Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
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» Mexiko, hat er gesagt. Das ist alles, was ich wei ß . Er ist weg. Deshalb verkaufe ich Sherms.«
Der Junge schlo ß die Wagent ü r und verschwand in den Innenhof des Motels. Bosch blieb sitzen und dachte ü ber Rickards Frage nach. Wo w ü rde der Junge in einem Jahr sein? Er erinnerte sich, wie er vor vielen Jahren in heruntergekommenen Hotels gelebt hatte. Er hatte es geschafft und ü berlebt. Es gab immer eine Chance. Er lie ß den Motor an und fuhr los.
16
Nach dem Gespräch mit dem Jungen stand sein Entschlu ß fest. Er w ü rde nach Mexiko fahren. Alle Speichen des Rades deuten auf die Nabe. Die Nabe war Mexicali. Allerdings war ihm das schon eine ganze Weile klar.
Auf der Fahrt zum Wilcox-Revier versuchte er, sich einen Plan zurechtzulegen. Er mu ß te mit Aguila, dem Mann von der Justizpolizei, der die Suchmeldung nach Juan Doe #67 ans Konsulat geschickt hatte, Kontakt aufnehmen. Au ß erdem mu ß te er mit der DEA ü ber den Mexicali-Report sprechen, den sie Moore ü berlassen hatten. Und von Pounds brauchte er eine Genehmigung f ü r die Fahrt. Wenn er Pech h ä tte, k ä me dort gleich das Aus. Er w ü rde es umgehen m ü ssen.
Der Mordtisch im B ü roraum war unbesetzt. Es war nach vier Uhr an einem Freitag, der noch dazu zwischen den Feiertagen lag. Ohne brandneue F ä lle w ü rde jeder so schnell wie m ö glich nach Hause zur Familie oder in seine Privatwelt eilen. Pounds war noch in seinem Glaskasten. Er war nach vorne gebeugt und bem ü hte sich mit einem Lineal, seine S ä tze gerade aufs Papier zu bringen.
Bosch setzte sich und sah den Stapel rosa Zettel mit Telefonnachrichten f ü r ihn durch. Nichts erforderte sofortigen R ü ckruf. Zwei kamen von Bremmer von der Times unter dem Namen Jon Marcus – einem Decknamen, den sie einmal verabredet hatten, damit niemand erfuhr, da ß ein Reporter Bosch anrief. Einige kamen von Staatsanw ä lten, die F ä lle, die Harry bearbeitet hatte, zur Anklage brachten und die Informationen ben ö tigten oder Beweisst ü cke. Ein Zettel vermerkte einen Anruf von Teresa, aber an der Zeit sah er, da ß er danach mit ihr gesprochen hatte. Wahrscheinlich hatte sie angerufen, um ihm zu sagen, da ß sie nicht mehr mit ihm spreche.
Von Porter und Sylvia Moore gab es keine Nachrichten. Er nahm sich die Kopie der Suchmeldung aus Mexicali, die er von Capetillo bekommen hatte, und w ä hlte die Nummer, die Carlos Aguila angegeben hatte. Es war die allgemeine Nummer der Telefonvermittlung der Justizpolizei, und obwohl er seine Spanischkenntnisse vor kurzem aufgefrischt hatte, war er unsicher beim Sprechen, so da ß es f ü nf Minuten dauerte, bis er mit der richtigen Abteilung verbunden war und nach Aguila pers ö nlich fragte. Aguila war nicht anwesend. Statt dessen sprach er mit einem Captain, der ihm auf Englisch erkl ä rte, da ß Aguila nicht im B ü ro sei, aber sp ä ter zur ü ckkomme und auch samstags arbeite. Polizisten in Mexiko hatten eine Sechstagewoche, was Bosch bekannt war.
» Kann ich Ihnen helfen? « fragte der Captain.
Bosch erkl ä rte ihm, da ß er einen Mord untersuche und wegen Aguilas Suchmeldung anrief. Die Personenbeschreibung treffe auf seine Leiche zu. Der Captain antwortete, da ß ihm der Fall bekannt sei und er die Meldung entgegengenommen habe, bevor er sie an Aguila weitergab. Bosch fragte ihn, ob f ü r die Identifizierung Fingerabdr ü cke erh ä ltlich seien. Aber der Captain konnte ihm damit nicht dienen, wie Capetillo vorhergesagt hatte.
» Vielleicht hat man vor der Autopsie ein Foto gemacht, das Sie uns schicken k ö nnen. Dann k ö nnte die Familie von Mr. Guiterrez-Llosa ihn identifizieren.«
» Ich habe Fotos. Im Telex stand, da ß Guiterrez-Llosa Tagel ö hner ist? «
» Ja, er hat jeden Morgen am Kreis gestanden, wo Leute Arbeitskr ä fte f ü r den Tag anheuern. Unter der Statue von Benito Juarez.«
» Wissen Sie, ob er f ü r eine gewisse Firma, EnviroBreed, gearbeitet hat, die Erzeugnisse f ü r den Staat Kalifornien produziert? «
Es folgte ein langes Schweigen, bis der Mexikaner antwortete: » Tut mir leid. Seine Arbeitsverh ä ltnisse sind mir nicht bekannt. Ich habe mir Notizen gemacht und werde alles mit Detective Aguila besprechen, wenn er zur ü ckkehrt. Sobald wir die Fotos haben, werden wir sie der Familie vorlegen. Ich werde mich pers ö nlich darum k ü mmern und Sie vom Ergebnis benachrichtigen.«
Jetzt schwieg Bosch f ü r eine Weile.
» Captain, ich habe Ihren Namen nicht mitbekommen.«
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