhr. Jenks hatte sich auch rausgeputzt. Er trug ein weites schwarzes Hemd und weite Hosen, sodass die isolie-renden Stoffschichten darunter verborgen waren. Matalina wurde immer besser in Winterkleidung, in der er fliegen konnte, und der Pixie saß bequem auf meinem Rückspiegel und spielte mit der schwarzen Fischermütze, die er sich aus einem Stück Filz aus meinem Mantel gebastelt hatte. Sein blondes Haar spitzte recht charmant darunter hervor, und ich fragte mich, warum er eigentlich nicht immer eine Mütze trug.
»Rache«, sagte er plötzlich nervös.
»Was?« Ich spielte wieder am Radio herum und
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