Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
und schubste ihn gut gelaunt.
»Sag Glenn, dass ich mit ihm reden will, wenn er aufwacht.«
Mit schnellen Schritten eilte Edden zu Glenns Zimmer. Ich seufzte, froh, dass diese Geschichte ein Happy End haben würde. Ich war die andere Sorte leid. Ford sah zufrieden aus, und das war auch gut. Sein Leben musste die Hölle sein. Kein Wunder, dass er niemandem erzählte, was er konnte. Sie würden ihn schuften lassen, bis er umfiel.
»Was ist Glenns Mom passiert?«, fragte ich, jetzt, wo wir allein waren.
Ford beobachtete, wie Edden den Krankenschwestern zuwinkte, bevor er hinter der großen, weißen Tür von Glenns Zimmer verschwand. »Sie starb vor fünfzehn Jahren während eines Raubüberfalls, wegen sechzig Dollar. Erstochen.«
Deswegen ist er ein Polizist , dachte ich. »Sie haben also schon seit langer Zeit nur sich«, meinte ich, und Ford nickte. Dann wandte er sich Richtung Aufzug. Er sah fertig aus.
Ivy gesellte sich nach einem letzten Kommentar zur Krankenschwester zu uns. Sie reihte sich auf meiner anderen Seite ein und schaute zu Ford. »Was ist im Hafen passiert? «, fragte 47
sie, während sie sich ihren langen Mantel anzog. Die Erinnerungen des Nachmittags kehrten zurück.
Ivys Tonfall war leicht spöttisch, und ich warf ihr einen Seitenblick zu. Sie war sich sicher, dass langsame, geduldige Er-mittlungen Kistens Mörder schneller aufstöbern würden als der Versuch, mein Erinnerungsvermögen wieder herzustellen. Ich schaute mit nicht geringer Freude erst zu Ford, um dann zu sagen: »Hast du Zeit, heute Nacht vorbeizufahren und am Teppich zu schnüffeln?«
Ford lachte leise. Ivy blieb abrupt stehen und starrte mich an.
»Wie bitte?«
Ich drückte den Knopf für den Aufzug. »Deine Nase ist besser als meine«, sagte ich einfach.
Ivy blinzelte, ihre Miene noch ausdrucksloser als sonst. »Du hast etwas gefunden, was das FIB übersehen hat?«
Ich nickte, während Ford so tat, als würde er nicht zuhören.
»Unter der Platte der Kommode haftet Klebseide. Da gibt es vielleicht einen Fingerabdruck, abgesehen von dem, den ich heute hinterlassen habe. Und der Boden unter dem Fenster riecht nach Vampir. Es ist weder dein noch Kistens Geruch, al-so ist es vielleicht der des Mörders.«
Wieder starrte mich Ivy an. Sie wirkte, als wäre ihr unwohl.
»Du kannst den Unterschied erkennen?«
Die Lifttüren öffneten sich, und wir betraten die Kabine.
»Kannst du es nicht?«, fragte ich, lehnte mich gegen die hintere Wand und drückte den Knopf fürs Erdgeschoss mit der Stiefelspitze, einfach nur, weil ich es konnte.
»Ich bin ein Vampir«, antwortete sie, als würde das alles er-klären.
»Ich lebe seit über einem Jahr mit dir zusammen«, sagte ich und fragte mich, ob ich den Unterschied wohl nicht merken können sollte. »Ich weiß, wie du riechst«, murmelte ich peinlich berührt. »Das ist keine große Sache.«
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»Doch, ist es«, flüsterte sie, als sich die Türen schlossen, und ich hoffte nur, dass Ford es nicht gehört hatte.
Ich beobachtete, wie die Ziffern über der Tür immer niedriger wurden. »Also fährst du heute Nacht raus?«
Ivys Augen waren schwarz. »Ja.«
Ich unterdrückte ein Schaudern und war froh, als die Türen sich in der lebhaften Lobby wieder öffneten. »Danke.«
»Gern geschehen«, sagte sie, und ihre seidengraue Stimme war so erwartungsvoll, dass mir der Vampir, der Kisten umgebracht hatte, fast schon leidtat.
Fast.
3
Ich umklammerte genervt das Lenkrad, weil Jenks nicht aufhörte zu singen. Obwohl die Sonne langsam unterging und die Straßen überfroren waren, war es im Inneren des Autos heiß.
Ich war fast in Versuchung, die Heizung auszustellen. Alles, um Jenks zum Schweigen zu bringen.
»Fünf Trolle in Kleidern«, sang der zehn Zentimeter große Mann auf meiner Schulter. »Vi-ier Kondome, drei Vibratoren, zwei geile Vamps und einen Sukkubus im Schnee.«
»Jenks, es reicht!«, schrie ich. Auf dem Beifahrersitz kicherte Ivy und wischte gedankenverloren über die Innenseite des angelaufenen Fensters, um sich ein Loch zu schaffen, durch das sie in den Abend hinausschauen konnte. Festbeleuchtung schmückte die Straßen, und es war heilig und heiter, auf eine geldige, mittelklassige Art und Weise. Anders als Jenks’
Weihnachtslied. Das war Pubertätshumor am Anschlag.
»Am achten Tag der Weihnacht schenkte mein Liebling mir
…«
49
Ich kontrollierte die Straße hinter mir und trat auf die Bremse. Ivy fing sich ohne Probleme mit ihren Vamp-Reflexen,
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