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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Blick wanderte zu der Treppe, die zu den Kabinen und zur Pütz hinabführte. Mit erhobener Waffe begann er sich in diese Richtung zu bewegen.
    Auf der zweiten der vier Stufen trat McCaleb auf ein rissiges Brett, das unter seinem Gewicht ächzte. Er erstarrte und horchte auf eine Reaktion. Aber zu hören waren nur die Stille und das unablässige Plätschern des Wassers an den Bordwänden. Von dem kurzen Gang am Ende der Treppe gingen drei Türen ab. Geradeaus vor ihm befand sich die Bugkabine, die als Büro und Aktenarchiv diente. Rechts war die Hauptkabine, links die Toilette.
    Die Tür zur Hauptkabine war geschlossen und McCaleb konnte sich nicht erinnern, ob sie das auch gewesen war, als er 24 Stunden zuvor von Bord gegangen war. Die Tür zur Toilette war weit offen und an der Innenwand festgehakt, damit sie nicht zuschlagen konnte, wenn das Boot schaukelte. Die Bürotür war halb offen und schwang mit den Bewegungen des Boots leicht hin und her. In dem Raum dahinter brannte ein Licht und McCaleb konnte erkennen, dass es die Lampe über dem Schreibtisch war, der in die untere der zwei Kojen links von der Tür eingebaut war. McCaleb beschloss, zuerst in der Toilette nachzusehen, dann im Büro und zuletzt in der Hauptkabine. Als er sich der Toilette näherte, roch er Zigarettenrauch.
    Die Toilette war leer und überhaupt zu klein, um jemandem als Versteck zu dienen. Als er sich der Bürotür zuwandte und die Waffe hob, kam aus dem Raum dahinter eine Stimme.
    »Kommen Sie rein, Terry.«
    Er kannte die Stimme. Vorsichtig machte er einen Schritt nach vorn und stieß mit der freien Hand die Tür auf. Die Waffe behielt er weiter oben.
    Die Tür schwang auf und da saß Harry Bosch am Schreibtisch. Er hatte sich ganz locker zurückgelehnt und blickte zur Tür. Seine beiden Hände waren zu sehen. Sie waren bis auf die unangezündete Zigarette zwischen den Fingern seiner rechten Hand leer. Langsam betrat McCaleb den kleinen Raum. Die Glock hielt er immer noch hoch und auf Bosch gerichtet.
    »Wollen Sie mich erschießen? Wollen Sie mein Ankläger und mein Henker sein?«
    »Das ist Hausfriedensbruch.«
    »Dann wären wir wohl quitt.«
    »Wie bitte?«
    »Diese kleine Vorstellung neulich bei mir zu Hause – wie würden Sie das nennen? ›Harry, ich habe da noch ein paar Fragen zu dem Fall.‹ Nur dass Sie nie irgendwelche richtigen Fragen gestellt haben. Stattdessen werfen Sie einen Blick auf das Foto meiner Frau und erkundigen sich nach ihr und fragen mich nach dem Bild im Flur und trinken mein Bier und, ach ja, Sie erzählen mir, dass Sie in den blauen Augen ihrer kleinen Tochter Gott gefunden haben. Wie würden Sie das alles nennen, Terry?«
    Bosch drehte sich auf dem Stuhl lässig herum und sah über seine Schulter auf den Schreibtisch. McCaleb blickte ebenfalls dorthin und sah, dass sein Laptop aufgeklappt und angeschaltet war. Auf dem Bildschirm konnte er sehen, dass Bosch die Datei mit den Notizen für das Täterprofil geöffnet hatte, das er hatte erstellen wollen, bis sich am Tag zuvor alles schlagartig geändert hatte.
    »Für mich ist das Hausfriedensbruch«, sagte Bosch, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden. »Wenn nicht sogar Schlimmeres.«
    Die Haltung, die Bosch inzwischen einnahm, ließ seine lederne Bomberjacke auseinanderklaffen, sodass McCaleb die Pistole sehen konnte, die in einem Hüftholster steckte. Seine eigene Waffe hielt er weiterhin schussbereit.
    Bosch sah wieder ihn an.
    »Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir das alles anzusehen. Scheinen jedenfalls eine Menge Aufzeichnungen und Analysen zu sein. Wahrscheinlich lauter erstklassiges Material, wie ich Sie kenne. Aber irgendwo, irgendwie haben Sie sich getäuscht, McCaleb. Ich war’s nicht.«
    Langsam ließ sich McCaleb in die untere der beiden Kojen auf der gegenüberliegenden Seite sinken. Inzwischen hielt er die Waffe nicht mehr genau auf Bosch gerichtet. Er spürte, dass von Bosch keine unmittelbare Gefahr drohte. Wenn er gewollt hätte, hätte er ihm einen Hinterhalt legen können, als er hereingekommen war.
    »Sie sollten nicht hier sein, Harry. Sie sollten nicht mit mir sprechen.«
    »Ich weiß, alles, was ich sage, kann und wird vor Gericht gegen mich verwendet werden. Aber mit wem soll ich sonst reden? Sie haben den Verdacht auf mich gelenkt. Ich möchte, dass Sie ihn wieder von mir nehmen.«
    »Da kommen Sie leider zu spät. Der Fall ist mir entzogen worden. Und Sie werden bestimmt nicht begeistert sein zu hören, wer ihn jetzt

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