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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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hoch.«
    »Höhere berufliche Stellung, höherer Stress, höhere Vergehensebene.«
    »Das dachten wir auch. Aber wir hatten keine Beweise. Deshalb ließ sich Bosch was einfallen. Er sagte, wir alle – ich, er und unsere Partner – sollten diese Type, er hieß Hagen, in seiner Wohnung aufsuchen. Er sagte, ein FBI-Agent hätte ihm mal gesagt, man sollte sich einen Verdächtigen, wenn es sich irgendwie machen ließ, immer zu Hause vorknöpfen, weil einem seine Umgebung oft mehr verriet als seine Lippen.«
    McCaleb verkniff sich ein Grinsen. Das war eine Lektion, die er im Cielo-Azul-Fall gelernt hatte.
    »Wir folgten also Hagen nach Hause. Er lebte drüben in Los Feliz in einem großen, heruntergekommenen alten Haus, etwas abseits der Franklin. Da die dritte Frau bereits vier Tage vermisst war, wussten wir, dass wir nicht mehr viel Zeit hatten. Wir klingelten und taten so, als wüssten wir nichts von seiner Vorstrafe und wollten ihn nur um seine Hilfe bei der Überprüfung der Angestellten in der Reinigung bitten. Einfach um zu sehen, wie er reagieren würde oder ob ihm ein Fehler unterlief.«
    »Klar.«
    »Also, wir waren im Wohnzimmer dieses Kerls und das Reden übernahm hauptsächlich ich, weil Bosch sehen wollte, wie der Typ darauf reagieren würde – Sie wissen schon, auf eine Frau in übergeordneter Position. Wir waren noch keine fünf Minuten da, als Bosch plötzlich aufstand und sagte: ›Das ist er. Sie ist hier irgendwo.‹ Und als er das sagte, sprang Hagen auf und rannte zur Tür. Er kam nicht weit.«
    »War das ein Bluff oder Teil des Plans.«
    »Weder – noch. Bosch wusste es einfach. Auf einem Beistelltisch neben dem Sofa war so ein Babyphon, Sie kennen doch diese Dinger? Als Bosch das sah, war der Fall für ihn klar. Es war nämlich das falsche Teil. Der Sender. Das hieß, der Empfänger war irgendwo anders. Wenn man ein Kind hat, ist es umgekehrt. Man hört im Wohnzimmer auf die Geräusche im Kinderzimmer. Aber hier war es andersrum. In Griffins Psychogramm hatte gestanden, dass der Täter jemand war, der es genoss, andere zu beherrschen, und sein Opfer vermutlich auch verbal quälte. Als Bosch deshalb den Sender sah, fiel bei ihm der Groschen; dieser Typ musste sie irgendwo festhalten und geilte sich daran auf, zu ihr zu sprechen.«
    »Hatte er Recht?«
    »Hundertprozentig. Wir fanden sie in der Garage in einer ausgeschalteten Gefriertruhe, in die drei Luftlöcher gebohrt waren. Wie ein Sarg. Und das Empfangsteil des Babyphons war bei ihr. Später erzählte sie uns, dass er unablässig mit ihr gesprochen hatte, wenn er im Haus war. Auch vorgesungen hat er ihr. Die Hitparade. Allerdings wandelte er die Texte ab und sang ständig, wie er sie vergewaltigen und umbringen würde.«
    McCaleb nickte. Er wünschte, er wäre damals dabei gewesen, denn er wusste, was in Bosch vorgegangen war, in diesem ganz besonderen Moment, wenn sich alles verdichtet, wenn die Atome aufeinander prallen. Wenn man es plötzlich einfach weiß. Dieser Moment, der ebenso erregend wie beängstigend ist. Dieser Moment, auf den jeder Detective beim Morddezernat hinlebt.
    »Der Grund, warum ich diese Geschichte erzähle, ist allerdings das, was Bosch danach getan und gesagt hat. Sobald wir Hagen auf dem Rücksitz eines unserer Autos verstaut hatten und anfingen, das Haus zu durchsuchen, setzte sich Bosch neben das Babyphon im Wohnzimmer. Er stellte es an und sprach zu ihr. Und zwar so lange, bis wir sie gefunden hatten. Er sagte: ›Jennifer, wir sind hier. Es kann Ihnen nichts mehr passieren, Jennifer, wir suchen Sie. Sie befinden sich in Sicherheit und wir holen Sie da raus. Niemand wird Ihnen etwas zuleide tun.‹ Er hörte nicht auf, auf sie einzureden, sie zu trösten.«
    Sie machte eine lange Pause und McCaleb sah, dass ihr Blick auf die Erinnerung gerichtet war.
    »Nachdem wir sie gefunden hatten, fühlten wir uns alle unglaublich gut. So ein Hochgefühl hatte ich in meinem Job noch nie. Ich ging zu Bosch und sagte: ›Sie haben sicher Kinder. Sie haben mit ihr gesprochen, als wäre sie eins von Ihren.‹ Und er schüttelte nur den Kopf und sagte nein. Er sagte: ›Ich weiß nur, wie es ist, allein und im Dunkeln zu sein.‹ Dann ging er weg.«
    Sie blickte von der Tür zu McCaleb zurück.
    »Als Sie die Dunkelheit erwähnt haben, hat mich das daran erinnert.«
    Er nickte.
    »Was machen wir, wenn wir an einen Punkt kommen, an dem uns klar wird, dass er es war?«, fragte sie, wieder der Glasscheibe zugewandt.
    McCaleb

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