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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hat.«
    Bosch sah ihn nur an und wartete.
    »Die Bürgerrechtsabteilung des FBI. Wenn Sie denken, die Dienstaufsicht ist schlimm, dann sollten Sie erst mal diese Typen kennen lernen. Die reinsten Kopfgeldjäger. Und ein LAPD-Kopf bringt besonders viel.«
    »Wie ist das passiert? Der Journalist?«
    McCaleb nickte.
    »Er hat also auch mit Ihnen gesprochen.«
    Bosch nickte.
    »Er hat es versucht. Gestern.«
    Bosch blickte um sich, bemerkte die Zigarette in seiner Hand und steckte sie sich in den Mund.
    »Was dagegen, wenn ich rauche?«
    »Haben Sie doch schon.«
    Bosch zog ein Feuerzeug aus der Jackentasche und zündete die Zigarette an. Er zog den Mülleimer unter dem Schreibtisch hervor und stellte ihn neben sich, um ihn als Aschenbecher zu benutzen.
    »Irgendwie komme ich einfach nicht los von den Dingern.«
    »Suchtgefährdete Persönlichkeit. Eine gute und schlechte Eigenschaft bei einem Polizisten.«
    »Ach ja?«
    Er nahm einen Zug von der Zigarette.
    »Wir kennen uns nun schon wie lange? Zehn, zwölf Jahre?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Wir haben Fälle bearbeitet und man bearbeitet mit niemand einen Fall, ohne sich ein Urteil über ihn zu bilden. Wissen Sie, was ich meine?«
    McCaleb antwortete nicht. Bosch stippte die Zigarette gegen den Rand des Mülleimers.
    »Und wissen Sie, was mich am meisten trifft? Mehr sogar als die Anschuldigung selbst? Dass sie von Ihnen kommt. Dass Sie so etwas denken konnten. Was Sie sich für ein Urteil von mir gebildet haben müssen, um überhaupt auf so eine Idee kommen zu können.«
    McCaleb machte mit beiden Hände eine Geste, als wolle er sagen, die Antwort läge auf der Hand.
    »Menschen verändern sich. Wenn ich in meinem Job etwas über die Menschen gelernt habe, dann, dass jeder von uns zu allem imstande ist, solange nur die Begleitumstände, die Zwänge, die Motive und der Zeitpunkt stimmen.«
    »Das ist doch alles Psycho-Quatsch. Das hat nichts …«
    Boschs Satz dümpelte aus und er sprach ihn nicht zu Ende. Stattdessen blickte er wieder auf den Computer und die über den Schreibtisch verteilten Papiere. Er deutete mit der Zigarette auf den Bildschirm des Laptops.
    »Sie sprechen da von Dunkelheit … einem Dunkel, tiefer als die Nacht.«
    »Was soll damit sein?«
    »Als ich in Vietnam war …« Er nahm einen tiefen Zug von der Zigarette. Als er wieder ausatmete, legte er den Kopf in den Nacken und schoss den Rauch zur Decke hoch. »Ich wurde in die unterirdischen Gänge geschickt und ich will Ihnen mal was sagen: Sie wollen wissen, was Dunkelheit ist? – das war Dunkelheit. Da unten. Manchmal konnte man nicht mal die eigene Hand vor Augen sehen. Es war so dunkel, dass die Augen vor Anstrengung schmerzten, wenn man irgendwas zu erkennen versuchte. Egal, was es war.«
    Er nahm einen weiteren tiefen Zug von der Zigarette. McCaleb beobachtete Boschs Augen. Sie starrten ausdruckslos auf die Erinnerung. Dann war er plötzlich wieder zurück. Er drückte die halb gerauchte Zigarette am inneren Rand des Mülleimers aus und warf sie hinein.
    »So versuche ich, damit aufzuhören. Ich rauche diese beschissenen Mentholdinger und nie mehr als eine halbe. Auf diese Weise habe ich es geschafft, meinen Zigarettenkonsum auf ungefähr ein Päckchen pro Woche zu reduzieren.«
    »So wird das aber bestimmt nichts.«
    »Ich weiß.«
    Er sah McCaleb an und setzte, wie zu seiner Entschuldigung, ein schiefes Lächeln auf. Gleich darauf veränderten sich seine Augen und er kehrte zu seiner Geschichte zurück.
    »Manchmal war es aber auch nicht so dunkel da unten. In den unterirdischen Gängen. Irgendwie gab es gerade genügend Licht, um sich zurechtzufinden. Ich kriegte nur nie raus, woher es kam. Es war, als wäre es mit uns dort unten eingesperrt. Meine Kumpel und ich, wir nannten es verlorenes Licht. Es war verloren, aber wir haben es gefunden.«
    McCaleb wartete, aber das war alles, was Bosch sagte.
    »Was wollen Sie damit sagen, Harry?«
    »Dass Sie irgendwas übersehen haben. Ich weiß zwar nicht, was, aber irgendwas haben Sie übersehen.«
    Seine dunklen Augen blieben weiter auf McCaleb geheftet. Er langte hinter sich, nahm den Packen mit den Kopien von Jaye Winstons Unterlagen vom Schreibtisch und warf ihn McCaleb in den Schoß. McCaleb machte keine Anstalten, sie aufzufangen, sodass sie in wildem Durcheinander auf den Boden fielen.
    »Sehen Sie noch mal rein da. Sie haben was übersehen. Was Sie bisher gesehen haben, hat auf mich gedeutet. Sehen Sie noch mal rein und suchen Sie das

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