Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
angezettelt hat, und Rachel braucht dieses Zeug hier, um dem FIB dabei zu helfen, sie zu fangen!«
Die Frau sagte nichts. Ich legte eine Hand auf meinen Magen. Oh, Gott. Ich wollte mich hier nicht übergeben. Ich war gebannt worden. Es war kein Todesurteil, wie noch vor zweihundert Jahren, aber es war die klare Aussage, dass meine Handlungen nicht gern gesehen wurden. Dass niemand mir helfen würde, falls ich Hilfe brauchte. Dass ich eine persona non grata war.
»Lass uns gehen«, flüsterte ich und drehte mich zur Tür um.
Jenks’ Flügel klapperten harsch. »Du brauchst dieses Zeug, Rache!«
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Ich schüttelte den Kopf. »Sie wird es uns nicht kaufen lassen.« Ich schluckte schwer. »Niemand wird uns lassen.«
»Was ist mit Matalina?«, fragte er mit Panik in der Stimme.
Ich keuchte kurz und drehte mich zurück zur Kasse. »Bitte«, flehte ich. Jenks’ Flügel brachten die Haare in meinem Nacken zum Wehen. »Seine Frau ist krank. Das Gänsefingerkraut wird ihr helfen. Lassen Sie uns nur diese eine Sache kaufen, und ich werde niemals zurückkommen. Es ist nicht für mich.«
Die Verkäuferin schüttelte den Kopf. Jegliche Furcht war verschwunden, verdrängt von dem Selbstbewusstsein, das sie gefunden hatte, als ihr klarwurde, dass ich keinen Ärger machen würde. »Es gibt Orte für Hexen wie Sie. Ich schlage vor, dass Sie einen davon finden.«
Sie meinte den Schwarzmarkt. Man konnte ihm nicht trauen, und ich würde dort nicht kaufen. Verdammt nochmal, ich war gebannt worden. Keine Hexe konnte mir etwas verkaufen. Keine Hexe konnte mit mir handeln. Ich war allein. Absolut allein.
Der Bann war eine Tradition, die bis in die Zeit der Pilgerväter zurückreichte, und er war hundertprozentig effektiv; eine Hexe konnte nicht alles anbauen, finden oder selbst anfertigen. Und wenn man mal gebannt war, wurde das Urteil selten zurückgenommen.
Sie hob das Kinn. »Gehen Sie oder ich rufe die I. S., weil Sie mich belästigen.«
Ich starrte sie an und glaubte ihr, dass sie es tun würde. Denon wäre entzückt. Langsam nahm ich die Hand vom Tresen.
»Komm, Rachel«, sagte Jenks. »Ich habe wahrscheinlich noch irgendwo Gänsefingerkraut unter dem Schnee. Wenn es dir nichts ausmacht, es für mich zu holen.«
»Es ist nass«, meinte ich verwirrt. »Es könnte modrig sein.«
»Es ist auf jeden Fall besser als der Dreck, den sie hier verkaufen«, schoss er zurück, zeigte der Frau den Stinkefinger und flog rückwärts Richtung Tür.
395
Völlig benommen folgte ich ihm. Ich konnte auch nichts mehr aus der Bibliothek holen! Das war so unfair!
Ich fühlte nicht, wie Jenks sich zwischen meinen Schal und meinen Hals drängte. Ich erinnerte mich nicht, dass ich die Tür geöffnet hätte, oder an das fröhliche Klingeln der Glocke. Ich erinnerte mich nicht daran, zu meinem Auto gegangen zu sein.
Ich erinnerte mich nicht daran, auf den Verkehr geachtet zu haben, bevor ich auf die Straße trat. Allerdings stand ich plötzlich mit meinen Schlüsseln in der Hand neben dem Auto. Die helle Sonne glitzerte auf dem roten Lack und brachte mich zum Blinzeln.
Ich erstarrte kurz, dann steckte ich mit langsamen, bewussten Bewegungen den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür.
Ich blieb einen Moment stehen, mit einem Arm auf dem Stoff-dach, und versuchte, aus dem Ganzen schlau zu werden. Die Sonne war genauso hell, der Wind genauso frisch, aber alles war anders. In mir war etwas zerbrochen. Das Vertrauen in meine Mithexen, vielleicht? Der Glaube, dass ich eine gute Hexe war, selbst wenn ich Schwarz auf meiner Seele hatte?
Ich hatte in zwanzig Minuten eine Verabredung, aber ich musste kurz irgendwo sitzen, und ich wusste nicht, ob das Café im ersten Stock des Towers mich noch bedienen würde. Die Nachricht von einem Bann verbreitete sich schnell. Langsam stieg ich ein und schloss die Tür. Draußen rollte ein Lastwagen vorbei, dort, wo ich gerade noch gestanden hatte.
Ich war gebannt. Ich war keine schwarze Hexe, aber ich hätte genauso gut eine sein können.
20
Mit einem neuen Gefühl der Verletzlichkeit stand ich vor den Glastüren des Carew Towers und rückte in meinem ver-396
schwommenen Spiegelbild meine Mütze zurecht. Dann zuckte ich zusammen, als der Portier sich vorlehnte und mir die Tür öffnete. Ein warmer Schwall Luft fuhr durch meine Haare. Der Portier lächelte und berührte grüßend seinen Hut, als ich langsam hineinging und flüsterte: »Danke.«
Er antwortete mir gut gelaunt, und ich zwang mich
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