Harry Bosch 02 - Schwarzes Eis
Hollywood-Schauspielerin anpries, die im Heft abgedruckt war. Bosch bl ä tterte durch das Magazin, mehr aus Neugier, denn im Glauben, irgendeinen Hinweis zu entdecken. Sicher hatte es jede Uniform, die seit dem Verschwinden Moores hier gewesen war, in den Fingern gehabt, und nat ü rlich auch jeder Anzug.
Nachdem er gesehen hatte, da ß die Fotos der Schauspielerin dunkle, grobk ö rnige Aufnahmen waren, auf denen man gerade noch erkennen konnte, da ß sie barbusig war, legte er das Heft zur ü ck. Wahrscheinlich stammten sie von einem fr ü hen Film, als sie noch nicht die volle Kontrolle ü ber die Ausbeutung ihres K ö rpers hatte. Er stellte sich die Entt ä uschung der M ä nner vor, wenn sie feststellten, da ß dies die versprochenen Fotos waren, deretwegen sie das Heft gekauft hatten. Er malte sich die Wut und Verlegenheit der Schauspielerin aus. Und er fragte sich, warum sich Cal Moore so etwas gekauft hatte. Sylvia Moores Bild erschien in seiner Vorstellung. Er schob das Magazin unter die Hemden und schlo ß die Schublade.
Die letzte Schublade enthielt zwei Sachen. Ein Paar verwaschener Bluejeans und eine wei ß e, zerknitterte Papiert ü te, die alt und schlaff war und einen dicken Packen Fotos enthielt. Das war es, weshalb er gekommen war. Er wu ß te es instinktiv, als er die T ü te anfa ß te, und nahm sie mit. Bevor er das Schlafzimmer verlie ß , schaltete er die Deckenlampe aus.
Nachdem er sich auf die Couch neben die Lampe gesetzt hatte, z ü ndete er sich eine Zigarette an und zog den Stapel Fotos aus der T ü te. Er sah sofort, da ß die meisten alt und verblichen waren. Das Betrachten dieser Fotos schien eine st ä rkere Verletzung der Privatsph ä re zu sein, als die Ver ö ffentlichung der Nacktfotos im Pornomagazin. Sie dokumentierten Cal Moores ungl ü ckliches Schicksal.
Die Fotos schienen chronologisch geordnet zu sein. Sie wechselten von verbla ß ten Schwarzwei ß aufnahmen zu Farbfotos. Auch andere Merkmale, wie Kleidung und Autos, best ä rkten diesen Eindruck.
Das erste Foto war schwarzwei ß und zeigte eine junge Latina in einer Art Krankenschwesteruniform. Sie war ein dunkler Typ und h ü bsch, mit einem m ä dchenhaften L ä cheln und einem ü berraschten Gesichtsausdruck. Das Foto war vor einem Swimmingpool aufgenommen worden, und sie hielt etwas hinter dem R ü cken versteckt. Bosch erkannte eine runde Kante und begriff, da ß es ein Tablett war, mit dem sie nicht hatte fotografiert werden wollen. Sie war keine Krankenschwester, sondern ein Dienstm ä dchen.
Es gab noch andere Fotos von ihr ü ber einen l ä ngeren Zeitraum. Die Jahre schadeten kaum ihrem Aussehen, lie ß en sich aber auch nicht verbergen. Sie bewahrte ihre exotische Sch ö nheit, doch nach und nach zeigten sich Sorgenfalten, und ihre Augen verloren W ä rme. Auf einigen der Fotos, die Bosch sah, hielt sie ein Baby, dann einen kleinen Jungen. Obwohl es ein Schwarzwei ß foto war, erkannte Bosch von nahem, da ß der Junge mit dem dunklen Haar und der dunklen Haut helle Augen hatte. Gr ü ne, glaubte Bosch. Es war Calexico Moore mit seiner Mutter.
Auf einem der Fotos standen die Frau und der kleine Junge vor einem gro ß en, wei ß en Haus mit einem spanischen Ziegeldach. Es sah aus wie eine Mittelmeervilla. Hinter Mutter und Sohn war unscharf ein Turm zu erkennen. Zwei verschwommene Fenster, die wie leere Augen wirkten, ö ffneten sich oben. Bosch erinnerte sich, wie Moore erz ä hlt hatte, da ß er in einem Schlo ß aufgewachsen war. Hier war es.
Auf einem anderen Foto stand der Junge steif neben einem Mann, einem Anglo-Amerikaner mit blonden Haaren und tiefgebr ä unter Haut. Sie hatten sich neben einen schnittigen Thunderbird aus den f ü nfziger Jahren gestellt. Der Mann st ü tzte sich mit einer Hand auf die Motorhaube und mit der anderen auf den Jungen. Beides war sein Besitz, schien das Foto auszusagen. Der Mann blinzelte in die Kamera.
Aber Bosch konnte seine Augen sehen. Es waren die gleichen gr ü nen Augen wie die seines Sohnes. Oben auf dem Kopf war sein Haar d ü nn, und indem Bosch es mit anderen Fotos des Jungen mit seiner Mutter zu dieser Zeit verglich, kam er auf einen gesch ä tzten Altersunterschied von f ü nfzehn Jahren zwischen Vater und Mutter. Das Foto von Vater und Sohn war an den R ä ndern abgegriffen – viel mehr als die anderen Bilder.
Mit den n ä chsten Aufnahmen wechselte der Schauplatz. Anscheinend waren sie in Mexicali fotografiert worden. Es waren weniger Fotos, die
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