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Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht

Titel: Harry Bosch 07 - Dunkler als die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Flecken oder sonstige Verletzungen der Haut am Hals zu vermeiden. Am häufigsten ist ein dickes Stück Stoff wie zum Beispiel ein Pullover oder ein Handtuch um den Hals geschlungen. Erst über dieser Polsterung wird dann die Schlinge angebracht. Auf diese Weise hinterlässt die Schlinge keine Quetschungen am Hals. In diesem Fall gab es jedoch keine Polsterung.«
    »Und welchen Schluss haben Sie daraus gezogen?«
    »Nun, es ergab, vom Standpunkt des Opfers betrachtet, keinen rechten Sinn. Selbst wenn man einmal davon ausgehen wollte, dass sie tatsächlich so etwas getan hatte, schien es ziemlich widersinnig. Es hätte bedeutet, dass sie die Schlinge deshalb nicht gepolstert hatte, weil es ihr nichts ausmachte, am Hals blaue Flecken zu bekommen. Für mich widersprach das jedem gesunden Menschenverstand. Wenn Sie dann noch berücksichtigen, dass sie Schauspielerin war – was mir sofort klar wurde, weil sie einen Stapel Bewerbungsfotos auf der Kommode liegen hatte –, ist dieser Widerspruch sogar noch größer. Sie stützte sich bei ihrer Suche nach Engagements auf ihr gutes Aussehen und ihre speziellen weiblichen Attribute. Dass sich nun jemand wie sie wissentlich auf etwas einlassen würde, ob nun sexueller oder anderer Natur, das sichtbare Spuren an ihrem Hals hinterließ – also, das fand ich ziemlich unwahrscheinlich. Dieses und andere Dinge führten mich zu dem Schluss, dass das Ganze inszeniert war.«
    Bosch blickte zum Tisch der Verteidigung. Storey war immer noch mit gesenktem Kopf mit seinem Skizzenblock beschäftigt, als säße er irgendwo auf einer Parkbank. Bosch sah, dass sich Fowkkes auf einem Block Notizen machte. Er fragte sich, ob er bei seiner letzten Antwort etwas gesagt hatte, was in irgendeiner Weise gegen ihn gekehrt werden könnte. Er wusste, Fowkkes verstand es ganz hervorragend, einzelne Wendungen einer Zeugenaussage zu nehmen und ihnen, aus dem Zusammenhang gerissen, eine völlig neue Bedeutung zu geben.
    »Welche anderen Dinge führten Sie zu diesem Schluss?«, fragte Langwiser.
    Bosch sah wieder auf seine Unterlagen.
    »Das auffälligste Detail waren die postmortalen Verfärbungen, die darauf hindeuteten, dass die Lage der Leiche verändert worden war.«
    »Könnten Sie uns in auch für Laien verständlichen Begriffen erklären, Detective, was postmortale Verfärbungen sind?«
    »Wenn das Herz aufhört, Blut durch den Körper zu pumpen, setzt sich das Blut, je nach der Lage der Leiche, in den am tiefsten gelegenen Körperteilen ab. Nach und nach beginnt die Haut an diesen Stellen dann auszusehen, als wäre sie von blauen Flecken überzogen. Wird die Leiche in eine andere Lage gebracht, bleiben diese Verfärbungen an der ursprünglichen Stelle, weil das Blut schon gestockt ist. Je mehr Zeit vergeht, desto deutlicher tritt die Verfärbung zum Vorschein.«
    »Was geschah in diesem Fall?«
    »In diesem Fall deutete alles darauf hin, dass sich das Blut in der linken Körperhälfte abgesetzt hatte. Mit anderen Worten: Die Leiche musste zum Zeitpunkt des Todes oder kurz danach auf der linken Seite gelegen haben.«
    »In dieser Stellung wurde die Leiche aber nicht gefunden, ist das richtig?«
    »Das ist richtig. Die Leiche wurde in Rückenlage gefunden.«
    »Welchen Schluss haben Sie daraus gezogen?«
    »Dass die Leiche nach dem Tod an einen anderen Ort gebracht worden war. Dass die Tote auf den Rücken gelegt worden war, um den Eindruck zu erwecken, sie sei an autoerotischer Asphyxiation gestorben.«
    »Was war Ihrer Meinung nach die Todesursache?«
    »Was das angeht, war ich mir an diesem Punkt noch nicht sicher. Ich glaubte nur nicht, dass es so gewesen war, wie es hingestellt wurde. Aus den Verfärbungen am Hals unter der Schlinge schloss ich, dass es sich um eine Strangulation handelte – allerdings nicht von eigener Hand.«
    »Wann trafen Ihre Partner am Tatort ein?«
    »Als ich die Leiche und ihre Umgebung zu inspizieren begann.«
    »Zogen sie die gleichen Schlussfolgerungen wie Sie?«
    Fowkkes erhob Einspruch, mit der Begründung, die Frage ziele auf eine Antwort vom Hörensagen ab. Der Richter gab dem Einspruch statt. Bosch wusste, das war kein großes Malheur. Wenn Langwiser die Schlüsse, die Edgar und Rider gezogen hatten, ins Protokoll aufgenommen haben wollte, brauchte sie die beiden nur als Zeugen aufzurufen.
    »Haben Sie der Obduktion von Jody Krementz’ Leiche beigewohnt?«
    »Ja.« Er blätterte im Ordner, bis er den Obduktionsbefund fand. »Am siebzehnten Oktober. Sie wurde

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