Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
Schreie.
Hinter der Gittert ü r erschien ein Deputy, der sie ansprach: » Es dauert noch ein paar Minuten, wir m ü ssen ihn erst aus der Sanit ä tsstation holen.«
Der Deputy war weg, bevor sie ihn fragen konnten, was passiert war. Bosch kannte den Jungen noch nicht einmal richtig, aber er f ü hlte, wie sich ihm der Magen zusammenschn ü rte. Als er zu Rickard schaute, l ä chelte der.
» Wir werden jetzt sicher einen Wandel erleben «, sagte der Drogen-Cop.
Bosch begriff Rickards Freude nicht. F ü r ihn war es der dreckigste Aspekt seines Berufs. Mit verzweifelten Mitteln Druck auf verzweifelte Leute auszu ü ben. Er war hier, weil es sein mu ß te. Es war sein Fall. Aber er verstand Rickard nicht.
» Was f ü r ein Interesse hast du an der ganzen Sache? Was willst du? « fragte Bosch ihn.
Rickard sah ihn an. » Was ich will? Ich will wissen, was los ist. Und ich glaub’, du bist der einzige, der das rausfinden kann. Also helfe ich, wo ich kann. Wenn wir dem Jungen den Arsch aufrei ß en m ü ssen … Okay! Was ich will? Ich will von dir wissen, was Cal getan hat und was deswegen unternommen wird.«
Bosch lehnte sich zur ü ck und versuchte eine Antwort zu finden. Das Monster am anderen Ende des Tisches wurde laut und sagte, er w ü rde das Angebot nicht annehmen. Der Deputy machte einen Schritt auf ihn zu, die Arme zum Zugreifen bereit an den Seiten. Der H ä ftling senkte wieder seine Stimme. Die Hemds ä rmel des Deputys waren aufgerollt, um die immensen Bizepse zur Schau zu stellen. Auf seinem m ä chtigen linken Unterarm sah Bosch die T ä towierung CL, fast wie ein Brandzeichen auf der wei ß en Haut. Bosch kannte die offizielle Erkl ä rung, da ß es Club Lynwood bedeutete, der Spitzname der Sheriffwache im Vorort Lynwood, einem offenen Kampfgebiet der Gangs. Die andere Bedeutung der Abk ü rzung war chango luchador, Rattenk ä mpfer. Der Deputy geh ö rte selbst einer Gang an – eine, die berechtigt war, Waffen zu tragen, und vom County bezahlt wurde.
Am liebsten h ä tte Bosch sich jetzt eine Zigarette angesteckt, aber in ö ffentlichen Geb ä uden war ein Rauchverbot erlassen worden, sogar im Gef ä ngnis. Fast w ä re es deswegen zu einer Revolte gekommen.
» Ich wei ß nicht, was ich dir ü ber Moore sagen soll «, begann Bosch. » Ich ermittle, aber es ist nicht meine Sache. Der Fall ü berschneidet sich mit zwei meiner F ä lle. Also l äß t es sich nicht vermeiden. Wenn mir der Junge Dance auf dem Tablett serviert, w ü rde mir das helfen. Ich kann mir Dance f ü r meine zwei F ä lle vornehmen, vielleicht sogar wegen Moore. Aber das ist nicht sicher. Was ich wei ß und was heute bekanntgegeben wird, ist, da ß Moore anscheinend ermordet wurde. Wovon die Ö ffentlichkeit nichts erf ä hrt, sind Moores krumme Gesch ä fte. Deshalb hat das DIE ihn unter die Lupe genommen. Er ist zur anderen Seite ü bergelaufen.«
» Das kann nicht sein «, sagte Rickard ohne Ü berzeugung. » Ich h ä tte davon gewu ß t.«
» Man kann niemandem ins Herz sehen. Jeder hat ein Geheimnis.«
» Und was will Parker Center unternehmen? «
» Keine Ahnung. Wahrscheinlich wissen sie nicht, was sie tun sollen. Sie wollten die Sache als Selbstmord begraben. Die Chef ä rztin der Gerichtsmedizin hat sich dann quergestellt, also haben sie es als Mord klassifiziert. Aber sie werden nicht den Korb schmutzige W ä sche nach drau ß en auf die Spring Street stellen, wo jeder Reporter rumschn ü ffeln kann.«
» Ich hoffe, die bringen ihre Untersuchung endlich auf Vordermann. Lang guck’ ich mir das nicht mehr an. Ganz egal, ob Moore sich verkauft hat. Ich habe ihn bei der Arbeit gesehen. Er war gut. Er konnte in eine Fixerh ö hle reingehen und ohne Deckung vier Dealer rausbringen. Ich habe gesehen, wie er sich einmal zwischen einem Zuh ä lter und sein Pferdchen gestellt hat. Den Schlag, der f ü r sie bestimmt war, hat er abbekommen. Seine Z ä hne sind ihm aufs Pflaster geflogen. Ein anderes Mal hat er neunmal Rotlicht durchfahren, um einen abgewrackten alten Junkie mit einer Ü berdosis ins Krankenhaus zu bringen.
Ein Cop, der die Hand offenh ä lt, macht so etwas nicht. Wenn er zur anderen Seite ü bergelaufen ist, dann hat er das mit der Absicht getan, wieder zur ü ckzukommen. Und deshalb hat man ihn bestimmt umgebracht.«
Er h ö rte auf zu reden, aber Bosch unterbrach nicht das Schweigen. Sie wu ß ten beide, da ß man von der anderen Seite nicht mehr zur ü ckkehrte. Jenseits der Gittert ü r
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