Harry Bosch 03 - Die Frau im Beton
tun.«
Edgar pfiff leise und kurz. Harry blickte zum Fernseher und sah das bemalte Gesicht des Opfers auf dem Bildschirm. Kanal 7 war eingeschaltet. Die Kamera zeigte eine lange Nahaufnahme des Gesichts. Das Ergebnis war nicht schlecht. Wenigstens sah es nicht wie eine Torte aus. Dann wurden die zwei für die Öffentlichkeit bestimmten Telefonnummern der Fahndungsabteilung eingeblendet.
»Sie zeigen sie gerade«, sagte Bosch zu Sylvia. »Ich muß die Leitung freimachen. Ich ruf dich später wieder an, wenn ich etwas weiß.«
»Sicher«, sagte sie kühl und legte auf.
Edgar hatte jetzt Kanal 4 eingestellt, wo gerade das Gesicht gezeigt wurde. Dann wechselte er zu 2 und erwischte noch die letzten Sekunden ihres Berichts. Sie hatten sogar den Anthropologen interviewt.
»Saure Gurkenzeit «, sagte Bosch.
»Mann«, sagte Edgar. »Alle Segel sind gesetzt. Alles, was wir …«
Das Telefon klingelte, und er nahm sofort ab.
»Nein, es ist eben erst gesendet worden«, sagte er, nachdem er einige Augenblicke zugehört hatte. »Ja, ja, mach’ ich. Okay.«
Er legte auf und schüttelte den Kopf.
»Pounds?« fragte Bosch.
»Jaja. Er glaubt, wir hätten ihren Namen zehn Sekunden nach der Sendung. Mein Gott, was für ein Idiot.«
Die nächsten drei Anrufe kamen von Scherzbolden und bewiesen, wie unoriginell und geisteskrank Fernsehzuschauer waren. Alle drei Anrufer riefen »deine Mutter« oder etwas Ähnliches und legten lachend auf. Ungefähr zwanzig Minuten später bekam Edgar einen neuen Anruf und begann Notizen zu machen. Das Telefon klingelte wieder und Bosch nahm ab.
»Detective Bosch hier, mit wem spreche ich?«
»Wird das auf Tonband aufgenommen?«
»Nein, das wird nicht gemacht. Wer sind Sie?«
»Nicht so wichtig. Ich dachte, Sie würden gern den Namen des Mädchens wissen. Sie heißt Maggie Soundso. Ein mexikanischer Name. Ich hab’ sie auf Videos gesehen.«
»Was für Videos? MTV?«
»Nein, Sherlock. Pornos. Sie fickt im Film. War gut. Konnte mit ihrem Mund ein Gummi über’n Schwanz ziehen.«
Es wurde aufgelegt. Bosch machte ein paar Notizen. Mexikanisch? Seiner Ansicht nach sah das Gesicht nach dem Anmalen nicht aus, als wäre das Opfer eine Latina gewesen.
Edgar legte auf und sagte, sein Anrufer meinte, sie hieße Becky und habe vor ein paar Jahren in Studio City gelebt.
»Was hast du?«
»Maggie. Kein Nachname. Wahrscheinlich ein lateinamerikanischer Familienname. Er hat sie angeblich in einem Porno gesehen.«
»Das würde passen, nur daß sie nicht mexikanisch aus sieht.«
»Hab’ ich mir auch gedacht.«
Das Telefon klingelte wieder. Edgar nahm ab und hörte kurz zu. Dann legte er auf.
»Wieder jemand, der meine Mutter erkannt hat.«
Bosch nahm den nächsten Anruf entgegen.
»Ich wollte nur sagen, daß das Mädchen, das sie im Fernsehen gezeigt haben, in einem Porno war«, sagte die Stimme.
»Woher wissen Sie, daß Sie in einem Porno war?«
»Ich habe sie nach dem Ding erkannt, das sie im Fernsehen gezeigt haben. Ich habe ein Pornovideo ausgeliehen. Nur einmal. Sie war drauf.«
Nur einmal, dachte Bosch, aber er konnte sich erinnern. Klar.
»Wissen Sie ihren Namen?«
Das andere Telefon läutete und Edgar nahm den Hörer ab.
»Namen weiß ich nicht«, sagte der Anrufer zu Bosch. »Haben ja doch alle Künstlernamen.«
»Wie hieß das Video?«
»Kann mich nicht erinnern. Ich war, mh, betrunken, als ich es sah. Wie gesagt, ich hab’s nur einmal gesehen.«
»Hören Sie, ich bin nicht Ihr Beichtvater. Wissen Sie sonst noch etwas?«
»Nein, du Klugscheißer.«
»Wie heißen Sie?«
»Das muß ich nicht sagen.«
»Hören Sie mal zu, wir versuchen, den Mörder zu finden. Wie hieß der Laden, wo Sie es ausgeliehen haben?«
»Das werde ich nicht sagen. Sie könnten meinen Namen von Ihnen bekommen. Ist sowieso egal, diese Videos gibt es überall, in jedem Pornoladen.«
»Woher wissen Sie das denn, wenn Sie nur einmal ein Video ausgeliehen haben?«
Der Anrufer hängte auf.
Bosch blieb noch eine Stunde. Am Ende hatte er fünf Anrufe, die behaupteten, das bemalte Gesicht gehöre einem Pornostarlet. Nur der eine Anrufer hatte angegeben, ihr Name sei Maggie, die vier anderen hatten erklärt, daß sie auf Namen nicht groß achteten. Ein Anrufer hatte sie als Becky von Studio City identifiziert, und ein anderer gab an, sie habe mal eine Zeitlang im Booby Trap auf der La Brea Avenue gestrippt. Ein Mann rief an und sagte, das Gesicht sei das seiner vermißten Frau. Im weiteren Gespräch
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