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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Oberschenkel gegen die gepolsterte Reling. Den Rücken Lockridge zugewandt, blickte er den Hügel über dem Geschäftsviertel der kleinen Stadt hinauf. Er konnte sein Haus sehen. Graciela war mit dem Baby im Arm auf der Terrasse. Sie winkte und dann machte sie mit Cielos Hand Winkewinke. McCaleb winkte zurück.
    »Was soll ich jetzt tun?«, fragte Buddy hinter ihm. Inzwischen hatte er seine Stimme besser unter Kontrolle. »Was soll ich sagen? Dass ich es nicht wieder tun werde? Okay, ich werde es nicht wieder tun.«
    McCaleb drehte sich nicht um. Er blickte weiter zu seiner Frau und seiner Tochter hinauf.
    »Das hättest du dir früher überlegen sollen. Jetzt ist es zu spät. Der Schaden ist angerichtet. Ich muss erst darüber nachdenken. Wir sind sowohl Partner als auch Freunde. Oder zumindest waren wir das. Im Moment will ich nur eins: dass du auf der Stelle verschwindest. Ich gehe jetzt zu Raymond rein. Nimm das Beiboot und fahr damit zum Anleger zurück. Nimm heute Abend die Fähre. Ich will dich nicht mehr hier sehen, Buddy. Das packe ich im Moment einfach nicht.«
    »Wie kommt ihr dann an Land zurück?«
    Es war eine verzweifelte Frage mit einer offensichtlichen Antwort.
    »Mit dem Wassertaxi.«
    »Nächsten Samstag haben wir einen Charter. Fünf Leute und –«
    »Über nächsten Samstag werde ich mir Gedanken machen, wenn ich dazu komme. Notfalls sage ich ihnen ab oder verweise sie an Jim Hall.«
    »Terry, ist das wirklich dein Ernst? Ich habe doch nichts weiter getan, als –«
    »Das ist mein voller Ernst. Geh endlich, Buddy. Ich habe keine Lust, noch länger darüber zu reden.«
    McCaleb drehte sich um und ging an Lockridge vorbei zur Kajütentür. Er öffnete sie, ging nach drinnen und schob sie wieder hinter sich zu. Er blickte sich nicht nach Buddy um. Er ging zum Kartentisch und nahm einen Umschlag aus der Schublade. Er nahm einen Fünfdollarschein aus seiner Hosentasche, steckte ihn hinein, klebte ihn zu und schrieb Raymonds Namen darauf.
    »Hey, Raymond, wo steckst du?«, rief er.
    * * *
    Zum Abendessen gab es gegrillte Käsesandwiches und Chili. Das Chili war vom Busy Bee. McCaleb hatte es mitgenommen, als er mit Raymond vom Boot zurückgekommen war.
    McCaleb saß seiner Frau gegenüber. Raymond war links von ihm und das Baby in der Wippe, die rechts von ihm auf dem Tisch stand. Da der Abendnebel die Insel in seinen kühlen Griff genommen hatte, aßen sie im Haus. Wie schon den ganzen Tag über verharrte McCaleb während des Essens in missmutigem Schweigen. Nachdem er und Raymond früh wieder nach Hause gekommen waren, hatte Graciela beschlossen, ihn in Ruhe zu lassen und mit Raymond im Wrigley Botanical Garden im Avalon Canyon einen Spaziergang zu machen. McCaleb blieb mit dem Baby, das fast den ganzen Tag quengelte, zu Hause. Das machte ihm aber nichts. Es lenkte ihn ab.
    Beim Abendessen konnten sie sich allerdings nicht mehr länger aus dem Weg gehen. Weil McCaleb die Sandwiches gemacht hatte, setzte er sich als Letzter an den Tisch. Er hatte kaum zu essen begonnen, als Graciela fragte, was er hätte.
    »Nichts«, antwortete er. »Alles bestens.«
    »Raymond hat gesagt, du hättest mit Buddy Streit gehabt.«
    »Vielleicht sollte sich Raymond lieber um seinen eigenen Kram kümmern.«
    Er sah den Jungen an, als er das sagte, und Raymond sah auf sein Essen.
    »Das ist nicht fair, Terry«, sagte Graciela.
    Sie hatte Recht. McCaleb wusste es. Er zerzauste dem Jungen das Haar. Es war so weich. Er tat es gern. Er hoffte, die Geste brächte zum Ausdruck, dass es ihm Leid tat.
    »Der Fall ist mir entzogen worden, weil Buddy einem Journalisten davon erzählt hat.«
    »Was?«
    »Wir sind – das heißt, ich bin auf einen Verdächtigen gestoßen. Einen Polizisten. Buddy hat heimlich mitgehört, als ich Jaye Winston erzählte, was ich rausgefunden hatte. Und dann wusste er nichts Besseres zu tun, als alles brühwarm einem Journalisten zu erzählen. Der Journalist hängte sich prompt ans Telefon und jetzt denken Jaye und ihr Captain, ich hätte alles an die Presse weitergeleitet.«
    »Das verstehe ich nicht. Warum hat Buddy das getan?«
    »Keine Ahnung. Das hat er mir nicht gesagt. Das heißt, eigentlich schon. Er sagte, er hätte gedacht, es wäre nicht so tragisch und würde mir nichts ausmachen. Sinngemäß jedenfalls. Das war heute auf dem Boot.«
    Dann machte er eine Geste in Richtung Raymond, die zum Ausdruck bringen sollte, das sei die Auseinandersetzung gewesen, die der Junge zum Teil mitbekommen

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