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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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nicht dort war. Er hatte ihn auf dem Bett liegen gelassen. Als er sich darauf zum Bett umdrehte, sah er, dass sich McCaleb, immer noch nackt, aufgesetzt hatte und eine der beiden Waffen auf die Tür richtete.
    Boschs Blick folgte dem Lauf der Waffe zur Tür. Mit beiden Händen eine Pistole haltend, die Beine in der Hocke, wirbelte ein Mann in den Raum. Er zielte auf Bosch. Ein Schuss fiel und vom Türstock stoben Holzsplitter davon. Der Mann mit der Pistole fuhr zusammen. Dann fing er sich wieder und kniff die Augen zusammen, um erneut zu zielen. Es fiel noch ein Schuss und noch einer und noch einer. In dem engen, holzvertäfelten Raum war das Krachen ohrenbetäubend. Bosch sah, wie eine Kugel in die Wand schlug und zwei den Eindringling in die Brust trafen, sodass er rücklings durch die Türöffnung und gegen die Flurwand flog. Er sank zu Boden, war aber von der Kabine aus noch zu sehen.
    »Nein!«, schrie Tafero, der am Boden lag. »Nicht, Jesse!«
    Der getroffene Eindringling bewegte sich zwar noch, konnte seine Bewegungen aber nicht mehr kontrollieren. Mühsam hob er mit einer Hand die Waffe und unternahm einen kläglichen Versuch, sie erneut auf Bosch zu richten.
    Ein weiterer Schuss fiel und Bosch sah, wie sich die Wange des Mannes in einer Explosion aus Blut auflöste. Sein Kopf schnellte gegen die Wand zurück und er rührte sich nicht mehr.
    »Nein!«, schrie Tafero noch einmal.
    Dann wurde es still.
    Bosch sah zum Bett. McCaleb hielt die Waffe immer noch auf die Tür gerichtet. In der Mitte des Raums stieg eine Wolke aus blauem Pulverdampf auf. Die Luft roch beißend und verbrannt.
    Bosch nahm seinen Revolver vom Bett und ging auf den Flur hinaus, wo er neben dem niedergeschossenen Mann niederkauerte. Er brauchte ihn jedoch nicht anzufassen, um zu wissen, dass er tot war. Während der Schießerei hatte er den Eindruck gehabt, er erkenne in dem bewaffneten Eindringling Taferos jüngeren Bruder wieder, der im Kautionsbüro arbeitete. Jetzt war von seinem Gesicht fast nichts mehr übrig.
    Bosch richtete sich auf und ging in die Toilette, um ein Kosmetiktuch zu holen. Damit nahm er dem Toten die Waffe aus der Hand, trug sie in die Kabine zurück und legte sie auf den Nachttisch. Die Waffe, die McCaleb benutzt hatte, lag jetzt auf dem Bett. McCaleb stand auf der anderen Seite des Betts. Er hatte die Trainingshose an und streifte sich das Sweatshirt über. Als sein Kopf im Halsausschnitt zum Vorschein kam, sah er Bosch an.
    Bosch nickte.
    »Jetzt sind wir wohl quitt«, sagte er.
    Tafero richtete sich an der Wand zu einer sitzenden Haltung auf. Aus seiner Nase kam Blut. Es floss um seine Mundwinkel und sah aus wie ein grotesker Fu-Manchu-Schnurrbart. Bosch nahm an, dass er sich die Nase gebrochen hatte, als er mit dem Kopf voran gegen die Wand geflogen war. Jetzt saß er zusammengesunken an der Wand und starrte entsetzt auf den Toten im Flur.
    Bosch nahm das Papiertuch, um die Schusswaffe vom Bett zu heben und zu der anderen auf den Nachttisch zu legen. Dann zog er ein Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer. Während er wartete, dass die Verbindung zustande kam, sah er Tafero an.
    »Sie haben Ihren kleinen Bruder auf dem Gewissen, Rudy«, sagte er. »Schöner Mist.«
    Tafero senkte den Blick und begann zu weinen.
    Inzwischen hatte Bosch die Zentrale dran. Er gab die Adresse des Jachthafens durch und sagte, er bräuchte ein Team der Spezialeinheit für Schusswechsel mit Polizisten. Außerdem forderte er ein gerichtsmedizinisches Team und die Spurensicherung an. Um zu vermeiden, dass die Medien mithilfe eines Polizeifunk-Scanners jetzt schon Wind von der Sache bekämen, bat er ausdrücklich darum, keine dieser Durchsagen über Funk zu machen.
    Er machte das Telefon aus und hielt es hoch, damit McCaleb es sehen konnte.
    »Möchten Sie einen Krankenwagen? Sie sollten sich lieber untersuchen lassen.«
    »Mir fehlt nichts.«
    »Ihr Hals sieht aus, als könnte er –«
    »Mir fehlt nichts, habe ich gesagt.«
    Bosch nickte.
    »Wie Sie meinen.«
    Er ging um das Bett herum und blieb vor Tafero stehen.
    »Dann werde ich erst mal ihn hier rausschaffen, ihn ins Auto setzen.«
    Er zog Tafero auf die Beine hoch und schob ihn zur Tür. Als Tafero auf dem Flur an der Leiche seines Bruders vorbeikam, entfuhr ihm ein lautes Winseln, wie von einem Tier. Es überraschte Bosch, einen solchen Laut von einem so großen und kräftig gebauten Mann zu hören.
    »Ja, ganz schön schlimm«, sagte Bosch ohne einen Anflug von Mitleid in

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