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Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Harry Bosch 09 - Letzte Warnung

Titel: Harry Bosch 09 - Letzte Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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eine Krawatte oder ein weißes Hemd trug. Der Club hatte keinen Namen über dem Eingang und stand nicht im Telefonbuch. Der einzige Hinweis, dass es sich dabei um ein öffentlich zugängliches Lokal handelte, war ein blauer Neonpfeil über dem Eingang. Aber der Pfeil erwies sich schon bald als überflüssig und wurde entfernt, weil sich vor dem Eingang immer eine lange Schlange von Nachtschwärmern bildete.
    Weiter hieß es in dem Artikel, dass sich Linus – er wurde meistens nur mit dem Vornamen genannt – nach diesem durchschlagenden Erfolg mit drei Schulfreunden von der Beverly Hills High School zusammentat und durchschnittlich alle sechs Monate einen neuen Club eröffnete. Dabei gingen die Jungunternehmer im Wesentlichen immer wieder nach dem gleichen Schema vor, das sich schon beim ersten Mal so gut bewährt hatte. Sie kauften irgendeine heruntergekommene Spelunke, renovierten sie, verließen sich bei der Werbung auf Mund-zu-Mund-Propaganda und warteten, bis sich die Kunde unter den in Hollywood gerade angesagten Leuten herumgesprochen hatte. Die Clubs, die das Quartett nach der ersten, namenlosen Bar eröffnete, griffen in Einrichtung und Namen ein literarisches oder musikalisches Thema auf.
    So wurde die zweite Bar, die Linus und seine Freunde kauften, renovierten und neu eröffneten, in Anlehnung an Nathanael West und seinen klassischen Hollywood-Roman Nat's Day of the Locusts getauft. Der Name war jedoch nicht von ihnen. Die Bar war jahrzehntelang schlicht und einfach als das Nat's bekannt gewesen, und wahrscheinlich hatten die meisten Gäste geglaubt, sie sei nach Nat King Cole benannt. Wie dem auch sei, der Name war cool, und das Quartett übernahm ihn.
    Das Nat's war auch das Lokal, in dem Dorsey und Cross niedergeschossen worden waren. In dem Zeitschriftenartikel stand sogar zu lesen, der Kaufpreis der Bar sei wegen der Ermordung Dorseys deutlich gesunken. Die vier bekamen sie fast nachgeworfen. Aber sobald der Club – ohne Namensänderung – neu eröffnet und mit Blick auf die Zielgruppe der Nachtschwärmer vermarktet wurde, trug seine Vorgeschichte plötzlich sogar zur Erhöhung seines Nimbus und seines Coolnessfaktors bei. Er wurde ein weiterer Soforterfolg für die Schulfreunde, die ihre florierende Firma Four Kings Incorporated nannten.
    Ich habe lange Zeit nicht an Zufälle geglaubt. Inzwischen bin ich eines Besseren belehrt worden. Aber es gibt solche Zufälle und solche. Dass Kiz Rider bei mir zu Hause aufkreuzte und mir mit High Jingo kam, als Art Pepper es gerade spielte – das war Zufall. Aber als ich jetzt in meinem Mercedes saß und diesen Artikel las, hielt ich es keine Sekunde für Zufall, dass Linus Simonson die Bar gekauft hatte, in der die zwei Detectives niedergeschossen worden waren, die Ermittlungen über den Raub eben der zwei Millionen Dollar anstellten, die er gezählt und für den Transport vorbereitet hatte. Ich hielt es für pure Arroganz.
    Außer der namenlosen Bar und dem Nat's hatte das Quartett auch noch Clubs mit den Namen King's Crossing, Chet's und Cozy's Last Stand eröffnet, wobei letzterer dem Zeitschriftenartikel zufolge nach einem verschwunden Freund benannt war. Der Club, dessen Eröffnung der Aufhänger für das Feature gewesen war, sollte nach dem falschen Namen, den Privatdetektiv Philip Marlowe in einem Raymond-Chandler-Roman benutzte, Doghouse Reilly heißen.
    Der Artikel ging nicht sonderlich ausführlich auf die finanzielle Situation des Vier-Mann-Unternehmens ein. Ihn interessierte mehr der Glamour als die konkrete Grundlage der angeblichen Erfolgsstory. Es wurde praktisch selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Gewinne, die die Lokale abwarfen, in einem kontinuierlichen Kreislauf in die fortschreitende Expansion der Gruppe flossen. Mit den Überschüssen der ersten Bar wurde die zweite finanziert und immer so weiter.
    Aber es wurde kein rein positives Bild gezeichnet. Der Verfasser des Artikels beendete seine Ausführungen mit dem Hinweis, die vier Könige könnten möglicherweise Opfer ihres eigenen Erfolgs werden. Er vertrat die Theorie, die Zahl schwarz gekleideter Hollywood-Nachtschwärmer sei begrenzt und die Eröffnung von sechs Clubs vergrößere nicht automatisch auch den Gästestamm. Sie trug nur dazu bei, sie auf mehr Lokale zu verteilen. Außerdem wurde in dem Artikel darauf hingewiesen, dass es bereits zahlreiche Thronprätendenten gab, eine ganze Reihe minderwertigerer und nicht so angesagter Bars und Clubs, die in den

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