Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
Dolch n ä her an. Seine einzige Aufgabe schien es zu sein, den Gnadensto ß zu versetzen. Bosch konnte sich nicht entscheiden, ob es aus Mitleid oder Grausamkeit geschah. Der Mann war ä lter, sein schwarzes Haar war grau durchsetzt, er wirkte abgearbeitet und unbeteiligt. Seine Augen waren leblos und sein Gesicht versteinert. Bosch mu ß te an den Mann mit den drei Tr ä nen denken. Arpis. Wie hatte sein Gesicht ausgesehen, als er Porter erw ü rgt, Moore das Schrotgewehr aufs Gesicht gedr ü ckt und abgezogen hatte.
» Der Stier war sehr mutig und sch ö n «, sagte Aguila. W ä hrend der ersten drei K ä mpfe hatte er die F ä higkeiten der Matadore nur knapp positiv oder negativ kommentiert.
Zorillo war nicht gekommen. Bosch hatte wieder und wieder zur Loge gesehen, die Aguila ihm gezeigt hatte, aber sie war leer geblieben. Nur noch ein Kampf stand auf dem Programm, und es war unwahrscheinlich, da ß der Mann, dessen Stiere heute k ä mpften, noch kommen w ü rde.
» M ö chten Sie gehen? «
» Nein, ich will noch zuschauen.«
» Gut, der n ä chste Kampf wird der sch ö nste und eleganteste sein. Silvestri ist der beste Matador in Mexicali. Noch ein Bier? «
» Ja, ich geh’ diesmal. Was …«
» Nein, ich werde es kaufen. Eine kleine Gegenleistung f ü r die Karten.«
» Wie Sie wollen.«
» Verschlie ß en Sie die T ü r.«
Bosch verriegelte die T ü r und schaute dann auf seine Karte, auf der die Namen der Stierk ä mpfer abgedruckt waren.
Aguila hatte erkl ä rt, Cristobal Silvestri sei der mutigste und bravour ö seste Matador, den er je gesehen habe. Die Menge schrie auf, als der Stier, ein schwarzes Monster, in die Arena scho ß , um sich seinen Gegnern zum t ö dlichen Kampf zu stellen. Die Toreros tanzten mit den gr ü nen und blauen Umh ä ngen, die sich wie Bl ü ten ö ffneten, um ihn herum.
Bosch war vom Ritual und Prunk des Stierkampfes beeindruckt. Es war kein Sport, das stand fest. Aber es war etwas. Eine Pr ü fung der F ä higkeiten und des Muts, der Entschlossenheit. H ä tte er die M ö glichkeit, w ü rde er oft hierher kommen und Zeuge dieses Schauspiels sein.
Es klopfte an der T ü r, und Bosch stand auf, um Aguila hereinzulassen. Als er jedoch die T ü r ö ffnete, standen zwei M ä nner davor, von denen er einen nicht erkannte. Bei dem anderen dauerte es ein paar Momente, bis er sein Gesicht eingeordnet hatte. Es war Grena, der Captain der Ermittlungsabteilung. Bosch sah an den beiden vorbei, konnte aber Aguila nicht entdecken.
» Se ñ or Bosch, d ü rften wir eintreten? «
Bosch trat von der T ü r zur ü ck, aber nur Grena kam herein. Der andere Mann drehte seinen R ü cken zur T ü r, als ob er sie bewachen w ü rde.
Grena verschlo ß die T ü r. » Damit wir nicht gest ö rt werden.« Dann sah er sich in dem kleinen Raum um, als ob er die Gr öß e einer Turnhalle h ä tte und es viel Zeit erforderte, sich zu vergewissern, da ß niemand anders sich dort aufhielt.
» Ich habe die Gewohnheit, zum letzten Kampf zu kommen, Se ñ or Bosch. Besonders, wenn Silvestri k ä mpft. Ein Champion. Ich hoffe, es wird Ihnen gefallen.«
Bosch nickte und wandte seinen Blick l ä ssig zur Arena. Der Stier bewegte sich immer noch schnell und die Toreros wichen ihm aus, darauf wartend, da ß er m ü de wurde.
» Carlos Aguila ist gegangen? «
» Bier holen. Aber das wissen Sie sicher, Captain. Also, warum sagen sie mir nicht, was los ist? «
» ›Was los ist?‹ Was hei ß t das? «
» Ich meine, was wollen Sie, Captain. Warum sind Sie hier? «
» Ah, si, Sie wollen unser kleines Spektakel sehen und dabei nicht gest ö rt werden. Zur Sache kommen, sagt man wohl. Nicht wahr? «
» Ja, so kann man’s auch sagen.«
Die Zuschauer brachen in laute Zurufe aus, und sie sahen beide hinaus. Silvestri hatte die Arena betreten und stolzierte auf den Stier zu. Er trug einen wei ß und gold bestickten Anzug und studierte seinen Gegner mit leicht gesenktem Kopf. Der Stier rannte kampfeslustig durch den Sand, in seinem Nacken wippten die blauen und gelben Banderillas hin und her.
Bosch richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Grena. Der Polizei-Captain trug ein Jackett aus weichem, schwarzem Leder, an dessen rechter Manschette eine Rolex hervorschaute.
» Mein Frage ist, was machen sie hier, Se ñ or Bosch? Sie kommen nicht hierher wegen der Stierk ä mpfe. Also, warum sind Sie hier? Wie ich geh ö rt habe, wurde Se ñ or Gutierrez identifiziert. Warum bleiben Sie also hier und
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