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Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis

Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis

Titel: Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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und rezitierte Bibelverse aus dem Ged ä chtnis. Seine Haare waren im Afro-Look der siebziger Jahre frisiert und gaben einem Wasserbecher, der auf seinem Kopf stand, guten Halt. Von Zeit zu Zeit griff er nach oben und nahm einen Schluck, ohne dabei seine Zitatensammlung aus dem Neuen Testament zu unterbrechen. Vor jedem Zitat nannte er seinem Publikum Kapitel und Vers. Zu seinen F üß en stand eine Goldfischkugel, die bis zur H ä lfte mit M ü nzen gef ü llt war. Als er mit dem Essen fertig war, lie ß Bosch sich ein Cola geben und warf das Wechselgeld in die Glaskugel. Als Gegenleistung erhielt er ein » Gott segne dich «.

15
    Die Hall of Justice erstreckte sich auf der gegen ü berliegenden Stra ß enseite des Kriminalgerichts ü ber einen ganzen Block. In den unteren sechs Etagen war der Polizeiapparat des Sheriffs untergebracht, und in den obersten vier das Gef ä ngnis des County, was von au ß en leicht zu erkennen war. Nicht nur wegen der Gitter hinter den Fenstern, sondern weil die oberen vier Stockwerke wie eine verlassene, ausgebrannte Ruine aussahen. Als ob der Ha ß und die Wut, die in den Zellen ohne Klimaanlage unter Verschlu ß gehalten wurden, sich zu Feuer und Rauch entz ü ndet und die Fenster und Betonbalustraden f ü r immer schwarz gef ä rbt h ä tten.
    Das Geb ä ude stammte von der Jahrhundertwende und wirkte mit seinem Steingem ä uer wie eine bedrohliche Festung. Es war eines der wenigen Geb ä ude in Downtown, in dem es noch Fahrstuhlf ü hrer gab. In den holzget ä felten Kabinen, auf gepolsterten Hockern in den Ecken, sa ß en alte, schwarze Frauen, die die T ü ren ö ffneten und mit einem Steuerrad den Aufzug genau auf der H ö he der Etagenfu ß b ö den anhielten.
    » Siebentausend «, sagte Bosch zu der Frau, als er den Aufzug betrat. Es war einige Zeit her, da ß er hier gewesen war, und er konnte sich nicht mehr an ihren Namen erinnern. Er wu ß te jedoch, da ß sie schon als Fahrstuhlf ü hrerin gearbeitet hatte, als er noch kein Cop war. Alle von ihnen arbeiteten schon so lange hier. Sie ö ffnete die T ü r im f ü nften Stock, und Bosch entdeckte beim Aussteigen sofort Rickard. Der Drogenfahnder stand am Glasschalter der Anmeldung und legte gerade seine Dienstmarke in die Schublade.
    » Moment «, sagte Bosch und legte seine schnell dazu.
    » Wir geh ö ren zusammen «, sagte Rickard ins Mikrophon.
    Der Deputy hinter der Glasscheibe tauschte die Marken gegen zwei Besucherausweise aus und schob sie mit der Lade zur ü ck. Bosch und Rickard klemmten sie sich ans Hemd. Die Ausweise berechtigten sie, den Sicherheitstrakt im neunten Stock zu betreten. Der Sicherheitstrakt beherbergte die gef ä hrlichsten H ä ftlinge, die hier auf ihr Verfahren oder – nach einer Verurteilung – auf den Transport in ein Staatsgef ä ngnis warteten.
    Sie machten sich auf den Weg zum Gef ä ngnisaufzug.
    » Du hast den Jungen in den Sicherheitstrakt gebracht? « fragte Bosch.
    » Ich kenne einen Deputy hier. Ein Tag reicht, hab’ ich gesagt. Der Junge wird die Hosen gestrichen voll haben. Er wird dir alles erz ä hlen, was du ü ber Dance wissen willst.«
    Sie fuhren mit dem Sicherheitsaufzug nach oben, der von einem Deputy betrieben wurde – Bosch konnte sich keinen mieseren Polizeijob vorstellen. Als der Fahrstuhl anhielt, wurden sie von einem anderen Deputy in Empfang genommen, der ihre Besucherausweise ü berpr ü fte und sie sich eintragen lie ß . Hinter zwei Schiebet ü ren befand sich ein Raum f ü r Anwaltsbesuche. Die Einrichtung bestand aus einem langen Tisch, der durch ein drei ß ig Zentimeter hohes Brett in seiner ganzen L ä nge geteilt wurde, und B ä nke zu beiden Seiten. Am hinteren Ende des Tisches sa ß eine Anw ä ltin, die sich gerade nach vorne lehnte und ihrem Klienten etwas zufl ü sterte, der seine H ä nde an die Ohren hielt, um besser h ö ren zu k ö nnen. Seine Ä rmel waren von den Muskeln bis zum Platzen gespannt. Er war ein regelrechtes Monster.
    An der Wand hinter ihnen hing ein Schild: BER Ü HREN; K Ü SSEN; Ü BER DIE TRENNWAND GREIFEN VERBOTEN. Darunter lehnte ein Deputy, die muskul ö sen Arme gekreuzt , und beobachtete die Anw ä ltin und ihren Klienten.
    W ä hrend sie darauf warteten, da ß Tyge gebracht wurde, begann Bosch, die Ger ä usche wahrzunehmen. Durch die Gittert ü r hinter dem Besuchertisch konnte er hundert Stimmen h ö ren, die metallisch hallten und einander ü bert ö nten. Irgendwo schlugen Stahlt ü ren zu, gellten unartikulierte

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