Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
vergeuden Carlos Aguilas Zeit? «
Bosch hatte kein Interesse, irgend etwas zu offenbaren, aber er wollte Aguila nicht in Gefahr bringen. Er w ü rde fr ü her oder sp ä ter wegfahren, aber Aguila w ü rde hierbleiben.
» Ich fahre morgen ab. Meine Arbeit ist beendet.«
» Dann sollten Sie heut abend fahren, nicht? Dann sind Sie fr ü her da.«
» Vielleicht.«
Grena nickte. » Wissen Sie, ich hatte eine Anfrage von Lieutenant Pounds vom Los Angeles Police Department, LAPD. Er will, da ß Sie zur ü ckkommen. Er hat gebeten, Ihnen das pers ö nlich zu sagen. Warum ist er so besorgt? «
Bosch sah ihn an und sch ü ttelte den Kopf. » Keine Ahnung. Da m ü ssen Sie ihn fragen.«
Es folgte ein langes Schweigen, w ä hrend dessen der Stierkampf wieder Grenas Aufmerksamkeit auf sich zog. Bosch blickte ebenfalls zur Arena und sah gerade noch, wie Silvestri mit der Muleta den angreifenden Stier an seinem K ö rper vorbeilenkte.
Grena betrachtete ihn lange und l ä chelte dann, vielleicht so, wie Jack the Ripper sein n ä chstes nichtsahnendes Opfer angel ä chelt hatte.
» Sind Sie vertraut mit der Kunst der Muleta? «
Bosch erwiderte nichts, und die beiden starrten sich nur an. Das boshafte L ä cheln verschwand nicht aus dem dunklen Gesicht des Captains.
» El arte de la muleta «, sagte Grena schlie ß lich. »Es ist T ä uschung. Die Kunst des Ü berlebens. Der Matador benutzt den Umhang, um den Tod zu t ä uschen, um ihn in die Irre zu f ü hren. Aber er mu ß mutig sein. Er mu ß sich der Todesgefahr der H ö rner aussetzen. Je mehr er sich dem Tod n ä hert, desto mutiger ist er. Und er darf nie Angst zeigen. Sonst verliert und stirbt man. Das ist die Kunst, mein Freund.«
Er nickte, und Bosch sah ihn nur schweigend an.
Grena ging zur T ü r, sein L ä cheln hatte sich in ein breites Grinsen verwandelt. Er ö ffnete die T ü r – und drehte sich noch einmal um: » Gute Fahrt, Detective Harry Bosch! Heute abend, ja? «
Bosch erwiderte nichts, und die T ü r schlo ß sich. Er sa ß auf seinem Stuhl und dachte nach, dann richtete sich sein Blick wieder auf die Arena. Die Leute schrien. Silvestri kniete auf einem Knie in der Mitte des Rings und bot sich dem Stier zum Angriff an. Er blieb stoisch in dieser Positur, bis das Tier ankam. Im letzten Moment bewegte er die Muleta zur Seite, der Stier scho ß nur einige Zentimeter an ihm vorbei, ohne ihn zu ber ü hren. Es war ein erhabener Moment, und der Applaus brauste in der Arena auf. Die unverriegelte T ü r zur Loge ö ffnete sich, und Aguila trat ein.
» Was wollte Grena? «
Harry antwortete nicht. Er hielt sich das Fernglas vor die Augen und richtete es auf Zorillos Loge. Der Papst war nicht da, aber Grena sa ß jetzt dort und blickte mit seinem hinterh ä ltigen L ä cheln zu ihm her ü ber.
Silvestri f ä llte den Stier mit einem einzigen Degensto ß , der zwischen den Schulterbl ä ttern eindrang und ins Herz traf. Der Stier starb im selben Moment. Bosch sah zu dem Mann mit dem Dolch hin ü ber und glaubte auf seinem Gesicht Entt ä uschung zu sehen. Seine Dienste wurden nicht ben ö tigt.
Der Applaus und die Zurufe f ü r Silvestri waren ohrenbet ä ubend und lie ß en nicht nach, als er in der Arena mit erhobenen Armen seine Runde machte. Rosen, Kissen und hochhackige Damenschuhe regneten auf ihn nieder. Der Stierk ä mpfer strahlte im Jubel. Es war so laut, da ß Bosch erst nach einiger Zeit den Pieper an seinem G ü rtel h ö rte.
28
Um neun Uhr bogen Bosch und Aguila von der Avenida Cristobal Colon auf eine Umgehungsstra ß e zum Rodolfo Sanchez Taboada Aeropuerto ab. Die Stra ß e f ü hrte zuerst an alten Flugzeughallen aus Wellblech und dann an einem Komplex neuerer Geb ä ude vorbei. Eines davon trug ein Schild mit der Aufschrift Aero Carga, die riesigen Schiebet ü ren standen einen Spalt breit auf, und aus der Halle drang Licht nach drau ß en. Es war eine DEA-Strohfirma. Sie waren am Ziel, und Bosch parkte sein Auto vor dem Hangar neben anderen Wagen, von denen die meisten aus Kalifornien waren.
Sobald er aus seinem Caprice stieg, n ä herten sich vier DEA-Agents in blauen Plastikwindjacken. Er zeigte seinen Dienstausweis, und einer der vier hakte seinen Namen auf einem Klemmbrett ab.
» Und Sie? « fragte der Mann mit dem Klemmbrett. » Er geh ö rt zu mir «, sagte Bosch.
» Hier steht, da ß Sie alleine kommen, Detective Bosch. Ich glaube, wir haben hier ein Problem.«
» Wahrscheinlich habe ich vergessen, auf das Antwortk ä
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