Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht
Restaurant am Hollywood Boulevard, zu Mittag. Es war an einem Freitag, und wenn wir Zeit haben, essen wir dort normalerweise immer. Um elf Uhr achtundvierzig ertönte mein Pager. Auf dem Display war die Nummer meiner Vorgesetzten, Lieutenant Grace Billets. Noch während ich sie anrief, ertönten auch die Pager meiner Partner Jerry Edgar und Kizmin Rider. Zu diesem Zeitpunkt war uns klar, dass wir wahrscheinlich einen Fall bekommen hatten. Ich sprach mit Lieutenant Billets, worauf sie mein Team in die Nichols Canyon Road eintausendeins schickte, in die vor uns bereits ein Streifenwagen und der Notarzt gerufen worden waren. Sie meldeten, sie hätten eine junge Frau unter verdächtigen Begleitumständen tot in ihrem Bett gefunden.«
»Fuhren Sie daraufhin zu der angegebenen Adresse?«
»Nein. Ich hatte meine beiden Partner in meinem Wagen zum Musso’s mitgenommen, und da dieses Restaurant nur ein paar Straßen von der Hollywood Station entfernt liegt, fuhr ich meine Partner zunächst dorthin zurück, damit sie ihre eigenen Autos nehmen konnten. Anschließend fuhren wir alle drei getrennt in die Nicholas Canyon Road. Man kann nämlich vorher nie sagen, wohin man von einem Tatort fahren muss. Deshalb ist es allgemein üblich, dass jeder Detective seinen oder ihren eigenen Wagen nimmt.«
»Wussten Sie zu diesem Zeitpunkt, wer das Opfer war oder was genau die verdächtigen Begleitumstände ihres Todes waren?«
»Nein, das wusste ich nicht.«
»Was fanden Sie vor, als Sie am Tatort ankamen?«
»Es war ein kleines Dreizimmerhaus mit Blick auf den Canyon. Davor standen zwei Streifenwagen. Der Notarzt war schon wieder weggefahren, nachdem sich herausgestellt hatte, dass das Opfer tot war. Im Haus waren zwei Streifenpolizisten und ein Sergeant. Auf der Couch im Wohnzimmer saß eine Frau. Sie weinte. Sie wurde mir als Jane Gilley vorgestellt. Sie bewohnte das Haus zusammen mit Ms. Krementz.«
An dieser Stelle hielt Bosch inne und wartete auf eine Frage. Langwiser flüsterte, über den Tisch der Anklage gebeugt, ihrem Mitankläger Roger Kretzler etwas zu.
»Ms. Langwiser, ist damit Ihre Befragung von Detective Bosch beendet?«, fragte Richter Houghton.
Langwiser, die nicht gemerkt hatte, dass Bosch verstummt war, zuckte hoch.
»Nein, Euer Ehren.«
Sie kehrte zum Pult zurück.
»Fahren Sie fort, Detective Bosch. Erzählen Sie uns, was geschah, als Sie das Haus betraten.«
»Ich sprach mit Sergeant Kim, der mir erklärte, im Schlafzimmer im rechten hinteren Teil des Hauses sei eine junge Frau, die in ihrem Bett verstorben war. Er machte mich mit der Frau auf der Couch bekannt und versicherte mir, seine Leute hätten das Schlafzimmer unverzüglich verlassen, sobald der Notarzt den Tod des Opfers festgestellt hatte, und dort nichts angefasst. Darauf ging ich den kurzen Gang zum Schlafzimmer hinunter und betrat es.«
»Was fanden Sie dort vor?«
»Ich sah das Opfer auf dem Bett liegen. Es war eine schlanke Weiße mit blonden Haaren. Später stellte sich heraus, dass es sich dabei um die dreiundzwanzigjährige Jody Krementz handelte.«
Langwiser bat um Erlaubnis, Bosch eine Reihe von Fotos zeigen zu dürfen. Houghton gestattete es und erklärte, es handle sich dabei um Polizeifotos des Opfers in situ – so, wie die Polizisten die Leiche ursprünglich vorgefunden hatten. Die Tote lag auf dem Rücken. Die Bettdecke war zur Seite gezogen, sodass zu sehen war, dass der Körper nackt und die Beine gespreizt waren, mit etwa einem halben Meter Abstand an den Knien. Obwohl sich der Körper in horizontaler Lage befand, behielten die großen Brüste ihre volle Form bei, ein Anzeichen für Brustimplantate. Der linke Arm lag auf dem Bauch. Die Handfläche der linken Hand bedeckte den Schambereich. Zwei Finger der linken Hand penetrierten die Vagina.
Die Augen des Opfers waren geschlossen und der Kopf lag, allerdings stark abgewinkelt, auf einem Kissen. Fest um ihren Hals geschlungen war ein gelber Schal, dessen eines Ende über die oberste Querstange des Kopfteils führte und in der rechten Hand des Opfers endete, die über dem Kopf auf dem Kissen lag.
Bei den Fotos handelte es sich um Farbaufnahmen. Da, wo sich der Schal um den Hals des Opfers geschnürt hatte, war die Haut rötlichviolett verfärbt. In und um die Augenhöhlen war eine rouge-artige Verfärbung erkennbar. Entlang der gesamten linken Körperseite, einschließlich des linken Arms und Beins, verlief eine bläuliche Verfärbung.
Nachdem Bosch die Fotos als
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