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Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis

Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis

Titel: Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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mit dem er die Drohungen und Fragen wiederholte, be ä ngstigend und bat ihn schlie ß lich, aufzuh ö ren und den Jungen einzubuchten. Sie gingen beide kurz vor die T ü r des B ü ros und verabredeten, sich um zwei Uhr nachmittags im Siebentausend zu treffen. Zehn Stunden w ü rden dem Jungen einen Geschmack vom Bau geben – und Zeit, zu einer Entscheidung zu kommen.
    Bosch klapperte jetzt die Bottle Clubs ab, die Lokale, in denen » Mitglieder « ihre eigene Flasche mitbrachten und f ü rs Gedeck bezahlten. Das Gedeck war nat ü rlich Beutelschneiderei, und manche Clubs verlangten sogar Mitgliedsbeitr ä ge. Aber manche Leute konnten einfach nicht zu Hause trinken, und andere hatten kein richtiges Zuhause.
    An der Kreuzung von Sunset und Western hielt Bosch vor einer Ampel, als eine Gestalt rechts am Auto vorbeihuschte und sich dann ü ber die Motorhaube warf. Instinktiv griff Bosch zum G ü rtel und lie ß fast seinen Kaffee fallen. Dann bemerkte er, da ß der Mann mit einer Zeitung die Windschutzscheibe abwischte. Halb f ü nf Uhr morgens, und ein Obdachloser reinigte seine Scheibe – und zwar miserabel. Seine Bem ü hungen verschmutzten nur das Glas. Bosch zog einen Dollar aus der Tasche und reichte ihn dem Mann, der zur Fahrerseite kam.
    » Das reicht schon, Kollege «, winkte er ab, und der Mann trottete schweigend davon.
    Bosch fuhr weiter, suchte Bottle Clubs in Echo Park nahe der Polizeischule und dann in Chinatown ab. Von Porter war nichts zu sehen. Dann ü berquerte er den Hollywood Freeway und gelangte nach Downtown. Als er am Untersuchungsgef ä ngnis vorbeikam, mu ß te er an den Jungen denken. Er w ü rde auf Trakt sieben, der Drogenabteilung, sein. Dort waren die Insassen nicht ganz so brutal. Er w ü rde es wohl ü berstehen.
    In der Spring Street verlie ß en blaue Lastwagen, vollgeladen mit den Nachrichten eines neuen Morgens, die Garage des Times-Geb ä udes. Er versuchte sein Gl ü ck bei ein paar Bottle Clubs in der Umgebung des Parker Centers und bei einem auf Skid Row, der Endstation f ü r Penner. Bald hatte er das Ende der Fahnenstange erreicht; es blieben kaum noch Clubs ü brig.
    Das letzte Lokal, an dem er hielt, war Poe’s. Es lag an zentraler Stelle an der Third Avenue, nicht weit von Skid Row, der Los Angeles Times, St. Vibiana’s und den Glast ü rmen des Bankenviertels. Hier wurden Alkoholiker en gros produziert. In den Morgenstunden, bevor Downtown wieder vom gesch ä ftigen Treiben und der Gier nach Geld erf ü llt wurde, lief das Gesch ä ft gl ä nzend.
    Poe’s befand sich im Erdgescho ß eines Vorkriegsgeb ä udes aus Ziegeln, das die st ä dtische Sanierungsgesellschaft CRA abrei ß en wollte. Es war nicht erdbebensicher, und die notwendigen Ma ß nahmen h ä tten mehr gekostet, als das Geb ä ude wert war. CRA hatte es gekauft und wollte an seiner Stelle Eigentumswohnungen bauen, um Downtown mehr zu beleben. Aber der Plan hing in der Schwebe. Eine andere st ä dtische Abteilung, das Amt f ü r Denkmalschutz, wollte das Poe-Geb ä ude, wie es inoffiziell hie ß , erhalten und hatte gegen seinen Abri ß geklagt. Das Ganze dauerte schon vier Jahre, und das Poe’s hatte immer noch ge ö ffnet. Die vier Stockwerke dar ü ber standen leer.
    Der Club war ein schwarzes Loch mit einer langen, krummen Bar und ohne Tische. Poe’s war keine Bar, in der man mit Freunden in einer Nische sa ß . Man trank hier alleine. Hier soffen sich Selbstmordkandidaten aus den Chefetagen Mut an, hier sa ß en abgewrackte Cops, die die Einsamkeit in ihrem Leben nicht mehr aushielten, Schriftsteller, die nicht mehr schreiben konnten, und Priester, die sich nicht einmal ihre eigenen S ü nden mehr vergeben konnten. Trinken war hier eine todernste Sache. Solange man Geld hatte, konnte man sitzen bleiben. Ein Hocker an der Bar kostete f ü nf und ein Glas mit Eis f ü r die mitgebrachte Whiskeyflasche einen Dollar. Ein Sodagedeck kostete drei Dollar, aber die meisten tranken ihren Stoff pur. Das war billiger und effektiver. Angeblich war Poe’s nicht nach dem Schriftsteller benannt, sondern nach dem Lebensmotto der G ä ste: Piss on Everything.
    Obwohl es drau ß en ebenfalls dunkel gewesen war, kam ihm Poe’s wie eine finstere H ö hle vor, in die man hinabstieg. Bosch erinnerte sich an das Gef ü hl der ersten Sekunden, nachdem man sich in einen Vietkong-Tunnel hatten fallen lassen. Er stand regungslos am Eingang, bis sich seine Augen auf das schwache Licht eingestellt hatten und er die rote

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